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Priska Hinz
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Frage von Helmut Z. •

Frage an Priska Hinz von Helmut Z. bezüglich Wirtschaft

Erklären sie mir bitte, wie bei real gesunkenen Nettoeikommen bedingt durch Preissteigerungen,(Benzin, Heizöl, Mieten, Kfz Steuern +++), Renten Nullrunden, faktische Lohnreduzierungen (Abkopplung der Arbeitgeber Krankenversicherungsbeitäge) der Inlandskonsum angekurbelt werden soll?

Wahrscheinlich soll der Steuerzahler Rentner, Harz IV Empfänger sich ebenso verschulden wie es der Staat bereits ist (sofern er denn Kredit bekommt) Ihr Spruch Kaufzurückhaltung aufgeben ist eine Verhöhnung der Wähler und zeigt nur eines. Sie bewegen fern jeder Realität im Wolkenkuckucksheim ihres vom Steuerzahler finanzierten Wohlstandes für dessen Sicherung ihre Partei sich gerade mal wieder in Hessen eine Diätenerhöhung genehmigt hat.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Zacher,

wir brauchen mehr Dynamik auf dem Arbeitsmarkt: Grundvoraussetzung für einen stärkeren privaten Konsum ist Wachstum, um Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Im Export hat Deutschland eine Spitzenposition. Die Binnennachfrage ist weiterhin schwach. Wir brauchen eine weitere Senkung der Lohnnebenkosten, einen regions- und branchenbezogenen Mindestlohn und einen Abbau der hohen Arbeitslosigkeit z. B. durch eine gezielte Senkung der Lohnnebenkosten im Niedriglohnbereich. Sie stimmen mir sicherlich zu, wenn ich sage: Gift für die Konjunktur wäre eine Erhöhung der Mehrweitsteuer, wie sie die CDU im Falle eines Wahlsieges vorsieht. Umwelttechnologien schaffen zukunftsfähige Arbeitsplätze, im Bereich der erneuerbaren Energien, aber auch in der Automobilindustrie. Rußfilter in Dieselautos z.B. nützen der Umwelt und sichern Arbeitsplätze. Bedauerlich finde ich, dass VW und andere diese Entwicklung verschlafen haben und jetzt französische und japanische Marken in diesen Markt drängen.

Folgender Sachverhalt kommt in der öffentlichen Debatte jedoch häufig zu kurz: Wachstum kann unterschiedlich beschäftigungsintensiv ausfallen und die Art der Finanzierung der sozialen Sicherung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ein hohes Maß an sozialer Sicherheit ist durchaus mit dynamischem Wachstum vereinbar. Das zeigt der internationale Vergleich. Aber die derzeitige Art der Finanzierung der sozialen Sicherung in Deutschland behindert das Wachstum. Es kann eine substanzielle Ausweitung der Beschäftigung erreicht werden, wenn die Belastung mit Sozialabgaben sinken würde. Besonders wirkungsvoll in Hinsicht auf Ihre Frage wäre hier eine gezielte Senkung der Sozialabgaben im unteren Einkommensbereich. Eine stärkere Finanzierung der sozialen Sicherung über Steuern und eine gezielte Entlastung niedriger Einkommen von Sozialabgaben würde zu einer Ausweitung der Beschäftigung führen, selbst wenn die bestehenden Standards in der sozialen Sicherung gehalten werden. Wir Grünen setzen uns deshalb dafür ein, dass niedrige Einkommen von Sozialabgaben entlastet werden und dass Strategien entwickelt werden, um dieses Vorhaben über Steuern sozialverträglich zu finanzieren. Starke Schultern müssen mehr zur Finanzierung der sozialen Sicherung beitragen.

Wie wir wissen, schützt Erwerbsarbeit nicht immer vor Armut und Sozialhilfebezug. Dies betrifft vor allen Dingen allein Erziehende und Mehrkinderfamilien. Kaum eine Entwicklung erfährt in Deutschland so viel Aufmerksamkeit wie die Einkommensarmut von Familien. Obwohl viele politische Initiativen zu Gunsten von Familien erfolgt sind, scheint die Situation von Familien nach wie vor unsicher und instabil zu sein. Kinder gelten als Armutsrisiko. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass Kinder ihre Eltern nicht grundsätzlich in die Armut führen. Eine neue Studie der OECD hat erst jüngst wieder darauf verwiesen. Für bestimmte Familien bleibt das Risiko der Verarmung dennoch hoch. Wir wollen den Kinderzuschlag verbessern, denn kein Haushalt darf arm werden, weil Kinder in ihm leben. Wir müssen die Diskussion vertiefen, ob die Einführung eines Elterngeldes, das im Wahlprogramm noch strittig gestellt ist, hilfreich wäre, um Armut von Alleinerziehenden zu vermeiden.

Zusammenfassend möchte ich in Bezug auf Ihre Frage feststellen:

a.. Wir haben erste Schritte in Richtung einer Grundsicherung für Langzeitarbeitslose unternommen und den Zugang zum Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt unserer Politik gerückt, auch für die ehemaligen Empfänger von Sozialhilfe, die vorher vom Bezug solcher Leistungen ausgeschlossen waren. Das, was wirklich aus der Armut hilft, ist ein Job.
b.. Wir haben erste Schritte auf dem Weg zu einer Grundsicherung für Kinder unternommen und einen Kinderzuschlag eingeführt. Diesen Weg werden wir weiter gehen, denn kein Haushalt darf deshalb arm werden, weil Kinder in ihm leben.
c.. Wir haben die Grundsicherung für Alte und bei Erwerbsminderung eingeführt und damit die Ursachen für verschämte Altersarmut beseitigt.
d.. Wir haben mehr Geld ins Bildungswesen gesteckt. Eine gute Bildung, die bereits im Kindergarten beginnt, ist für Kinder der beste Schutz gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Viele gute, vorschulische Bildungseinrichtungen verbessern auch die Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Erwerbsarbeit beider Eltern ist der beste Schutz der Familien gegen Armut.
e.. Nicht zuletzt: Wir hatten überhaupt den Mut, einen Armuts- und Reichtumsbericht zu erstellen. Der fehlte der vorherigen Regierung. Wenn man so einen Bericht erstellt, dann zieht man natürlich auch eine Menge Kritik auf sich, weil man Probleme offen legt, die nicht gelöst wurden. Diese Bundesregierung hat dem Thema Armut überhaupt wieder den Stellenwert eingeräumt, der ihm zukommt.
Wir haben uns seinerzeit dafür eingesetzt, dass der Armutsbericht von einer unabhängigen Kommission erstellt wird. Mit dieser Forderung konnten wir uns gegenüber der SPD nicht durchsetzen. Ich bedauere das.

Was die Erhöhung der Diäten in Hessen anbelangt (auf die Sie - zu Unrecht - in polemischer Weise anspielen), so war meine Fraktion die einzige, die sich gegen eine solche Erhöhung ausgesprochen hat.

In der Hoffnung, Ihre Frage damit hinreichend beantwortet zu haben verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Priska Hinz