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Paul Lehrieder
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Frage von Pascal M. •

Frage an Paul Lehrieder von Pascal M. bezüglich Umwelt

Wieso hält Deutschland seine im Pariser Klimavertrag gesetzten Ziele nicht ein? Dass es technisch nicht möglich wäre, früher aus der Kohle auszusteigen kann ich nicht sehen (wenn man gleichzeitig an den erneuerbaren Energien kürzt; außerdem gäbe es zur not ja auch noch die AKWs...)
Ist die Union als Partei bereit, Verantwortung nicht nur gegenüber dem hier und jetzt, sondern auch gegenüber der Generation in 20 Jahren zu übernehmen? Wenn ja, wie begründen sie dann ihre momentane Haltung und die Weigerung ihrer Parteispitze, eine CO2 Steuer einzuführen?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Meyer-Sautter,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Sowohl die Bundesregierung als auch die Parteien CDU und CSU haben sich in den letzten Monaten intensiv mit den Fragen des Klimaschutzes auseinandergesetzt. Aufgrund der verstärkten gesellschaftlichen Sensibilisierung für dieses Thema und der drohenden Verfehlung der europäischen Vorgaben in den Bereichen Verkehr, Wärme und Landwirtschaft waren sich alle Akteure einig, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Die Union steht zu den international eingegangenen Verpflichtungen und setzt sich für die Einhaltung des UN-Klimaübereinkommens von Paris ein.

Das Klimakabinett hat am 20. September 2019 Eckpunkte für ein Klimaschutzprogramm 2030 vorgelegt, welches von der gesamten Bundesregierung am 09. Oktober 2019 beschlossen wurde. Darin finden sich sowohl zahlreiche Einzelmaßnahmen aus allen Sektoren als auch übergeordnete Initiativen. Dazu gehört beispielsweise die Einführung eines neuen nationalen Emissionshandels für die bisher nicht vom Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) erfassten Energie- und Industrieanlagen sowie die Sektoren Verkehr und Wärme. Ziel ist ein verlässliches Preissignal, das die ökologischen Kosten widerspiegelt. Damit ist der CO2-Preis nicht nur ein wirksames Klimaschutzinstrument, sondern auch Innovationstreiber für die deutsche Wirtschaft.

Die Bundesregierung hat sich in ihrem Klimaschutzprogramm 2030 zur CO2-Bepreisung für ein nationales Emissionshandelssystem (nEHS) entschieden. Die bisher gezeigten Erfolge des EU-ETS mit seiner CO2-Mengensteuerung waren dafür ausschlaggebend. Das Konzept orientiert sich grundsätzlich an dem bereits bestehenden europäischen Emissionshandelssystem, bei dem es sich nicht um eine Steuer handelt. Bei den Erlösen aus einem solchen System handelt es sich nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht um Steuern, sondern um eine nicht-steuerliche Abgabe, die sich auf die Sachgesetzgebungskompetenz des Bundes für die Luftreinhaltung stützt.

Da das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ebenfalls ein Thema im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat war, werden im Frühjahr 2020 Anpassungen an der ursprünglich bereits beschlossenen Preishöhe vorgenommen. Die Union hatte sich stets für einen recht niedrigen Einstiegspreis eingesetzt, um die Verbraucher und Unternehmen zu Beginn nicht zu überfordern. Die Grünen drohten allerdings bei einer ausbleibenden Preiserhöhung mit einer Totalblockade der wichtigen Entlastungsmaßnahmen im Steuerrecht (wie z.B. der Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendler, der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr oder der Einführung der steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung). Eine Einigung konnte aus Unionssicht u.a. deswegen erreicht werden, da nun die Entfernungspauschale für Fernpendler ab 2024 nochmals aufgestockt wird. Fossile Brennstoffemissionen sollen nunmehr ab 2021 mit einem Preis in Höhe von 25 EUR je Tonne belegt werden. In einer Festpreisphase bis 2025 soll dieser kontinuierlich auf 55 EUR steigen. Ab 2026 wird der Handel der Verschmutzungsrechte freigegeben, wobei durch einen Preiskorridor zwischen 55 und 65 EUR starke Preissprünge vermieden werden.

Selbstverständlich hat die Union in diesem Zusammenhang im Sinne der Technologieoffenheit auch die synthetischen Kraftstoffe nicht außer Acht gelassen. Gemäß Anlage 2 des BEHG werden in den Jahren 2021 und 2022 nur bestimmte Brennstoffe (z.B. Benzin, Gas- und Heizöle, Erd- und Flüssiggas) erfasst, die zudem den Einsatz von fossilen Grundprodukten voraussetzen. Damit sind synthetische Kraftstoffe vorerst nicht vom Gesetz erfasst. Für das Jahr 2022 ist eine Überprüfung vorgesehen. Ist bis dahin geklärt, wie die Ökobilanz und die Herkunft der synthetischen Kraftstoffe systematisch erfasst werden kann, sollen auch sie den Emissionsfaktor Null erhalten.

Wir haben letzte Woche das Kohleausstiegsgesetz im Kabinett beschlossen. Damit ebnet die Bundesregierung den Weg, um die Verstromung von Kohle in Deutschland zu beenden, und zwar planbar und wirtschaftlich vernünftig. Mit dem Kohleausstieg wird neben dem Ausstieg aus der Kernenergie ein zweites energiepolitisches Mammutprojekt gestemmt. Wir zeigen als eines der größten Industrieländer, dass es möglich ist, Kernenergie und Kohle zu ersetzen und zugleich neue wirtschaftliche Perspektiven für die betroffenen Regionen und Beschäftigten zu schaffen. Das Ziel, eine effiziente, nachhaltige, verlässliche und bezahlbare Energieversorgung des Wirtschaftsstandorts Deutschlands zu sichern, haben wir dabei stets im Blick.

Der Kohleausstieg ist ein wichtiges internationales Signal. Die Welt schaut genau hin, wie Energiewende und Kohleausstieg in Deutschland gelingen. Zu den Aufgaben der nächsten Jahre gehört es aber auch, unsere Zusammenarbeit in Europa und international auszubauen. Daher werden wir uns im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr dieses Jahres für eine EU-Flankierung unseres Transformationsprozesses einsetzen. Die Chancen, die die Energiewende bietet, hat die EU-Kommission mit ihrem European Green Deal bereits hervorgehoben.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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