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Frage von Andreas R. •

Frage an Patrick Döring von Andreas R. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Sehr geehrter Herr Döring,

Klimaforscher machen seit langem darauf aufmerksam, dass besonders bei der Isolierung/Dämmung von Gebäuden sehr große Einsparpotenziale beim Energieverbrauch herrschen. Deutschland ist nun wirklich kein Land, in dem es zu wenige Wohnungen gibt. Dennoch wird viel zu oft auf Quantität bei der Schaffung neuer Gebäude und nicht auf Qualität bei der klimagerechten Bauweise/Nachrüstung geschaut.

Als FDP-Mitglied stehen sie für eine Politik ein, die nahe an der Lehrmeinung der Volkswirtschaftslehre ist. Das Thema Klimawandel ist ein offensichtlicher Fall von Marktversagen, da es sich bei Umwelt nicht um ein privatwirtschaftliches, sondern ein öffentliches Gut handelt. Die nichtinternalisierten Kosten des Klimawandels überragen bei weitem die durch Gegensteuerung des Gesetzgebers verursachten Kosten.

Alle Gesetze, die sich mit dem Thema befassen, waren bislang nur sehr zögerlich und nahmen zu sehr Rücksicht auf einzelne Interessengruppen. Welche konkreten Vorschläge haben einerseits ihre Partei und andererseits Sie als Abgeordneter persönlich, um das Metathema schlechthin, den Klimawandel, mit einer beherzteren Gesetzgebung anzugehen, die ein rasches Handeln für Bauherren und ein Nachrüsten bei vorhandenen Gebäuden erzwingt?

