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Frage von Hans-Jürgen G. •

Frage an Rainer Arnold von Hans-Jürgen G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Arnold,

anlässlich der kommenden Bundestagswahl erlaube ich mir, Ihnen eine Frage zu stellen, deren Beantwortung für meine Wahlentscheidung eine große Rolle spielt.

Die beiden christlichen Kirchen erhalten aktuell noch besondere staatliche Zuwendungen und Privilegien, die mit der 1803 erfolgten Eingliederung der kirchenfürstlichen Ländereien in das weltliche Eigentum (Säkularisation) begründet werden. Auf diesem Wege werden in Deutschland bis heute insbesondere Klerikergehälter direkt oder indirekt durch den Staat finanziert. Im Gegensatz dazu wird das seit 1919 bestehende verfassungsrechtliche Gebot, alle auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften abzulösen (Art 140 GG i.V.m. Art. 138 Weimarer Reichsverfassung), regelmäßig ignoriert. Diese Regelung des Grundgesetzes ist bisher nicht erfüllt.

Sind Sie im Falle Ihrer Wahl bereit, eine Initiative zur Ablösung der besonderen Staatleistungen an Religionsgesellschaften zu unterstützen und damit dem Gebot des Grundgesetzes zu entsprechen?

Für die Beschäftigung und Ihre Entscheidung zu dieser Thematik danke ich Ihnen, um so mehr für eine diesbezügliche Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Jürgen Gaiser

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Gaiser,

die Linke hat dazu ja unlängst einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vom Bundestag abgelehnt wurde. Auch ich halte diesen Weg für so nicht gangbar.

Bei dieser Diskussion muss man auch festhalten, dass 70 Prozent der Menschen in Deutschland Mitglied einer Kirche oder einer Religionsgemeinschaft sind; die Anliegen der Kirchen sind daher keine Anliegen einer kleinen Gruppe.

Die Weimarer Reichsverfassung, deren Artikel ins Grundgesetz übernommen wurden, hat die Staatsleistungen als einen wichtigen Schritt zur Trennung von Staat und Kirche in der jetzigen Form gesetzlich verankert. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Privilegierung der Kirchen, sondern um geltendes Recht und um geltende Verträge. Dabei können Religionsgemeinschaften auch erweitert werden können. Es gibt inzwischen auch Staatsleistungen für die jüdischen Landesgemeinden und für den Zentralrat der Juden in Deutschland. Hamburg und Bremen haben als erste Staatsverträge mit islamischen Gemeinschaften unterzeichnet.

Zudem ist unser Staat zwar ein säkularer, aber kein laizistischer. Wir haben selbstverständlich Religionsfreiheit, ein hohes, wichtiges Gut der Menschenrechte. Die Verfassungsrechtler nennen die Neutralität unseres Staates eine „fördernde Neutralität“, eine positive Religionsfreiheit, die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, ihre Religion zu leben - oder auch nicht, je nach eigener Entscheidung. Insofern ist die implizite Botschaft des Gesetzentwurfs der Linken, es gäbe erst dann eine Trennung von Staat und Kirche, wenn der Gesetzentwurf beschlossen worden ist, nicht zutreffend.

Dazu muss man aber auch festhalten, dass die Kirchen sich dem Thema nicht verschließen. Die regional sehr unterschiedlichen Situationen der Kirchen in den einzelnen Bundesländern zeigen aber auch, dass eine pauschale Ablösesumme, wie sie die Linke vorschlägt, nicht funktionieren kann. Es gibt ja erste konkrete Schritte in diese Richtung, etwa in Paderborn.

Vor dem Hintergrund dass die Position der Kirchen in unserem Land das Ergebnis einer gewachsenen Kultur ist und die Arbeit der Kirchen - bei aller auch notwendigen Kritik - mit ihrem Engagement im sozialen Bereich, in Flüchtlings- und Asylfragen und im Hinblick auf ihre internationale Verantwortung überaus wertvoll für diese Gesellschaft und ihren Zusammenhalt ist, können Ablöseregelungen nun in partnerschaftlichen Verantwortung vereinbart werden.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Arnold