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Frage von Peter D. •

Frage an Petra Ernstberger von Peter D. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Ernstberger,

meine Frage an Sie: hat sich die große Koalition schon einmal Gedanken über die gestiegenen Kosten für Gas und Strom gemacht, die besonders ALG II - Empfängern zu schaffen machen?

Ich bin in den letzten 1 1/2 Jahren 8mal operiert worden, muss die von den Ärzten mit Absicht offengelassene Wunde täglich mindestens 3mal mit warmen Wasser, welches bei uns mit Strom erzeugt wird, ausspülen. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, werden einem Hartz IV-Empfänger die Stromkosten nicht gezahlt. Als wir im August dieses Jahres die Abrechnung unseres Energielieferanten erhielten waren wir geschockt. Ich weiss im Moment noch nicht, wie ich diese Kosten schultern soll.

Außerdem würde mich interessieren, wie es sich unsere Regierung vorstellt, wie ALGII-Empfänger die enorm gestiegenen Kosten für Lebensmittel, Hygieneprodukte sowie den Bedarf an Kleidung, Haushalts- und Einrichtungsgegenständen (nach einer gewissen Zeit ist auch die beste Matratze nicht mehr zu gebrauchen) bezahlen sollen.

Um die Frage, die Sie sich jetzt sicher stellen, gleich zu beantworten: Ja, ich würde gerne in meinen Beruf zurückkehren! Wann das wegen der o.g. OP`s der Fall sein wird, ist im Moment noch nicht abzusehen. Auch meine Frau kann keine Ganztagstätigkeit ausüben, da sie (als gelernte Arzthelferin) mir bei der Versorgung meiner OP-Wunde und der Körperpflege behilflich sein muss. Allerdings müßte natürlich auch dafür gesorgt werden, dass in unsere Region endlich mal investiert wird (z.B. Fördergelder für BMW) und Arbeitsplätze geschaffen werden und nicht alle Gelder in den neuen Bundesländern verschwinden.

Nun meine letzte Frage: Ist es mit dem Grundgesetz vereinbar, dass das Kindergeld für meinen 15-jährigen Sohn ihm bei der Berechnung für die ALGII-Leistungen als Einkommen angerechnet wird? Ich muss Sie sicherlich nicht darauf hinweisen, dass das Kindergeld eine zweckgebundene Leistung und somit nichtmal pfändbar ist, warum also als Einkommen anrechenbar?

M.f.G

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Diwisch,

vielen Dank für Ihre Frage zu der Problematik der gestiegenen Kosten für Gas und Strom. Es ist richtig, dass die Energiepreise in den letzten Jahren gestiegen sind. Gerade bei Heizkosten schlägt dies deutlicher zu Buche als bei den Stromkosten. Die Heizkosten werden jedoch in Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten übernommen. Zu beachten ist, dass die Heizkosten in Relation zur Wohnungsgröße stehen und angemessen sein müssen (§22, Abs. 1, SGB II). Da diese „angemessenen Kosten“ für Wohnung und Heizung in kommunaler Hoheit stehen und sich nach den örtlichen Gegebenheiten richten, können diese von Landkreis zu Landkreis und in kreisfreien Städten grundsätzlich voneinander abweichen.

Anders verfällt es sich bei den Kosten für Strom und Warmwasseraufbereitung. In § 20 Abs. 1 SGB II wird klargestellt, dass die Regelleistung bereits einen Bedarf für Strom und einen Bedarf an Energiekosten für die Warmwasserbereitung enthält. Die Kosten für Strom und die Warmwasserbereitung werden somit nicht gesondert übernommen. Da auch diese Kosten gestiegen sind, wurde der Regelsatz zum 1.7.08 angehoben. Ich werde mich auch weiterhin dafür einsetzten, dass der Regelsatz in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls an den gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst wird.

Zu Ihrer Frage bezüglich der Anrechnung des Kindergeldes auf die ALG II-Leistungen ist folgendes zu sagen: Die ALG II-Leistungen sollen das Existenzminimum sichern. Es ist konsequent, dass vorhandenes Einkommen gegen gerechnet wird. Da Kindergeld als Einkommen gilt, wird der ALG II-Betrag um die Höhe des Kindergeldes gekürzt.

Kindern von ALG II-Empfängern erhalten also auch das Kindergeld in Höhe von derzeit 154 Euro monatlich für das 1. bis 3. Kind und in Höhe von 179 Euro für weitere Kinder. Dieses Kindergeld wird jedoch auf den höheren Kinder-Regelsatz angerechnet. Für Kinder bis zum 14. Lebensjahr beträgt dieser 208 Euro, für Kinder ab dem 14. Lebensjahr sogar 278 Euro. In dieser Hinsicht zahlt der Staat diesen Kindern also mehr Geld aus als das alleinige Kindergeld.

Es zeigt sich in der Praxis aber nur zu deutlich, dass die Beträge, die nach ALG II für Kinder vorgesehen sind, für eine angemessene Versorgung, die Chancengleichheit sichert, nicht ausreichen. Ich stimme mit Ihnen völlig überein, dass Handlungsbedarf besteht. Die SPD hat erst kürzlich ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Kinderarmut erarbeitet. Neben zahlreichen anderen Punkten ist darin vorgesehen, den Regelsatz für Kinder nach SGB II (bzw. ALG II) neu und dem tatsächlichen Bedarf entsprechend zu gestalten. Beschlossen wurde in der Großen Koalition darüber hinaus bereits ein sogenanntes Schulbedarfspaket. Danach erhalten Kinder, die nach dem SGB II und SGB XII hilfebedürftig sind, jeweils einen Betrag in Höhe von 100 Euro zum Schuljahresbeginn.

Ich hoffe, Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Ernstberger, MdB