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Otto Fricke
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Frage von Edgar G. •

Frage an Otto Fricke von Edgar G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Was ist schlimmer die Steuerhinterziehung eines Herrn Hoenes oder die Beschaffungskriminalität des Thomas de Maizière ?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Günther,
vielen Dank für Ihre Anfrage, mit der Sie gleich zwei ganz aktuelle Themen der derzeitigen politischen Diskussion aufgreifen.
Ihre Frage nach einem "entweder oder" suggeriert allerdings, dass es auch eine einfache Antwort geben muss. Also ein "schwarz oder weiß", ein "gut oder schlecht" oder in diesem Falle "schlimm oder weniger schlimm". Auch wenn uns die Medien diese sehr einfache Schema immer wieder einreden, ist Politik vielschichtiger und komplizierter. Die beiden angesprochenen Beispiele können somit nicht gegeneinander abgewogen werden. Sie haben aber eines gemeinsam und das ist der Verlust an hart erarbeitetem Steuergeld. Und das ist in beiden Fällen bitter für alle ehrlichen Steuerzahler.
Dennoch gehe ich gerne sowohl auf das Thema Steuerhinterziehung (1) sowie auf das Thema Beschaffungspolitik der Bundeswehr (2) ein.

(1) Steuerhinterziehung ist ein Straftatbestand und wird in Deutschland geahndet. Sie ist mit der Höhe der angedrohten Strafe - bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe - dem Betrug und dem Diebstahl in jeder Hinsicht gleichgestellt. Dennoch findet Steuerhinterziehung jeden Tag statt. Ob dies nun eine "schwarz" entrichtete Dienstleistung ist, die Falschangabe zum Arbeitszimmer in der Steuererklärung oder ob es sich um Geldtransfers ins Ausland handelt. Daran haben auch Strafandrohungen und Kontrollen bislang nichts geändert. Selbstverständlich ist Steuerhinterziehung nicht nur strafbar, sondern auch gesellschaftlich verachtenswert, denn jeder fehlende Euro in der Gesamtrechnung schlägt sich bei den ehrlichen Steuerzahlern zu Buche, die dies mit höheren Steuersätzen bezahlen müssen. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern schlichtweg Diebstahl an der Gemeinschaft und am eigenen Nachbarn. Ich glaube jedoch, dass vor allen Dingen im Zuge der steigenden Schuldenstände vieler Staaten nun das Thema Steuerhinterziehung weit oben auf die politischen Tagesordnung gerückt ist, wie das letzte G7-Treffen in Großbritannien gezeigt hat. http://www.wiwo.de/finanzen/steuern-recht/steuerhinterziehung-schaeuble-will-offshore-leaks-daten-an-laender-weitergeben/8192648.html. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen bis Jahresende die Verschärfung des Zinssteuergesetzes beschließen. Das bedeutet das Ende des Bankgeheimnisses für Bürger aus dem EU-Ausland. (Das Bankgeheimnis für Bürger im eigenen Land bleibt davon unberührt) In diesem Zusammenhang sind auch die Beschlüsse des G8-Gipfel zu sehen, die einen umfassenden Daten- und Informationsaustausch bezüglich der Steuerhinterziehung auf der Basis von FATCA vorsehen. Darüber hinaus legt die die OECD Ende Juni einen Bericht zur Steuervermeidung vor, der seinen Schwerpunkt auf multinationale Konzerne legen wird. Dieser wird von der Bundesregierung auch in die G20-Beratungen eingebracht. Dadurch wird der Boden bereitet, um internationalen Konzernen die Steuervermeidung schwieriger zu machen. In Deutschland hat bereits die christlich-liberale Koalition bereits 2011 die Regeln für die Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung verschärft.

Nun, aber zu Ihrer konkreten Frage nach Herrn Hoeneß:

Dies ist keine Frage an mich als Politiker, denn außer den lückenhaften Informationen aus den Medien, liegen mir keine konkreten Erkenntnisse über den Fall vor. In einem Rechtsstaat wie unserem, ist es somit gut, dass wir eine unabhängige Gerichtsbarkeit haben, die sich solchen Fällen annimmt. Sollten die Tatbestandsvoraussetzungen für diesen Fall gegeben sein, bin ich sicher, dass Gerichte und Behörden tätig werden. In diesem Falle bin ich natürlich dafür, dass bestehende Gesetze angewandt werden und der Betroffene dementsprechend bestraft wird.

