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Paul Ziemiak
CDU
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Frage von Uwe C. •

Frage an Paul Ziemiak von Uwe C. bezüglich Soziale Sicherung

Hallo Herr Ziemiak,

seit vielen Jahren ist Ihre Partei, die CDU, in führender Position in der Regierungsverantwortung.
In dieser Zeit hat die Armut in Deutschland zugenommen, oder wie wollen Sie sonst die immer größer werden Zahl der Tafeln, der Obdachlosen, der Bürger, deren Einkommen trotz Arbeit nicht zum Leben reicht und, und.... erklären?
Unter Ihrer Regierungsverantwortung wurden Sozialwohnungen im großen Stil verkauft, so dass diese Wohnungen heute Spekulationsobjekte sind und es immer weniger bezahlbaren Wohnraum gibt.
Unter Ihrer Regierungsverantwortung ist die Spanne zwischen Arm und Reich immer größer geworden (das können Sie auch nicht schön reden). Der Verfall der Städte, der Infrastruktur (Straßenzustand, Bahn), Schließung von Schwimmbädern, marode Schulen, immer weniger Lehrer und Polizisten, die völlig unzureichende finanzielle Ausstattung der Kommunen usw. fällt in Ihre Regierungszeit.
Von der Schaffung eines gerechten und einfachen Steuersystem haben Sie sich auch schon verabschiedet, zumindest ist in den letzten Wahlkämpfen keine Rede mehr davon.
In Ihre Regierungszeit fällt auch die immer größer werdende Zahl der Menschen und deren Kinder, die finanzielle Unterstützung des Staates erhalten müssen.

Meine Frage an Sie:
Wann endlich will Ihre Partei wieder Politik für den einfachen Bürger und nicht für Ihre Klientel machen?

Das wir uns richtig verstehen, ich bin jetzt 69 Jahre, habe immer gearbeitet und meine Steuern in Deutschland gezahlt. Jetzt habe aber auch von dem immer weiter so der Regierenden die Nase voll.

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Cyrkel

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr C.,

als Volkspartei haben wir den Anspruch, Politik für alle Bürgerinnen und Bürger zu machen. Klientelpolitik liegt uns daher fern. Gerne gehe ich auf die von Ihnen angesprochenen Punkte etwas ausführlicher ein.

Zum einen sprechen Sie das Thema Armut in Deutschland an. Der jüngste Armuts- und Reichtumsbericht belegt für Deutschland eine positive Entwicklung. Dies gilt vor allem für den Arbeitsmarkt. Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit der Deutschen Einheit – noch nie hatten so viele Menschen einen Arbeitsplatz. Dabei legt in den vergangenen Jahren insbesondere das sogenannte Normalarbeitsverhältnis – eine unbefristete, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mehr als 20 Stunden pro Woche – deutlich zu. Außerdem erfreulich: Die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland ist die niedrigste in der Europäischen Union. Langzeitarbeitslosigkeit ist eine der wichtigsten Ursachen für Armut. Aber auch hier waren wir erfolgreich. Seit dem Höchststand von rund 1,75 Millionen im Jahr 2005 hat sich die Langzeitarbeitslosigkeit bis heute halbiert. Ende 2017 waren es noch knapp 850 000. Die Rentner in Deutschland hatten im Jahr 2018 durchschnittlich 1219 € zur Verfügung und nur rund 3 Prozent der Rentner beziehen Grundsicherung.

Doch auf diesen Erfolgen ruhen wir uns nicht aus. Wir wollen, dass alle Menschen vom wirtschaftlichen Erfolg profitieren. Unser Ziel bleibt: Arbeit für alle – sicher und fair bezahlt.

Auch die Bekämpfung der Kinderarmut ist für die CDU ein sehr wichtiges Thema. Denn Kinderarmut ist nicht nur materielle Armut, sondern führt häufig auch zu sozialer und kultureller Armut und beeinträchtigt somit die Zukunftschancen der Kinder.

Für die Frage der Armutsbekämpfung von Kindern ist die Frage der finanziellen Absicherung der gesamten Familie entscheidend. Insbesondere bei finanziellen Engpässen kommt es maßgeblich darauf an, ob alle Familienmitglieder bzw. die gesamte Bedarfsgemeinschaft ausreichend abgesichert sind. Nur dann kann auch die finanzielle Armut von Kindern behoben werden. Daher lautet das Ziel einer nachhaltigen Familienpolitik die „Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität der Familien“.