Beste Grüße
Andreas Reichhardt

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Reichhardt,

vielen Dank für ihre Frage vom 20. September.
In der Tat ist eine beschleunigte energetische Sanierung von Wohn-, Geschäfts- und Industriegebäuden von herausragender Bedeutung, um unsere Klimaziele zu erreichen. Der Gebäudebereich hat einen Anteil von 40 Prozent am gesamten Endenergieverbrauch in Deutschland. 20 Prozent unseres CO2-Ausstoßes entstehen hier. Dabei haben viele Wohnungen aber auch Industrie- und Geschäftsgebäude immer noch eine unzureichende Dämmung oder alte Kessel- und Heizungsanlagen. Das ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch fatal.
Die Bundesregierung hat deshalb versucht, durch eine Strategie des Forderns und Förderns eine stärkere energetische Sanierung zu unterstützen – durch die fortlaufende Verschärfung der Energieeinsparungsverordnung auf der einen und die Förderung energetischer Sanierungen durch das CO2-Gebäudesanierungsprogramm auf der anderen Seite sollte der Erneuerungsprozess im Gebäudebereich beschleunigt werden. Ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings, dass die bisherige Politik dieses Ziel nicht erreicht hat. Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird zwar zumindest in bestimmten Marktsegmenten – vor allem bei Selbstnutzern sowie großen Wohnungsunternehmen – gut angenommen und wird von mir auch ausdrücklich unterstützt. Bundesweit erreichen wir derzeit allerdings trotz der Subvention in Milliardenhöhe nicht einmal eine Sanierungsquote des Gebäudebestandes von zwei bis drei Prozent. Das heißt, es werden sogar noch weniger Gebäude saniert, als es notwendig wäre, um den Gebäudebestand im normalen Turnus zu sanieren. Von einer Beschleunigung des Sanierungsprozesses ganz zu schweigen.
Die Ursache dieses Problems liegt allerdings meiner Ansicht nach nicht, wie von Ihnen dargestellt, in einem Marktversagen, sondern vielmehr in einer schlechten Ordnungspolitik. Denn gegenwärtig ist es einfach so, dass vor allem für private Vermieter aber selbst für viele Wohnungsunternehmen der ökonomische Anreiz für eine Sanierung ihrer Wohnungsbestände denkbar gering ist. Wir haben hier, mit den Worten des ehemaligen Präsidenten des Bundesumweltamtes, Prof. Andreas Troge, ein Investor-Nutzer-Dilemma: Der Vermieter hat in erster Linie Aufwand, Ärger und Kosten – während die finanziellen Vorteile durch die Senkung der Energiekosten alleine dem Mieter zugute kommen.
So verlangt das geltende Recht zwar, dass Modernisierungsarbeiten durch alle Mieter zu dulden sind – jedoch nur, so die überwiegende Rechtsansicht, wenn sie von der Maßnahme finanziell profitieren. Ist dies nicht der Fall – zum Beispiel wenn, wie beim Einbau von Solarkollektoren, nur ein energetischer Austausch stattfindet – kann ein Mieter der Modernisierung von vornherein widersprechen, weil dadurch keine Einsparung gegeben ist (§ 554 BGB). Nach der energetischen Sanierung kann der Vermieter die Betriebskosten für die neuen Anlagen in der Regel nicht auf den Mieter umlegen, da diese zumeist nicht Bestandteil des Mietvertrages sind (§ 556 BGB).
Während der Bauphase muss der Vermieter zudem in jedem Fall Mietausfälle zwischen 50 und 100 Prozent einkalkulieren (§ 536 BGB). Auch eine Mieterhöhung, um die Modernisierungskosten zu decken, ist in vielen Fällen nicht oder nur schwer durchzusetzen (§ 559b BGB). Maximal erlaubt das Gesetz eine jährliche Erhöhung der Miete um elf Prozent der auf die Wohnung entfallenden Modernisierungskosten, wobei diese Kosten jedoch aufwändig und detailliert nachgewiesen werden müssen. So müssen z.B. Arbeiten, die als Instandsetzung gelten und daher dem Vermieter zugeordnet werden, aus der Modernisierungsmieterhöhung herausgerechnet werden. Weiterhin ist für jede Wohnung ein separater Antrag zu schreiben, weil pauschale Abschläge und Quoten als unzureichend gelten. Auch eine detaillierte Aufschlüsselung der Einspareffekte für den Mieter wird verlangt. Diese bürokratischen Anforderungen sind gerade für die so genannten „Amateurvermieter“ (auf die aber immerhin nahezu 40 Prozent aller Wohnungen in Deutschland entfallen), nur schwer umzusetzen. Darüber hinaus ist eine Mieterhöhung wegen Modernisierung bei öffentlich geförderten Wohnungen oder Gewerberaummietverhältnissen nur eingeschränkt möglich. Im Fall einer Staffelmiete (557a BGB) ist eine Modernisierungsmieterhöhung nach. § 559 BGB ganz ausgeschlossen. Bei Indexmieten (557b BGB) ist sie nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich.
Und bei alledem hat der Vermieter keinen Anteil an den Einsparungen durch die energetische Modernisierung, da die sinkenden Nebenkosten allein dem Mieter zugute kommen.
Diese einseitige Belastung des Eigentümers lässt daher viele Vermieter vor der energetischen Modernisierung zurückschrecken. Zusätzliche Vorgaben für den Fall einer Gebäudesanierung – zum Beispiel eine Nutzungspflicht für regenerative Energien – und die kontinuierliche Verschärfung der Vorschriften wirken vor diesem Hintergrund als zusätzlicher negativer Anreiz. Denn die wenigsten Eigentümer sind bereit, heute nennenswerte Summen zu investieren, wenn die baulichen Veränderungen schon wenige Jahre später nicht mehr den rechtlichen Standards entsprechen.
Kurz: Eine energetische Sanierung rechnet sich für viele Eigentümer unter den heutigen Bedingungen einfach nicht. Die Frage, die wir uns einfach stellen müssen, lautet deshalb: Was können wir tun, um den Aufwand für die Eigentümer zu verringern und den Nutzen zu erhöhen, damit ein Sanierungsschub erfolgt, von dem am Ende Eigentümer, Mieter, Umwelt und Wirtschaft profitieren.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat hierzu einen Antrag vorgelegt, in dem wir einige maßvolle Änderungen im Mietrecht skizziert haben, die hier einen wesentlichen Fortschritt bringen könnten. Wir wollen beispielsweise die Möglichkeit schaffen, dass Eigentümer und Mieterschaft neben der herkömmlichen Modernisierungsmieterhöhung auch eine – eventuell höhere – Mieterhöhung vertraglich vereinbaren können. Dafür muss der Vermieter dem Mieter eine Betriebskostenersparnis mindestens in Höhe der Mieterhöhung garantieren. Nützlich wären außerdem zum Beispiel Ausnahmen bei den Duldungspflichten und den Regelungen zur Mietminderung: Baumaßnahmen, die überwiegend zur energetischen Sanierung oder anderen Umweltschutzzwecken durchgeführt werden, sollten vom Mieter in jedem Fall zu dulden sein und nicht zur Mietminderung berechtigen. Denn es ist einfach unvernünftig, wenn bauliche Maßnahmen, von denen am Ende vor allem auch die Mieter durch eine Senkung der Nebenkosten profitieren, dadurch bestraft werden, dass der Eigentümer während der Bauphase auf 50 Prozent oder mehr der ihm zustehenden Miete verzichten muss. Solange solche Regelungen in Deutschland bestehen, müssen wir uns nicht wundern, wenn gerade bei finanzschwachen Eigentümern, denen nur wenige Wohnungen oder vielleicht ein oder zwei Häuser gehören, die Bereitschaft für eine energetische Sanierung ihrer Gebäude nahezu gleich Null ist.
Sicherlich kann man sich über die Details streiten, wie solche Regelungen ausgestaltet werden müssten – aber in der Sache muss man bei einer ehrlichen Analyse der Fakten zu dem Ergebnis kommen, dass entsprechende Reformen zwingend notwendig sind, wenn wir eine deutliche Erhöhung der Sanierungsquote in den nächsten Jahren erreichen wollen.
Ich bedauere es daher ausdrücklich, dass vor allem die SPD lieber auf billige Polemik gegen die Vermieter und Wohnungseigentümer statt auf eine konstruktive Diskussion setzt. Die pauschale Unterstellung im SPD-Wahlprogramm, dass die Vermieter das Instrument der Modernisierungsmieterhöhung dazu missbrauchen würden, um den Preis ihrer Wohnungen in die Höhe zu treiben, spricht Bände. Schon der Blick auf die real sehr niedrige Sanierungsquote in Deutschland zeigt ja bereits, dass das allenfalls ein Einzelfallproblem sein kann und die Modernisierungsmieterhöhung in ihrer jetzigen Form sicherlich keine große Anreizwirkung für die Eigentümer hat. Eine weitere Einschränkung der geltenden Regelung, wie von der SPD gefordert, würde die energetischen Sanierungen im Mietbereich ganz zum Erliegen bringen.
Für die FDP ist das Thema jedenfalls nicht erledigt. Die Sanierung des Wohnungsbestandes und damit auch die ökologische Modernisierung des Mietrechts bleibt für mich auch in der nächsten Legislaturperiode auf der Tagesordnung. Denn mit einer guten und vernünftigen Ordnungspolitik werden wir hier meiner Meinung nach beim Schutz des Klimas und der Umwelt viel weiter kommen, als mit der immer weiteren Verschärfung staatlicher Vorschriften.

Mit freundlichen Grüßen

Patrick Döring MdB