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Frage von Martin W. •

Frage an Patrick Sensburg von Martin W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Sensburg,

wie Sie sicherlich wissen, gehört fast ein Drittel der Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft an. Trotzdem gibt es immer noch einige gesellschaftliche Bereiche, in denen Konfessionslose benachteiligt oder sogar offen diskriminiert werden. Ich würde gerne von Ihnen erfahren, inwieweit Sie sich im Parlament wie auch im Wahlkreis für die Belange dieser Bevölkerungsgruppe einsetzen werden. Konkret möche ich meine Fragen auf den Bereich der sozialen Einrichtungen konzentrieren:

Für Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft gilt ein eigenes Arbeitsrecht mit besonderen „Loyalitätspflichten“. So werden in „kirchlichen“ Krankenhäusern oder Altenheimen, obwohl diese in der Regel zu 100% aus den Sozialkassen finanziert werden, den Beschäftigten wichtige Grundrechte vorenthalten. Konfessionslose oder andersgläubige Ärztinnen, Altenpfleger oder Hausmeister finden dort unter Umständen keine Anstellung. In katholischen Einrichtungen kann sogar die Wiederverheiratung nach einer Scheidung zur Entlassung führen.
- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dahingehend geändert wird (§ 9), dass in Sozialeinrichtungen, die von allen Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden, Konfessionslose und Andersgläubige nicht länger diskriminiert werden können?
- Werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Betriebsverfassungsgesetz dahingehend geändert wird (§ 118, 2), dass in Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft zukünftig dieselben Regelungen greifen wie in normalen Tendenzbetrieben (Medien, Parteien usw.)?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Werner,

vielen Dank für Ihren Musterbrief des IBKA, den ich gerne beantworten möchte.

Ich stimme Ihnen uneingeschränkt zu, dass Konfessionslose und Andersgläubige nicht diskriminiert werden dürfen. Nicht teilen kann ich allerdings Ihre Auffassung, dass das Arbeitsrecht in Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft eine solche Diskriminierung darstellt.

Die CDU achtet die verfassungsrechtlich verankerte Autonomie der Kirchen und das damit verbundene Recht, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes ordnen und verwalten zu können (Art. 140 Grundgesetz i.V. Art. 137 Abs. 3 WRV). Zur Wahrnehmung dieses kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gehört auch ein eigenes Kirchenarbeitsrecht und die Möglichkeit, Dienstverhältnisse nach dem kirchlichen Selbstverständnis entsprechend auszugestalten. Als Katholik und Abgeordneter einer christlichen Partei stehe ich hinter dieser historisch gewachsenen und in sich schlüssigen Regelung. Die Rechtmäßigkeit dieser Praxis ist im Übrigen von der Rechtsprechung wiederholt bestätigt worden.

Das Festhalten an dieser bewährten staatskirchenrechtlichen Regelung ist zudem auch Ausdruck unserer Wertschätzung gegenüber den vielfältigen Leistungen, welche die Kirchen - und ihre vielen ehrenamtlich tätigen Mitglieder - gerade durch die von Ihnen angesprochenen Sozialeinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft leisten und die allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Gesellschaft unabhängig von ihrem Glauben zugutekommen. Die Kirchen leisten einen erheblichen Beitrag für das Gemeinwohl, den der Staat kaum oder nur mit größten Anstrengungen selbst schultern könnte.

Ich möchte dabei betonen: kirchliche Krankenhäuser, Altenhilfeeinrichtungen oder ambulante Pflegeeinrichtungen werden kaum noch aus staatlichen Mitteln finanziert. Die Vergütungen der Kranken- und Pflegekassen oder der Rentenversicherung sind keine staatlichen Leistungen sondern Leistungen für den betreffenden Versicherten, der sich in freier Wahl für eine kirchliche Einrichtung entschieden hat.

Diese freie Wahl haben auch konfessionslose oder andersgläubige Ärzte, Altenpfleger oder Hausmeister. Aufgrund des Fachkräftemangels in Pflegeberufen, der in Deutschland derzeit herrscht, können Arbeitswillige frei und problemlos zwischen verschiedenen Arbeitgebern (kommunal, private, kirchliche) wählen. Eine "Vorenthaltung von Grundrechten" kann ich hier nicht erkennen.

Unsere Achtung der Kirchenautonomie schließt es selbstverständlich nicht aus, dass wir es begrüßen, wenn die Kirchen selbst sich zu Anpassungen und Änderungen innerhalb ihres selbständig geregelten Bereiches entschließen und damit ihre Verantwortung gegenüber den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstreichen. Diese Verantwortung haben beide großen christlichen Kirchen m.E. in jüngster Zeit gezeigt. Zu nennen sind hier beispielsweise die Überarbeitung der Grundordnung des kirchlichen Dienstes des VDD seitens der Deutschen Bischofskonferenz im Juni 2011 oder die Anpassungen des Kirchenarbeitsrechts durch die Beschlüsse der EKD-Synode vom November 2011. In diese Prozesse kann und möchte ich als Vertreter eines weltanschaulich neutralen Staates nicht eingreifen. Ich bin zudem davon überzeugt, dass das den Kirchen in eigener Verantwortung zum Wohle aller Beteiligten in der Dienstgemeinschaft gut gelingen wird und sehen daher auch von politischer Seite keine Notwendigkeit, an den bestehenden Regelungen etwas zu ändern.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Patrick Sensburg