Das System der familienbezogenen Leistungen ist insbesondere unter der Regierungsverantwortung der Union über viele Jahre fortentwickelt und ausdifferenziert worden. So trägt beispielsweise bei Geringverdienern der Kinderzuschlag – zusätzlich zum Kindergeld – maßgeblich dazu bei, Bedürftigkeit und den Bezug von ergänzenden Sozialhilfeleistungen zu vermeiden.

Das Kindergeld soll die wirtschaftliche Lage von Familien stabilisieren. Darüber hinaus unterstützt der qualitative und quantitative Ausbau der Kinderbetreuung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter.

Wir wollen alle Anstrengungen unternehmen, um Eltern und ihre Kinder aus dem Sozialhilfebezug zu holen, denn Erwerbstätigkeit beseitigt Armut am besten. Aus diesem Grunde ist es jedoch auch wichtig, dass es einen Lohnabstand zwischen den Menschen gibt, die arbeiten, aber wenig verdienen und denjenigen, die nicht arbeiten. Dieser Gedanke spielt bei der Anrechnung des Kindergeldes auf Hartz IV eine Rolle. Es wäre doch nicht gerecht, wenn man mit Hartz IV-Leistungen, die aus Steuermitteln finanziert werden, ein höheres Einkommen erzielte als mit Einkommen aus Arbeit.

Weiterhin sprechen Sie auch das Thema bezahlbarer Wohnraum an. Für uns ist klar: Das beste Mittel gegen zu hohe Mieten und Wohnungsnot ist Bauen, Bauen, Bauen. Wir wollen aber auch Mieter davor schützen, durch zu hohe Mieten belastet zu werden. Die Sicherheit, auch in Zukunft die Miete in seinem Wohnviertel bezahlen zu können, ist uns wichtig. Die Wohnung ist auch ein Stück Heimat. Zugleich verlieren wir Privateigentümer, die Wohnungen nicht selten als Teil ihrer Altersversorgung vermieten, nicht aus dem Blick.

Damit mehr gebaut wird, brauchen wir erstens mehr Bauland. Hier können Kommunen und Länder vor Ort am meisten leisten, aber wir als Bund helfen mit. Grundstücke des Bundeseisenbahnvermögens sollen dazu genutzt werden, außerdem sollen mit der Bahn Gespräche geführt werden, um deren Grundstücke zu aktivieren. Und wir wollen mehr Brachflächen, insbesondere für den Mietwohnungsneubau, reaktivieren. Soweit im parlamentarischen Verfahren zum Bundeshaushalt 2020 finanzielle Spielräume entstehen, wollen wir dazu 100 Mio. Euro zur Verfügung stellen.

Zweitens haben wir eine Reform des Baugesetzbuchs verabredet, mit der Empfehlungen der Baulandkommission umgesetzt werden sollen. Mit einem Baubeschleunigungsgesetz wollen wir dafür sorgen, dass vor Ort mehr und schneller gebaut wird. Wir als Unionsfraktion legen besonderen Wert auf die leichtere Außengebietsentwicklung: Der 2017 geschaffene § 13b BauGB erleichtert die Ausweisung neuer Wohngebiete im bisherigen Außenbereich im Anschluss an bebaute Ortsteile – das entsprechende Verfahren ist vereinfacht und es entfallen verschiedene Pflichten der Bauleitplanung wie die Umweltprüfung oder die Entwicklung aus dem Flächennutzungsplan. Dieses am 31. Dezember 2019 auslaufende vereinfachte Verfahren werden wir verlängern, damit Kommunen im Außenbereich zügig neue Wohngebiete schaffen können.

Außerdem werden wir eine neue Baugebietskategorie „Dörfliches Wohngebiet“ einführen, um den Bedürfnissen des ländlichen Raums besser entsprechen zu können. Dörfer in den ländlichen Räumen geraten immer weiter ins Hintertreffen und die Urbanisierung in den Städten nimmt zu. Durch eine neue Baugebietskategorie „Dörfliches Wohngebiet“ sollen Städte und Gemeinden bei der Wohnbebauung flexibler planen können; das Miteinander von Wohnen und landwirtschaftlicher Entwicklung wird erleichtert und vor allem steigt die Attraktivität der ländlichen Räume durch die flexibleren baulichen Entwicklungsmöglichkeiten für Familien.

Bei der Bildung von Eigentum wollen wir zweifach helfen: Erstens trägt künftig beim Kauf einer Wohnung oder eines Hauses der Käufer maximal die Hälfte der Maklerkosten – in vielen Regionen ist dies bereits heute der Fall, aber noch nicht in ganz Deutschland. Zudem wird die Wohnungsbauprämie bis Ende des Jahres evaluiert. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird die Koalition die Prämie attraktiver gestalten, damit Bausparen gerade für junge Menschen attraktiver wird.

