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Peter Aumer
CSU
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Frage von Martha L. •

Frage an Peter Aumer von Martha L. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Aumer,

5 Jahre sollte die grausame Praktik der Ferkelkastration dauern, viel zu lang! Diese Zeit wurde nicht genutzt. Deshalb belohnt man die gewissenlose Agrarlobby mit einer Fristverlängerung.
Meine Frage:
Was hofft man an Erkenntnid, was noch nicht bekannt ist?
Wie kann ein intelligenter Mensch mit Empathie für diese Fristverlängerung stimmen?
Jeder Abgeordnete idt seinem Gewissen versntwortlich. Wo war da Ihres?

Mit freundlichen Grüßen M. L.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau L.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur emotionalen Thematik „Tierschutzgesetz“.

Ihren Ärger über die zeitliche Verzögerung bei der Umsetzung eines Verbots der betäubungslosen Kastration männlicher Ferkel unter acht Tage kann ich sehr gut nachvollziehen. Ein Thema das auch mich umtreibt. Denn gerade die CSU steht für eine Weiterentwicklung praxistauglicher Tierschutzmaßnahmen.

Allerdings zeigt sich in meiner täglichen Arbeit im Bundestag, dass die Entscheidungsfindung im Parlament immer komplexeren Sach- und Rechtsverhalten gerecht werden muss, zusätzlich zu einer immer stärker differenzierten Interessenkonstellation einer individualisierten Gesellschaft in der Globalisierung. Dies erfordert oft einen längeren zeitlichen Rahmen der Umsetzung und Formulierung von Gesetzen.

Daher möchte ich Ihnen kurz den aktuellen Sachverhalt der derzeit diskutierten Fristverlängerung für die betäubungslose Kastration männlicher Ferkel unter acht Tage schildern. Nach derzeitigem wissenschaftlichem Stand kommen für den Gesetzgeber drei Alternativen zur betäubungslosen Kastration männlicher Ferkel unter acht Tage in Betracht: erstens die chirurgische Kastration unter Betäubung, zweitens die Impfung gegen Ebergeruch und drittens die Jungebermast.

Dabei ist zu konstatieren, dass für die Inhalations-Narkose mit Isofluran bisher noch keine arzneimittelrechtliche Zulassung für die Anwendung beim Schwein vorliegt. Hier erwartet die Bundesregierung in einem überschaubaren Zeitraum eine Zulassung. Dies ist ein Grund für die Fristverlängerung, gerade mit Blick auf das Tierwohl beim Einsatz des Narkosemittels. Denn diese Methode ist zwar grundsätzlich geeignet, die tierschutzfachlichen Erwartungen an eine Kastration mittels Betäubung zu erfüllen, allerdings bestehen nach wie vor offene Fragen zur praktischen Anwendung in Bezug auf die Dosierung des Narkosegases und dem Design der Inhalationsmasken.

Zudem ist der Gesetzgeber hier zeitgleich bestrebt, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit Isofluran durch den Landwirt selbst angewendet werden kann. Dabei muss im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung auch die Voraussetzung geschaffen werden, dass der Gesundheitsschutz des Anwenders sichergestellt ist. Neben dem Abzug des Gases aus den Ställen, sind hier praktische Fragen wie die Wartung der Geräte und rechtliche Fragen wie die Haftung für durch Isofluran auftretende Schäden zu berücksichtigen.

Aufgrund der vorliegenden Gründe ist eine chirurgische Kastration der unter acht Tage alten männlichen Ferkel unter Narkose zurzeit in Deutschland nicht flächendeckend durchführbar. Dies hätte zur Folge, dass nach dem alten Tierschutzgesetz ab dem 1. Januar 2019 der Sauenhalter/Ferkelerzeuger seine Tiere nur an Schweinemäster abgegeben kann, die eine Jungebermast oder eine Immunokastration durch Impfung der männlichen Tiere mittels Improvac oder eines anderen Impfstoffes durchführen. Hieraus ergeben sich existenzielle Gefahren vor allem für kleinere und mittlere Betriebe. Hierbei geht es nicht um die Bereitschaft, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durchaus bereit sind ein paar Cent mehr für das Pfund Fleisch zu bezahlen, sondern um die (europäische) Marktkonkurrenz. Denn Ferkel, die nicht nach dem Standard des deutschen Tierschutzgesetzes kastriert wurden, dürfen dennoch im deutschen Markt unter dem Qualitätssiegel gemästet und vermarktet werden. Dabei sind die in Nachbarländern zugelassenen Methoden zur Ferkelkastration in Deutschland nicht zugelassen und weichen vom deutschen Recht ab. Dennoch hätte die Anwendung des Gesetzes zur Folge gehabt, dass voraussichtlich mehr Ferkel aus dem Ausland in die deutsche Mast und Vermarktung kommen. Eine Tatsache, die beispielsweise längere Transportzeiten etc. für die Tiere zur Folge hätte und der in meinen Augen zielführenden regionalen Produktion von Fleisch entgegensteht.

Mit Blick auf den aktuellen Sachstand und nach Rücksprache mit den Fachpolitikern der zuständigen Gremien haben mir diese versichert, dass die Fristverlängerung letztmalig durchgeführt wird. Dabei ist die Notwendigkeit der Fristverlängerung mit den oben geschilderten unvorhersehbaren aufgetretenen Problemlagen zu erklären.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Aumer

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