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Paul Lehrieder
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Frage von Albrecht W. •

Frage an Paul Lehrieder von Albrecht W. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Lehrieder!

Sie sind der direkte Abgeordnete für den Bundestag meines Wahlkreises. Wunderbar, daß es diese direkte demokratische Kommunikation gibt. Genau die Macht der Demokratie, nämlich die Lebensbedingungen der Bürger ohne Fremdinteressen zu gestalten, ist jedoch in Gefahr. Wenn Sie dem Schlupfloch im Gesetz für eine Möglichkeit der Privatisierung von Autobahen/Strassen zustimmen, genau dann geben Sie den Bürgerstaat aus der Hand und überantworten ihn den Großkonzernen, den Banken, den Investoren, mulitnationalen Unternehmen und den Kapitalprofiteuren! Der Bürger, so wie ich und meine Familie, ist von weiterer Gestaltung ausgeschlossen. Sie haben nicht nur ein Stück Autobahn verkauft, sondern die demokratische Solidarität.
Bitte gehen Sie zur Abstimmung persönlich und bitte nehmen Sie die Demokratie ernst, schützen Sie uns Bürger vor der Diktatur der Konzerne und lehnen Sie auch das kleinste Schlupfloch für Lobbyisten ab! Stellen Sie sich bitte dem Ausverkauf entgegen. Wir als Bevölkerung erwirtschaften wahrhaftig genug Steuergeld, mit denen unsere Infrastruktur bezahlt werden kann und die Verfügungsgewalt über das Straßennezt bleibt bei uns und den gewählten Vertretern.
Vielen Dank.

Hochtachtungsvoll
Dr. Albrecht Weber

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Dr. Weber,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Die CSU hat von Anfang an gefordert, dass es eine Autobahnprivatisierung nicht geben darf. Uns ist wichtig, dass der Bund zu 100 Prozent Eigentümer der neuen Infrastrukturgesellschaft ist. Private dürfen keine Eigentumsanteile an der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften erwerben. Diese Forderung haben wir umgesetzt.

Zu ÖPP habe ich eine differenzierte Meinung. Kritiker behaupten zumeist pauschal, dass es durch ÖPP zu Preissteigerungen kommt. Bei einem Vergleich der Finanzierung mit Haushaltmitteln und ÖPP sind ÖPP-Projekte jedoch tendenziell nur bei einer buchhalterischen Betrachtung teurer. Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung sind sie deutlich günstiger.

In dieser Legislaturperiode haben wir im Bundeshaushalt viel mehr Geld für Infrastrukturprojekte zur Verfügung gestellt als je zu vor. Das Geld reicht aber trotzdem nicht aus, um alle erforderlichen Verkehrsprojekte zu finanzieren. Deshalb ist die richtige Frage nicht, ob ein Projekt mit privaten Investoren möglicherweise (dies muss man bei jedem Projekt separat berechnen) etwas teurer ist, sondern ob das Projekt ohne private Investoren überhaupt gebaut werden kann.

Wenn ein Infrastrukturprojekt nicht gebaut wird, entstehen teilweise immense volkswirtschaftliche Verluste und auch höhere Umwelt- und Klimabelastungen. Diese entstehen dadurch, dass zum Beispiel zahlreiche LKW länger unterwegs sind (dichter Verkehr, Staugefahr) und sie – wenn zum Beispiel eine Verbindungstrecke nicht vorhanden ist – längere Strecken zurücklegen müssen. Dies kann bei einzelnen nicht realisierten Verkehrs-projekten zu mehreren Tausend oder gar Zehntausend zusätzlichen Fahrkilometern täglich führen. Diese Kosten für die Wirtschaft und die Umweltbelastungen werden bei einer buchhalterischen Betrachtung nicht berücksichtigt.

Da die zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel nicht ausreichen, um alle notwendigen Sanierungen und Neubaumaßnahmen zu finanzieren, darf die buchhalterische Betrachtung nicht die endgültige Betrachtung sein. Die Ergebnisse der buchhalterischen Betrachtung müssen in eine volkswirtschaftliche Betrachtung einfließen. Die buchhalterische Betrachtung ist zu einseitig und spiegelt die Lebenswirklichkeit nicht wieder. Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung sind ÖPP-Projekte meist billiger. Falls bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung ÖPP-Projekte billiger sind, möchte ich im Interesse der Menschen unseres Landes, dass sich private Investoren auch künftig an der Sanierung oder am Neubau von Verkehrsinfrastrukturprojekten beteiligen. Kommt jedoch die volkswirtschaftliche Betrachtung bei einem Projekt zu dem Ergebnis, dass die Beteiligung privater Investoren teurer ist, dann darf dieses Projekt nicht mit Hilfe Privater gebaut werden.

Meine differenzierte Sicht auf ÖPP – Projekte steht nicht im Widerspruch zur ersten Aussage in meinem Schreiben. Private dürfen kein Eigentum an unserer Verkehrsinfrastruktur erwerben, d. h., sie dürfen sich nicht an der Infrastrukturgesellschaft beteiligen. Bei einzelnen Projekten jedoch gilt es zu prüfen, ob bei einer Realisierung mit Hilfe von ÖPP der volkwirtschaftliche Nutzen größer ist oder nicht.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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