Wir werden uns als Unionsfraktion weiterhin dafür einsetzen, dass bei der Grunderwerbssteuer eine Öffnungsklausel zugunsten der Länder aufgenommen wird, durch die Freibeträge für den Ersterwerb von Wohnungen oder Häusern geschaffen werden können. Und dass Anreize im Steuerrecht geschaffen werden, damit mehr Flächen von Landwirtschaftsbetrieben und anderen Unternehmen in Bauland umgewandelt werden und dort gebaut wird.

Um Mietsteigerungen zu dämpfen, wird der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre erweitert. Von den Mietern zu akzeptierende Mietsteigerungen müssen sich damit an Miethöhen orientieren, die länger zurückliegende Mietverträge mit einbeziehen. Das führt in Zeiten steigender Mieten gerade auf angespannten Wohnungsmärkten zu geringeren Vergleichswerten.

Gleichzeitig wollen wir die Akzeptanz und Aussagekraft von Mietspiegeln, an denen sich Vermieter und Mieter orientieren, stärken. Das ist dringend notwendig, weil wissenschaftliche Defizite und die damit einhergehende zivilrechtliche Angreifbarkeit von Mietspiegeln zu einer Verunsicherung über deren Wirksamkeit geführt haben. Das Bundesjustizministerium wird spätestens im Dezember 2019 hierzu einen Gesetzentwurf vorlegen.

Hohe Mieten in Ballungszentren stellen zunehmend eine Belastung dar. Zum 1. Juni 2015 traten die Regelungen der Mietpreisbremse in Kraft, die Anfang 2019 nochmals verschärft wurden. Die Mietpreisbremse ist relevant für Neuvermietungen bestehender Wohnungen in Gebieten, die die Bundesländer durch entsprechende Rechtsverordnung als angespannten Wohnungsmarkt ausgewiesen haben. Dort darf die Miete zu Beginn eines Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 Prozent übersteigen. Wir haben vereinbart, dass die Möglichkeit der Ausweisungen entsprechender Gebiete nicht wie bisher vorgesehen am 31. Dezember 2020 endet, sondern die Mietpreisbremse verlängert wird. Wir haben durchgesetzt, dass entsprechende Rechtsverordnungen längstens bis zum 31. Dezember 2025 gelten dürfen. Zugleich wird die Durchschlagkraft der Mietpreisbremse dadurch verstärkt, dass der Mieter zukünftig bei Verstößen zu viel gezahlte Miete 30 Monate rückwirkend zurückfordern kann. Eine Rüge nach Beendigung des Mietverhältnisses ist ausgeschlossen.

Werden Mietwohnungen in Wohnungseigentum umgewandelt, führt dies häufig zu großer Verunsicherung der Mieter. Entsprechend den Vorschlägen der Baulandkommission wird die Bundesregierung bis Ende 2019 einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Möglichkeit zur Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen reduziert.

Abschließend möchte ich noch kurz auf das von Ihnen angesprochene Thema Steuern eingehen. Die CDU steht für eine verantwortungsbewusste Steuerpolitik. In unserem progressiven Steuersystem haben starke Schultern mehr zu tragen als Schwache. Das gilt bereits jetzt. Im Jahr 2011 haben die obersten 5% der Steuerpflichtigen 41,5% der Einkommenssteuerlast getragen. Die oberen 25% der Steuerpflichtigen haben 76,9% des Einkommenssteueraufkommens erbracht. Diese Schraube darf jedoch nicht überdreht werden. Dies würde die Leistungsbereitschaft der Menschen schwächen und letztendlich den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden.

Wir wollen daher die Mittelschicht, als Leistungsträger unserer Gesellschaft, weiter
entlasten. Für uns gilt: Leistung muss sich lohnen. Daher sind wir gegen Steuererhöhungen und gegen die Einführung einer Vermögenssteuer. Darüber hinaus wollen wir die kalte Progression abbauen, indem wir verhindern, dass Lohnerhöhungen zum Ausgleich von Preissteigerungen von einem höheren Steuertarif aufgezehrt werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen unsere Standpunkte etwas näher bringen. Und auch wenn Sie nicht alle unsere Argumente teilen, so würde ich mich freuen, wenn Sie zum Austausch und zum Nachdenken anregen.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Ziemiak

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