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Oliver Bayer
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Frage von Felix S. •

Frage an Oliver Bayer von Felix S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Bayer!

Sie haben das Thema Stadtbahnverlängerung von Köln Merkenich nach Leverkusen über die neu zu bauende Autobahnrheinbrücke in den Landtag getragen. In der Debatte führte Achim Tüttenberg von der SPD an, dass dieses Thema noch nicht mal auf den regionalen Seiten der Piratenpartei angekommen sei. Mit Argumenten, die ich nicht nachvollziehen kann, wurde der Stadtbahn- Vorschlag später vom Verkehrsausschuss mit den Stimmen der Grünen und gegen die Stimmen der Piratenpartei verworfen.
Bleiben die Piraten hier am Thema? Werden diese nach weiteren Argumenten für die Stadtbahn suchen? Wird die Piratenpartei in Leverkusen und Köln zur Kommunalwahl antreten und diese Chance nutzen, für die Kombibrücke Autobahn / Straßenbahn einzutreten, auch im Internet?
Ich habe die Protokolle der Landtagsdebatten auf meinen Blog gestellt, so dass Sie dort noch mal alles nachlesen und analysieren können. Viele Aussagen sprechen für sich, einige habe ich kurz kommentiert. Wie stehen sie zu den in meinem Beitrag eingebetteten Videos, die zeigen, wie man in Frankreich mnodernsten Schienenpersonennahverkehr schafft?
Liefern diese Videos nicht Fakten, mit denen Sie sich gegenüber der rotgrünen Landesregierung und der schwarzgelben Opposition profilieren können?
Ein Hinweis noch: Ich musste schon mal auf der anderen Rheinseite arbeiten und habe das Fehlen einer ÖPNV- Verbindung über die A 1 zur anderen Rheinseite sehr vermisst.

Mit bestem Gruß,

Felix Staratschek,
Freiligrathstr. 2,
42477 Radevormwald

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr Staratschek,

bevor ich Ihre Fragen im Detail beantworte, möchte ich den anderen Lesern kurz darstellen, worum es geht:
Ende 2012 wurde festgestellt, dass die Rheinbrücke Leverkusen mit der Überführung der Autobahn A1 stark beschädigt ist und baldmöglichst durch einen Neubau ersetzt werden soll. Herr Staratschek wies dabei auf die Möglichkeit hin, beim Neubau doch gleich eine Stadtbahntrasse zu berücksichtigen, um die auf Merkenicher Seite direkt an die Brücke angrenzende Kölner Stadtbahnlinie 12 über die neue Brücke bis zum 1,5 km vom Ufer entfernten S-Bahnhalt Leverkusen Mitte oder in andere Leverkusener Bereiche führen. Die Möglichkeit, beim Brückenneubau eine Stadtbahntrasse mitzudenken, schien uns im Sinne einer zukünftigen Verkehrsinfrastruktur geboten und in diesem Fall einleuchtend. Allein die Mülldeponie "Dhünnaue" auf Leverkusener Seite machte uns etwas Kopfzerbrechen.
Wir, die beiden Abgeordneten des Landtags im Verkehrsausschuss und einige Leverkusener Piraten, führten Anfang Januar eine Ortsbegehung durch und schauten uns mögliche Trassen für die Stadtbahn auch im Leverkusener Zentrum an. Ebenso natürlich die Brücke samt möglicher Rampenführung auf beiden Seiten. Nach einigen Gesprächen entstand der Antrag "Berücksichtigung einer Stadtbahntrasse bei den Planungen zum Neubau der Rheinbrücke Leverkusen".
siehe
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD16-1900.pdf

Der Antrag wurde am 23.01.2013 im Plenum behandelt, die Redebeiträge findet man im Plenarprotokoll, auf Herrn Staratschek Blog und meine Rede als Audio/Video auch hier:
http://www.piratenfraktion-nrw.de/2013/01/plenarrede-oliver-bayer-zur-strasenbahn-auf-der-a1-brucke-bei-leverkusen/
- dazu gibt es unter
http://www.oliver-bayer.de/piratenstunde-mit-simone-brand-und-oliver-bayer/
noch eine "Piratenstunde".
Die folgenden Schritte lassen sich auf der Seite des Landtags unter
http://bit.ly/IVIit0 verfolgen (die Stellungnahmen finden Sie unter "Weitere Dokumente zum Vorgang"):
Am 21.02.2013 haben wir im Ausschuss eine schriftliche Anhörung beantragt, weil wir generell das Thema Neubau und Sanierung von Brückenbauwerken und Berücksichtigung weiterer Verkehrsträger angehen wollten. Es ging bei den gestellten Fragen um die generelle Notwenigkeit die Zukunft des Verkehrssystems bei Ersatzbauwerken wie Brücken mitzudenken. Immerhin halten Brücken eigentlich 100 Jahre und das Konzept des motorisierten Individualverkehrs als einzige Möglichkeit der Mobilität ist kein Konzept, welches wir uns für die nächsten 100 Jahre vorstellen können.
Es gingen Antworten von
* Thomas J. Mager (im Rahmen einer integrierten Gesamtverkehrsstrategie sinnvoll, auch sinnvoll, zu überlegen, ob in den nächsten 50 Jahren eine gemeinsame und alternative Nutzung infrage komme; Stadtbahntrasse wg. attraktiverer Endstelle passende Option),
* Schüßler-Plan (Synergieeffekte bei Planungszeit und Planungskosten möglich; Grundidee richtig aber prophylaktischer Bau von Brücken nicht sinnvoll)
* und Prof. Udo J. Becker von der TU Dresden (Paradigmenwechsel und Verkehrswende nötig; Fortführung der bisherigen Strategien und Konzepte nicht mehr zielführend) ein.

