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Ralph Brinkhaus
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Frage von Heribert K. •

Frage an Ralph Brinkhaus von Heribert K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Brinkhaus,

Bei einem Steuerpflichtigen, der einen Bruttoverdienst von 1531 Euro hat, fallen monatlich ca. 90 Euro Lohnsteuer in der Steuerklasse 1 an. Der Bruttoverdienst entspricht dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro bei 40 Wochenarbeitsstunden. Dieser Steuerpflichtige hat mit Renteneintritt und 47 Beitragsjahren einen Rentenanspruch von gerade einmal 707 Euro (0,48 Entgeltpunkte x 31,03 Rentenwert x 47 Beitragsjahre). Diese Rentenhöhe macht einen Antrag auf Grundsicherung im Alter nach SGB XII erforderlich.

Sollte es im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 1992 (Steuerfreistellung des Existenzminimums) nicht eine Besteuerung des Mindestlohns unterbleiben und die erhobene Lohnsteuer stattdessen der Rentenversicherung zugeführt werden? Immerhin fallen ca. 1.000 Euro Lohnsteuer im Jahr auf den Mindestlohn in der Steuerklasse 1 an. Gebietet das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I GG, Art 1 GG) nicht dem Gesetzgeber, dass jeder, der Mindestlohn bezieht auch eine Mindestrente erhält, die ihn unabhängig von Sozialtransfers im Alter macht? Eine derartige Umstellung des Steuertarifs und der Rentenversicherung ist ein Mammutprojekt -sie bedeutet Verminderung der Gemeinschaftsteuern und damit niedrigeres Steueraufkommen für die Bundesländer und Kommunen (Art. 72 I, 105 II GG). Aber Bundesländer, Bezirke und Kommunen werden umgekehrt durch Verzicht auf ESt und Verbeitragung von Sozialtransfers erheblich entlastet. Die Zuführung der Steuer in die DRV ist für sich genommenen „haushaltsneutral“, da sich der Haushaltsüberschuss auch aus den Überschüssen der Sozialkassen ermittelt. Gebietet der Anspruch, „Volkspartei“ zu sein, nicht der CDU/CSU, dass jeder, der den Mindestlohn bezieht, auch einen Anspruch auf eine (sozialtransfer-freie) Mindestrente hat? Gebietet dies nicht auch die Menschenwürde? Instrument zur Eindämmung von Altersarmut, Zukunftsangst, Dauerarbeitslosigkeit? Sozial-Staatsziel?

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Karsch

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Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihren Vorschlag zur Steuerfreistellung des Mindestlohns mit dem Ziel höherer Rentenbeiträge und damit einer höheren Altersversorgung.

Wie so häufig liegt der Teufel im Detail: Ihr exemplarischer Arbeitnehmer liegt merklich über dem Grundfreibetrag und ist daher einkommensteuerpflichtig. Würde man dies einseitig für Mindestlohnbezieher ändern, käme es zu Abgrenzungsschwierigkeiten und Steuerungerechtigkeiten. Beispielsweise wären Personen mit einem Stundenverdienst knapp über dem Mindestlohn im Ergebnis schlechter gestellt, als wenn sie nur den Mindestlohn verdienen würden. Auch kleine Gewerbetreibende und Freiberufler, die keinen Stundenlohn beziehen, würden bei der Besteuerung ihrer Gewinne benachteiligt. Einzelne Steuerfreistellungen über das Existenzminimum hinaus, das im Steuerrecht über die einheitlich geltenden Grundfreibeträge abgebildet wird, können daher nicht die Lösung sein.

Um zu verhindern, dass Menschen, die ihr ganzes Leben gearbeitet haben, im Rentenalter trotzdem auf Sozialhilfe angewiesen sind, müssen wir vielmehr direkt am Rentenbezug anknüpfen. Daher ist es gut und richtig, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass wir Lebensleistung honorieren und Altersarmut bekämpfen wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Ralph Brinkhaus

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