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Frage von Alexander L. •

Frage an Peter Simon von Alexander L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrer Herr Simon,

der EU-Russland-Gipfel vom heutigen 21.12.12 hat wieder keinen Durchbruch bei der Visafreiheit von Russen in der EU und von EU-Bürgern in der Russischen Föderation gebracht. Dieses Thema bewegt mich seit meiner Hochzeit vor über 10 Jahren. Meine Ehefrau besitzt die russische Staatsbürgerschaft.

Für binationale Paare stellt es einen erheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand dar, für einen Verwandten einen kurzen Aufenthalt im jeweils anderen Staat zu ermöglichen.
Dabei sind nicht die Kosten des Visums selbst besonders hoch, sondern die Hotel- und Lebenshaltungskosten am Ort des Konsulats, bis der Visa-Antrag bearbeitet ist. Im Gegensatz zu Deutschland sind die räumlichen Distanzen in Russland größer und der Antragsteller muss immer persönlich beim Konsulat vorsprechen. Auch kann ein Visum vom russischen oder vom deutschen Konsulat ohne Angabe von Gründen verweigert werden. Es besteht kein Recht auf eine Auskunft.

Der Pass meiner Frau hat diverse Sicherheitsmerkmale (inkl. Hologramm etc.), so dass ich das Argument der mangelnden Fälschungssicherheit russischer Ausweisapiere als vorgeschoben empfinde.

Ein Nicaraguaner darf visafrei in die EU einreisen während dies den Bürgern der ehemaligen Sowjetunion seit 20 Jahren verweigert wird. Der derzeitige Zustand ist meiner Ansicht nach unbefriedigend.

Ich würde mich über Ihre Meinung hierzu freuen.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Lüders

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Sehr geehrter Herr Lüders,

vielen Dank für Ihre Mailzuschrift zum Thema Visumspflicht Russland. Ihre Unzufriedenheit angesichts der geschilderten Situation kann ich nachvollziehen.

Lassen Sie mich die Hintergründe zur derzeitigen Situation hinsichtlich der Visabestimmungen zwischen Russland und der EU etwas ausführen. Vorweg: Das Visum, das russische Bürger erhalten, ist ein Visum für alle EU-Mitglieder, die in der Schengenzone sind. Das erklärt auch, warum nicht einfach ein EU-Mitgliedstaat Visafreiheit mit Russland vereinbaren kann.

Bereits 2003 haben die EU und Russland zum ersten Mal davon gesprochen, ihren Bürgerinnen und Bürgern langfristig visafreies Reisen zu ermöglichen. 2007 wurde deshalb ein Visaerleichterungsabkommen vereinbart, durch welches die Bedingungen für die Erlangung eines Visums vereinfacht wurden. Seit Ende 2011 ist ein überarbeitetes Visaerleichterungsabkommen unterschriftsreif, das weitere Visaerleichterungen bringen soll. Leider blockiert Russland dieses und hat relativ kurzfristig im Verhandlungsprozess die Forderung erhoben, bei dieser Gelegenheit alle Inhaber von russischen Dienstreisepässen (zumeist Beschäftigte von staatlichen Stellen) von der Visumserfordernis zu befreien. Die Frage unter anderem hierbei für die EU ist, weshalb Mitarbeiter von staatlichen Stellen gegenüber den übrigen Bürgerinnen und Bürger bevorzugt werden sollten. Die EU möchte Visafreiheit (jedenfalls) erst im Rahmen eines Visaliberalisierungsabkommens gewähren.

Ende 2011 haben die EU und Russland eine sogenannte "Liste der Gemeinsamen Schritte" vereinbart. Dies sind Maßnahmen, die beide Seiten umsetzen müssen, bevor Verhandlungen über ein Visaliberalisierungsabkommen (also Visafreiheit) aufgenommen werden. Hierbei geht es beispielsweise um Themen wie gemeinsame Grenzsicherung, Dokumentensicherung und Datenschutz. Nach Auffassung der EU soll die Visafreiheit nicht bis zu einem bestimmten Datum eingeführt werden, sondern dann, wenn diese "gemeinsamen Schritte" abgearbeitet sind. Die etwas vorsichtigere Position der EU ist darauf zurückzuführen, dass generell die EU-Mitgliedstaaten recht unterschiedliche Positionen zu Russland beziehen. Die Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament ist der Ansicht, dass die Visafreiheit zwischen Russland und der EU ein erstrebenswertes Ziel ist und daher die Umsetzung der „Liste der Gemeinsamen Schritte“ schnell vorangetrieben werden sollte. Neben den Erleichterungen für viele binationale Familien bei gegenseitigen Besuchen wird ein Visaliberalisierungsabkommen sicherlich auch positive Signale für die Beziehung zwischen Russland und der EU setzen. Auch wenn die Arbeit hieran noch nicht beendet ist, geht sie voran.

Sehr geehrter Herr Lüders, ich hoffe ich konnte Ihnen mit obigen Ausführungen die Situation der Verhandlungen zwischen Russland und der EU hinsichtlich der Visafreiheit verdeutlichen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Peter Simon