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Oliver Schruoffeneger
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Frage von Sabrina K. •

Frage an Oliver Schruoffeneger von Sabrina K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Lieber Oliver Schruoffeneger,

als entwicklungspolitisch interessierter Mensch fiel mir die German- Watch- Studie zur Entwicklungszusammenarbeit der Bundesländer in die Hände. Mit Erschrecken musste ich feststellen, dass der Beitrag Berlins sich seit 1990 um 39% verringert hat. Seit der Regierungszeit von Rot- Rot sind die Einschnitte gravierend. Wenn man täglich in den Nachrichten sehen muss, wie überlebende Armutsflüchtlinge an den Urlauberstränden der Kanaren anlanden, da Ihnen z.B. durch EU- Fischereiquoten in ihren Heimatländern die einfachsten Lebensgrundlagen entzogen werden, sollte man doch eher mehr in die Entwicklungshilfe stecken. Wie denken Sie darüber und wie sehen Sie die Chancen, dass sich unter einer möglichen Rot- Grünen Berliner Regierung daran etwas ändert?

Mit freundlichen Grüßen
Sabrina Köhler

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Köhler,

Ihre Frage betrifft einen der schwärzesten Teile rot-roter Senatspolitik der letzten 5 Jahre. Gerade eine sich links nennenden Regierung hätte hier anders arbeiten müssen. Berlin muss endlich seine internationale Verantwortung wahr nehmen. Für die Hauptstadt eines der reichsten Industriestaaten der Welt sollte das selbstverständlich sein. Doch rot-rot hat hier jegliche Diskussion verweigert. Dabei geht es nicht nur um Geld. Wir wollten zum Beispiel so wie 300 andere große Städte (darunter auch unsere Partnerstadt Paris) eine Ehrenbürgerschaft für die in Kolumbien entführte Ingrid Betancourt durchsetzen. Dies ist eine weltweite Kampagne um das Thema publik zu machen und diplomatischen Druck auf die kolumbianische Guerilla auszuüben. Dies hat rot-rot verweigert.
Die Kürzung der Zuschüsse für die entwicklungszusammenarbeitn ist ein weiteres TRauerspiel.Doch auch viele andere internationale Verbindungen wurden gekappt. So war es 2002 eine der ersten Taten des damaligen Senators Gysi das Frauenprojekt Owen aus dem Haushalt zustreichen, weil "dieses ja auch im wesentlich außerhalb Deutschlands arbeitet". Owen hat damals die Aufarbeitung der Lebensgeschichten von Frauen als ein wichtiges Thema gehabt und dabei die Geschichte ostdeutscher Frauen mit der Geschichte von Frauen aus Russland, Tschechien und Südafrika gegenübergestellt und einen Austausch organisiert.
Allein im Jahr 2003 wurden 12 Hochschulpartnerschaften nach Osteuropa aufgegeben. Damit werden Netzwerke zerstört, die auch für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins von Interesse sein könnten.
Entwicklungspolitik hat der Senat schlicht weg zur Bundesaufgabe erklärt und damit als einziges Bundesland Abstand genommen von den Erklärungen der Länder-Ministerpräsidenten über die entwicklungspolitische Verantwortung von Ländern und Kommunen.
Wir haben in dieser Wahlperiode als einzige Fraktion einige Anträge gestellt, so wollten wir zum Beispiel die Vergabebedingungen Berlins so verändern, dass keine Produkte mehr von den Verwaltungen gekauft werden dürfen, die in Kinderarbeit hergestellt sind. Mehr als 50 Kommunen in Deutschland haben entsprechende Beschlüsse. Wir wollten das globale Lernen in den Schulen deutlich stärken, wie es Bayern und Baden-Württemberg mittlerweile getan haben, die einführung eines fair-gehandelten Kaffees sollte vom Land unterstützt werden und wir wollten eine Stiftung Entwicklungszusammenarbeit gründen. Rot-rot findet das alles unnütz.
Außerdem haben wir eine Veranstaltungsreihe zu entwicklungspolitischen Fragestellungen initiiert, deren Ergebnisse auch jeweils parlamentarisch verarbeitet werden.
Für die nächste Wahlperiode haben wir uns wieder einiges vorgenommen. Die Veranstaltungsreihe soll fortgesetzt werden. Außerdem wollen wir die Bedeutung der Städtepartnerschaften verstärkt ins Blickfeld nehmen. Mit Windhoek könnte zum Beispiel ein gemeinsames Internet-Projekt Berliner und Windhoeker Schulen zur Aufarbeitung der deutschen kolonialgeschichte in Namibia gestartet werden, mit Mexiko City und Buenos Aires könnten gemeinsame Projekte gestartet werden, um die Kinderarbeit in diesen Städten erträglicher zu machen.

Eine Hauptstadt die ihre internationale Verantwortung bewusst verweigert, beweist damit nur, dass sie in ihrem provinziellen Denken stehen geblieben ist. Berlin hat das nicht verdient und langfristig schadet es auch der entwicklung der Stadt.

Oliver Schruoffeneger