Einzelfälle, wie der von Uli Hoeneß, dürfen nicht davon ablenken, dass die weitaus meisten Steuerzahler ehrlich sind. Und gerade gutverdienende Bürger ihren Solidarbeitrag zu Finanzierung des Gemeinwesens zahlen. Mehr als die Hälfte des Steueraufkommens wird von zehn Prozent gut verdienender Steuerzahler geleistet. Weiterhin eine politische Frage ist das, zuletzt von der SPD im Bundesrat blockierte, Steuerabkommen mit der Schweiz. Hier verhandeln Bund, Länder und natürlich die Parteien über den richtigen Weg, wie deutsche Auslandsvermögen wieder nach Deutschland zurückgeführt werden können. http://www.sueddeutsche.de/politik/steuerabkommen-mit-der-schweiz-spiel-auf-zeit-1.1663792. Ich bleibe hier weiterhin positiv gestimmt und glaube, dass hier bald eine allseits zufriedenstellende Lösung erzielt wird.

(2) Ihre zweite Frage bezieht sich auf die Bundeswehr. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich fachfremder Politiker, nicht alle Fragen im Detail Ihnen erläutern kann, weil ich nicht Mitglied im Verteidigungsausschuss bin. Wenn Ihnen also an der ein oder anderen Stelle bestimmte Details zu kurz kommen, möchte ich Sie bitten Sich an meine Kollegen zu wenden, die Ihnen kompetent und genauso gerne hierzu Auskunft geben. http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a12/mitglieder.html

Ihre Frage zielt auf ein altbekanntes Problem, dass uns Parlamentarier immer wieder beschäftigt: Die Beschaffungspolitik der Bundeswehr. Grundsätzlich halte ich Investitionen in die Modernisierung der Ausrüstung der Bundeswehr dringend für nötig. Solange das Material älter als die Soldaten ist, sind Auslandseinsätze wie in Afghanistan kaum zu verantworten.

Diese großen Rüstungsprojekte sind jedoch ausgesprochen komplex und es bedarf dabei viel Fachwissen und wie wir immer wieder erkennen müssen, ein hohes Maß an parlamentarischer Kontrolle. Denn der Bericht der Strukturkommission der Bundeswehr http://www.vbb.dbb.de/pdf/bericht_strukturkommission.pdf hat bereits 2010 viele Missstände offenbart, die bislang nur schleppend abgestellt werden. Die Bundeswehr befindet sich jedoch seit Jahren in einem Umstrukturierungsprozess, der die Truppe kleiner, effizienter und moderner machen soll. http://www.bundesregierung.de/statisch/jahresbericht2011/Webs/Breg/jahresbericht2011/DE/In__Freiheit__fuereinander__einstehen/Bundeswehrreform/bundeswehrreform.html Die Bundeswehr benötigt hierfür dringend neue Strukturen, Prozesse und Personalumfänge, die dem Wandel der sicherheitspolitischen Herausforderungen und den nationalen Interessen unseres Landes im 21. Jahrhundert Rechnung tragen. Die FDP hat maßgeblich dazu beigetragen, indem sie die Wehrpflicht abgeschafft und eine Freiwilligenarmee durchgesetzt hat.

Zu den Wahrheiten im Falle der Beschaffung des "Euro-Hawk" gehört sicherlich, dass bereits die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder die Anschaffung beschloss. Das war lange bevor Thomas de Maizière ins Verteidigungsministerium einzog, weswegen es von Seiten der rot-grünen Opposition nicht korrekt ist, heute gegen den Minister und das Projekt in dieser Form zu protestieren. Alle Parteien, außer der Linken, haben dem Projekt zugestimmt. Ein großes Problem des Projektes war sicherlich, die Zusammenarbeit mit den Amerikanern (Northrop Grumman) und der von ihnen gelieferten Technik, die ohne die entsprechenden Baupläne geliefert wurde. Aber genau diese wären nötig gewesen, um abzuschätzen, ob eine Zulassung erfolgen kann.

In diesem Zusammenhang von "Beschaffungskriminalität" zu sprechen, ist nicht meine Sprache. Dass es seitens der Bundeswehr, wie auch seitens des Verteidigungsministeriums nun zu erheblichen und größeren Anstrengungen bedarf, die Vorschläge der Expertenkommission im Hinblick auf die Beschaffung umzusetzen, ist unzweifelhaft. Vor allen Dingen um weiteren finanziellen Verlusten des Steuerzahlers vorzubeugen. Dafür benötigt die Bundeswehr nach der Strukturkommission ein professionelles Controlling, dass unmittelbar bei der Leitung angesiedelt ist sowie einen kooperativen Beschaffungsprozess (unter Berücksichtigung internationaler Anti-Korruptions-Normen) mit der Industrie, der die Beschaffung erheblich beschleunigt. Weitere strukturelle Verbesserungen lassen sich im o.g. Bericht nachlesen.

Mindestens genauso wichtig ist selbstverständlich eine transparente Informationspolitik des Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums, sowohl in Richtung Parlament als auch in Richtung Öffentlichkeit. Als Parlament werden wir von unseren Kontrollrechten Gebrauch machen und diese Transparenz von nun an noch stärker einfordern, damit solche Fehler nicht wieder passieren.

Mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke

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