Letztlich wurde der Antrag zwar am 06.06.2013 abgelehnt, das Thema jedoch (im Gegensatz zu manch anderem Antrag) positiv aufgegriffen. Die Bündelung von Verkehrsträgern sei vernünftig.
Wir als Piratenfraktion wissen nun auch, wie wir in dem Themenbereich und der generellen Aufgabe "andere Verkehrsträger und zukünftige Konzepte mitdenken und bündeln" weiter verfahren können. Für die A1-Brücke jedoch sehe ich nur noch wenig Möglichkeiten. Wir erhielten sofort die Information, dass der Bund einen Nichtbundeseigenen Verkehrsweg auf seinen Brücken nicht zulassen würde. D.h. unterschiedliche Finanzierungstöpfe blockieren die Verkehrswende. Dass die Zeit für die Planung zu knapp wäre, scheint unglaubwürdig, immerhin plant der Bund nun zwei Brücken mit erheblich mehr Fahrspuren und will das anschließende Stelzenbauwerk auch verbreitern, damit mehr Fahrspuren darauf passen. Wie das funktionieren soll, ist eher unklar. Kein Wunder, dass die Leverkusener Angst um Ihre Stadt haben und eine Tunnellösung fordern.
Die Leverkusener Piraten halten mich da auf dem Laufenden. Die letzte Nachricht "Die Bürgerinitiative LIV hat eine Tunnellösung statt der Stelzenautobahn-Verbreiterung ausarbeiten lassen" vom 7. Dezember zeigt, dass man sich nicht damit abfinden möchte, dass sich die Autobahn den Lebensraum Stadt nimmt.

Zu Ihren Fragen:
Die Leverkusener Piraten haben vielleicht nicht die schnellste und beste Website, machen vor Ort aber gute Arbeit und sind sowohl mit den Akteuren in Leverkusen als auch mit mir ständig in Kontakt. Inzwischen ist das Thema auch zweimal auf deren Website aufgetaucht. Leider sind deren Ressourcen insgesamt klein.

Es gibt folgende Probleme bei der Umsetzung:
1. Wir konnten nicht beweisen, dass es einen Bedarf gibt, auch wenn er sich logisch erschließen lässt. Ein mäßig genutzter Sonderbus ist kein Gegenbeweis.
2. Die Mülldeponie "Dhünnaue".
3. Das entscheidende Problem jedoch ist, dass der Bund eine kombinierte
Nutzung kategorisch ablehnt.
Die Punkte 1 und 2 wären lösbar. Hier kann ich weitere Argumente auch gut gebrauchen und suche & finde diese. Für Punkt 3 benötigen wir allerdings viel grundsätzlichere Änderungen in der Verkehrspolitik. Daran arbeiten wir unabhängig von der Stadtbahntrasse.

Die Piratenpartei wird in Leverkusen und Köln zur Kommunalwahl antreten, ein attraktiver ÖPNV ist überall in NRW unser Thema, in Leverkusen auch die Brücke, die Stelzenautobahn und eine Stadtbahntrasse. Soweit ich weiß, haben die Kölner eine Stadtbahnverlängerung allerdings nicht konkret in ihrem bereits recht umfangreichen Kommunalwahlprogramm.

Die Straßenbahninitiative in Frankreich kann man nur beneiden und als zukunftsfähige Verkehrspolitik (auch bei der Finanzierung) loben. In NRW sehe ich ähnlichen Willen nur in Bielefeld, wo man die Fahrgastzahlen für den ÖPNV massiv ausbauen möchte. Ansonsten besteht in NRW eher die Gefahr, dass Stadtbahnnetze zurückgebaut werden und die ÖPNV-Infrastruktur verfällt. Dadurch dass jetzt durch den Bund (Koalitionsvertrag) statt 7,2 Milliarden inkl. LKW- und PKW-Maut-Mehreinnahmen nur 1,25 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für Instandhaltung der gesamten Verkehrswege zur Verfügung stehen und wider Erwarten die Entflechtungsmittel (das sind u.a. Mittel für ÖPNV und kommunalen Straßenbau in den Kommunen) nicht erhöht werden, haben wir mehr als nur ein Problem. NRW muss den ÖPNV ausbauen, doch allein die in der Vergangenheit vergessene Instandhaltung der U- und Straßenbahnen kostet laut einer ÖPNV-Kommission der Landesregierung 3,1 Milliarden Euro. Da weder Land noch Bund handeln, trifft diese Belastung die teils hochverschuldeten Kommunen.
Ich werde dazu für das Dezemberplenum den Antrag mit dem plakativen Titel "Verfall der Infrastruktur und Rückbau des ÖPNV stoppen: Finanzmittel sichern und vorziehen, Kommunen beistehen" stellen. Selbstverständlich bleiben wir auch sonst in Sachen ÖPNV-Ausbau und Verkehrswende am Ball. Wir werden vermutlich mit der Koalitionsbildung im Bund eine neue, noch spannendere Konstellation im Landtag haben und haben uns zudem schon lange genug Lippenbekenntnisse aus dem Ministerium angehört.

Vielen Dank für´s Lesen
Oliver Bayer