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Kurt Joachim Lauk
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Frage von Birnthaler L. •

Frage an Kurt Joachim Lauk von Birnthaler L. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Prof. Lauk,

http://www.buzer.de/gesetz/4835/index.htm [Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln (HdlKlKartV), Anm. d. Red.]
http://www.buzer.de/gesetz/1315/index.htm [Pflanzkartoffelverordnung (PflKartV), Anm. d. Red.]

fast alle Bereiche des alltäglichen Lebens sind durch Verordnungen und Gesetze geregelt. Selbst für Kartoffelhandelsklassen und Pflanzkartoffeln gibt es Verordnungen. Es werden klare Leitlinien und Standards vorgegeben, an die sich die Produzenten zu halten haben und die eingefordert werden können.

Der Gesetzgeber erachtet es als notwendig, Verordnungen für Pflanzkartoffeln zu erlassen. Warum aber erachtet es die Union
für so zentrale und existentielle Belange des menschlichen Lebens, wie die Lohnfindung, als nicht notwendig, Mindeststandards vorzugeben?

Sehr geehrter Herr Prof. Lauk,

wenn man die oben geschilderten Lebensrealitäten in D. als Bewertungskriterium nimmt, dann stellt sich die Position der Union bezüglich des Mindestlohns geradezu als skurill dar. Und man ist daher versucht, über die wirklichen und eigentlichen Beweggründe der Union in der Mindestlohndebatte zu spekulieren.

Auch ich werde gegen einen gesetzlichen Mindestlohn eintreten.
Für eine Bestimmung der Entlohnung auf dem so genannten freien Markt, so wie es die Union präferiert.

Aber erst dann, wenn die PflKartV und die HdlKartV abgeschaftt werden können. D.h. wenn der Markt in der Lage ist, eigenständig, ohne äussere Vorgaben und Eingriffe bei Kartoffelhandelsklassen verbraucherfreundliche Standards herauszubilden.

Mit freundlichem Gruss
Lorenz Birnthaler

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Birnthaler,

staatlich vorgeschriebene Mindestlöhne sind mit der Sozialen Marktwirtschaft unvereinbar. Die Väter des Grundgesetzes haben die Tarifpartner für die Lohnpolitik verantwortlich gemacht. Vom Staat festgesetzte Löhne wären daher verfassungswidrig, weil sie das Recht der Tarifpartner, die Löhne zu vereinbaren, aushebeln. Darüber hinaus würde eine staatliche Lohnfestsetzung zum politischen Spielball in jedem Wahlkampf.

Hinzu kommt weiter: Bei einer flächendeckenden Einführung eines Mindestlohns wären insbesondere die Arbeitslosen die Verlierer. Denn ein Mindestlohn grenzt vor allem die Schwächsten aus. Arbeitsplatzabbau, Verlagerung ins Ausland und zunehmende Schwarzarbeit wären die Folgen.

Das Modell der Tarifautonomie ist ein Erfolgsmodell. Die Tarifautonomie ist ein System, dass in 98 Prozent der Fälle gut funktioniert, deshalb sollte man es keinesfalls aufgeben. Die Tarifautonomie in Deutschland ist einzigartig, und so kann vor allem die unterschiedliche Wirtschaftskraft in den einzelnen Regionen Deutschlands berücksichtigt werden. Das wäre bei einer einheitlichen staatlichen Lohnvorgabe nicht mehr gegeben und würde in schwächeren Regionen eine noch höhere Arbeitslosigkeit produzieren.

In einzelnen Regionen und insbesondere in Servicebranchen (z.B. Friseurgewerbe in Ostdeutschland) sind die Löhne extrem niedrig. Hier könnte möglicherweise ein Kombilohn helfen oder erneute Verhandlungen der Tarifpartner Abhilfe schaffen.

In Europa gibt es den Mindestlohn in 20 von 27 EU-Ländern. Aber die meisten Länder, wie beispielsweise Großbritannien, haben dafür kaum andere arbeitsrechtliche Regelungen, die die Arbeitnehmer schützen; es gibt kaum oder gar keinen Kündigungsschutz, nur ein sehr niedriges und zeitlich befristetes Arbeitslosengeld, rudimentäre soziale Absicherung etc. In Deutschland hingegen sind Arbeitsverhältnisse sehr rigide geregelt, und es besteht ein starker Kündigungsschutz.

Der Mindestlohnansatz in Frankreich ist vor allem deshalb abzulehnen, weil er so hoch ist, dass insbesondere junge Leute erst gar keine Anstellung finden. Die Jungendarbeitslosigkeit liegt mit 25 Prozent in Frankreich so hoch wie in keinem anderen Land in der EU.

Denn in Deutschland reden wir nicht über Mindestlöhne in der Höhe wie sie in anderen EU-Ländern vorherrschen (5 bis 6 Euro), sondern wie die Post sie angestoßen hat, von 9,50 bis 10 Euro. Das ist insbesondere für Arbeiten, die auch ungelernte Kräfte verrichten können, sehr hoch. Ein flächendeckender Mindestlohn in dieser Höhe würde massive Arbeitslosigkeit gerade in dieser Gruppe der Arbeitnehmer hervorrufen, die ohnehin keine rosigen Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat.

Das Modell unserer Sozialen Marktwirtschaft hat sich bewährt. Deutschland ist Exportweltmeister und hat wie kein anderes Land in den zurückliegenden Jahren von der Freiheit der Märkte profitiert. Diese Freiheit gilt es zu bewahren.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Kurt J. Lauk MdEP