Peter-Stefan Siller
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Peter-Stefan Siller zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Filipp P. •

Frage an Peter-Stefan Siller von Filipp P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Siller,

ich bitte um Beantwortung folgender Fragen:

1) Würden Sie einen Militärschlag der USA gegen den Iran befürworten, falls die Iraner in Sachen Urananreicherung nicht einlenken?

2) Sollte sich Deutschland verstärkt militärisch im Irak engagieren?

3) Wie sehen Sie die Zukunft der transatlantischen Beziehungen?

Im voraus vielen Dank für Ihre Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen

Filipp Pachomow

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Pachomow,

gerne beantworte ich Ihre Fragen:

1) Würden Sie einen Militärschlag der USA gegen den Iran befürworten, falls die Iraner in Sachen Urananreicherung nicht einlenken?

Antwort:
Einen Militärschlag gegen den Iran lehne ich ab. Das wäre ein Spiel mit dem Feuer. Die Region würde weiter destabilisiert, der Fundamentalismus würde wachsen und ein negativer Ausgang vorprogrammiert.

Wir müssen allerdings mit allen zivilen Mitteln darauf drängen, dass das Atomprogramm im Iran gestoppt wird. Hier liegt eine massive Gefährdung der Region - und auch unserer eigenen Sicherheit.

Iran ist weit von einer funktionierenden Demokratie entfernt, auch wenn es in den letzten Jahren Fortschritte bei der Pluralisierung der öffentlichen Meinungsbildung gegeben hat und die privaten Freiräume im Iran etwas größer geworden. Diese Fortschritte sind aber bei weitem nicht ausreichend, da die politische Freiheit sich nicht entsprechend entwickelt hat. Nach wie vor geschehen im Iran schwerste Menschenrechtsverletzungen, nach wie vor unterstützt das Regime extremistische Organisationen im Ausland. Die Sehnsucht nach einer Lockerung des Regimes, die Präsident Chatami zweimal ins Amt getragen hatte, wurde bitter enttäuscht. Viele gerade der jüngeren Wählerinnen und Wähler haben sich vom Regime und damit von der Politik abgewendet. Nun versuchen die Mullahs, die Gesellschaft über verstärkte nationalistische Appelle wieder hinter sich zu bringen. Ausdruck dessen ist das Beharren auf dem Recht, ein vollständiges Atomprogramm aufzubauen.

Angesichts der vom Iran in der Vergangenheit betriebenen Politik bestehen berechtigte Zweifel an der ausschließlich friedlichen Nutzung der Kernenergie. Iran muss diese Zweifel nachprüfbar ausräumen. Wir können nur dringend davor warnen, diesen gefährlichen Weg weiter zu beschreiten. Er gefährdet die ohnehin zögerliche Integration des Landes in die internationale Wirtschaft und Politik, auf die der Iran im eigenen Interesse mehr denn je angewiesen ist.

2) Sollte sich Deutschland verstärkt militärisch im Irak engagieren?

Aus den oben genannten Gründen waren wir bereits gegen die militärische Intervention im Irak. Ein militärisches Engagement lehnen wir deshalb ab.

Für uns war die Nichtbeteiligung die einzig logische Konsequenz aus Meinungsverschiedenheiten mit den USA: einer unterschiedlichen Bedrohungswahrnehmung, nicht überzeugenden Beweisen der USA für die Notwendigkeit der militärischen Intervention, entgegen gesetzten Annahmen über die Folgen des Krieges und unserer Ansicht, dass nicht alle nicht-militärischen Mittel ausgeschöpft worden waren.

3) Wie sehen Sie die Zukunft der transatlantischen Beziehungen?

Bündnis 90/Die Grünen haben die Terroranschläge vom 11.9.2001 als einen Angriff auf alle demokratischen und offenen Gesellschaften gesehen und deshalb ihre Solidarität mit den USA demonstriert. Wir haben uns aber gegen die neokonservativ inspirierte Politik der US-Regierung gewandt, die behauptete, mit dem gewaltsamen Sturz des irakischen Regimes unter Saddam Hussein könne dem internationalen Terrorismus ein entscheidender Schlag versetzt und ein Prozess der Demokratisierung des Nahen Ostens eingeläutet werden. Ebenso deutlich kritisieren wir einen dumpfen Antiamerikanismus von rechts wie von links, der die Politik der USA verantwortlich macht für alle Übel dieser Welt.

Zu den gemeinsamen transatlantischen Überzeugungen zählt das Bekenntnis zu Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten als grundlegenden Werten internationaler Politik. Wir stimmen grundsätzlich darin überein, dass die weltweite Ausbreitung dieser Werte dazu beiträgt, die internationale Politik verlässlicher, stabiler und friedlicher zu gestalten. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir darauf aufmerksam machen, wenn gegen diese Werte verstoßen wird. Die Zustände in einigen US-amerikanischen Gefangenenlagern, allen voran Guantanamo Bay, sind schlicht inakzeptabel. Gleiches gilt für Verstöße gegen das absolut geltende Folterverbot durch Verbringung von Gefangenen in Staaten, in denen gefoltert wird. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass solche Vorfälle nicht nur gegen die von den USA selbst vertretenen elementaren Werte verstoßen, sondern auch die Glaubwürdigkeit in der Auseinandersetzung mit dem internationalen Terrorismus schwer beschädigen. Diese Missstände müssen deutlich kritisiert werden, weil sowohl die USA als auch die EU ein echtes Interesse an der weltweiten Ausbreitung demokratischer Regierungsformen haben. Die enge Zusammenarbeit bei der Stabilisierung und Demokratisierung in Bosnien, dem Kosovo und in Afghanistan sind dafür Beispiele. Ein Ergebnis dieser Übereinstimmung ist auch die gemeinsame diplomatische Unterstützung der orangenen Revolution in der Ukraine. Diese Beispiele zeigen aber auch, dass internationales Engagement im Sinne einer internationalen Ordnungs- und Strukturpolitik langfristig angelegt sein muss.

Mit herzlichen Grüßen!

Peter Siller