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Olav Gutting
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Frage von Iris R. •

Frage an Olav Gutting von Iris R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Gutting,

darf ich Sie fragen, wie Sie sich guten Gewissens weiterhin für den Rettungsschirm einsetzen können?

Selbst führende Wirtschaftswissenschaftler sehen den ESM als Gefahr für unser eigenes Land an.
Leider interessieren sich meines Erachtens viel zu wenig Menschen hier in Deutschland für die Auswirkungen des ESM in unserm Land.
Unsere Staatsverschuldung hat eine Marke überschritten, bei welcher es sich dringend anschickt, selbst die Ausgaben einzuschränken. Kein Mensch würde mit einer Verschuldung, bei welcher er nicht einmal mehr Zinsen und 2% Tilgung leisten kann von irgendeiner Bank einen Kredit bekommen.

Warum bekommt ein Land Geld um damit seine Banken zu retten oder seine Schulden zu zahlen?

Würden Sie mir Geld borgen, wenn Sie wüssten, Sie bekommen es wohl nie mehr zurück?

Leider hat nicht jeder Bürger von Deutschland Einnahmen, die er nicht anzugeben braucht und alleine davon gut und zufrieden leben kann.
Wir kleinen Leute sind verpflichtet, jeden Cent unseres Einkommens anzugeben. Wenn nicht, ist es Steuerhinterziehung!

Ich kenne Menschen, die nicht wissen, wie sie (trotz Arbeit) ihre Kinder satt bekommen sollen, denn der Monat hat viele Tage.
Erklären Sie solchen Menschen, dass es wichtiger ist, einen Euro zu retten, statt die Menschen im eigenen Land satt zu bekommen und dafür zu sorgen, dass sie eine warme Wohnung mir ausreichend elektrischem Strom haben um ein warmes Essen zu kochen!

Was ist schlimm daran, wenn Griechenland wieder ihre Drachme bekommt und sich aus eigener Kraft durch deren Abwertung aus der Misere heraus arbeiten kann?

Der Euro wurde in Staaten eingeführt, die sehr, sehr unterschiedlich sind. Es wurden dabei ,Sinnbildlich, Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen in einen Korb geworfen.

Die EU ist eine gute Sache, doch der Euro spaltet die Nationen!

Kann es sein, dass der Euro uns Armut bringt und Unruhen in unserem Land auslöst?

Kann das gut gehen, Herr Gutting?

Mit freundlichen Grüßen
Iris Reiwer

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CDU

Sehr geehrte Frau Reiwer,

für Ihre Anfrage zu den Problemen der Euro-Rettung danke ich. Ich darf darauf wie folgt antworten:

Ihrer Stellungnahme entnehme ich, dass Sie sich erhebliche Sorgen machen im Hinblick auf die finanziellen Belastungen, die der Bundesrepublik Deutschland im Zuge ihres europäischen Engagements zugunsten des Verbleibs Griechenlands in der Eurozone und der damit auch gleichzeitig verbundenen klaren Ansage, die Währungsunion zu erhalten.

Sie dürfen mir eines glauben, auch ich habe Bauchschmerzen, wenn ich mir die Milliarden vor Augen führe, die möglicherweise im Zusammenhang mit der griechischen Schuldenkrise auf uns zukommen könnten. Es schwirren da ja unterschiedlichste Summen im Raum. Jeder Experte kommt bei seinen Berechnungen zu unterschiedlichen Ergebnissen, wobei es auch noch darauf ankommt, welcher Lösung (Schuldenschnitt, Staatsinsolvenz, etc.) man den Vorzug gibt.

Die aktuelle Situation in der europäischen Schuldenkrise ist alles andere als beruhigend. Ich würde die notwendigen Garantien (Bürgschaften), die wir anderen Ländern zur Verfügung stellen, auch lieber im eigenen Land direkt einsetzen. Es sind im Übrigen immer noch fast ausschließlich Bürgschaften und nicht hunderte Milliarden Euro in bar, die wir bereitstellen. Niemand kann heute sagen wann und in welcher Höhe am Ende diese Garantien ausfallen. Es wird den deutschen Steuerbürger jedenfalls Geld kosten. Das bestreitet niemand.

Mir macht, wie Ihnen auch, die eigene Verschuldungssituation in der Bundesrepublik erhebliche Sorgen. Wir müssen m.E. mehr als bisher für die Haushaltskonsolidierung und den Schuldenabbau tun. Unser Staat hat gerade in den beiden letzten Jahren kein Einnahmeproblem zu verzeichnen, sondern wir haben es mit einem Ausgabenproblem zu tun. Auch wenn unsere Wirtschaft im Vergleich zu unseren europäischen Partnerländern glänzend funktioniert, entbindet uns das nicht von der Pflicht, in stärkerem Maße als bisher den Sparstift anzusetzen.

Die Beschäftigungssituation in unserem Land war lange nicht mehr so gut wie heute. Dennoch gilt es zu berücksichtigen, dass sich darunter auch einige Menschen mit sog. prekären Arbeitsverhältnissen befinden. Diesen Menschen wird man verständlicherweise die Notwendigkeit von milliardenschweren Rettungsschirmen, wenn überhaupt, dann nur schwer, vermitteln können.

Dennoch bleibt festzuhalten: Wir sind in die Europäische Währungsunion, die uns auch viele Vorteile beschert hat, eingebunden und können nicht so ohne weiteres uns aus der Verantwortung stehlen. Es ist ein massiver Trugschluss zu glauben, damit wäre man zugleich die finanzielle Verantwortung los. Die Option zur Rückkehr zur Drachme besteht für Griechenland ohne Zweifel. Ich halte diese Alternative aber persönlich für den schlechteren, weil ökonomisch teureren Weg. Ein Auseinanderbrechen der Eurozone würde eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise auslösen. Millionen Arbeitslose und explodierende Sozialkosten wären die Folge. Die Kosten würden ein Vielfaches dessen betragen, was uns der möglicherweise der drohende Ausfall an Garantien und Bürgschaften kosten würde, so zumindest viele der Ökonomen. Das möchte und werde ich nicht verantworten.

Wir machen uns die Entscheidungen im Parlament nicht leicht und ich bin für Anregungen von außen immer offen. Im Moment kann ich aber keine sinnvolle Alternative zu den bisherigen Rettungsmaßnahmen erkennen.

Am Ende Ihrer Eingabe schreiben Sie, dass man mehr Sorgfalt bei der Auswahl der Staaten hätte walten lassen sollen, die in die Eurozone aufgenommen wurden. Da gebe ich Ihnen uneingeschränkt Recht. Man hätte den Kandidaten für die Eurozone allemal etwas genauer in die Bücher schauen sollen, dann wäre man darauf gestoßen, dass eine Volkswirtschaft wie Griechenland (mit schwacher Leistungsbilanz und fehlenden funktionierenden Verwaltungsstrukturen) unter keinen Umständen Aufnahme in eine gemeinsame Währungs-Union hätte finden dürfen. Dieser Vorwurf geht aber nicht an die Union, denn die Aufnahme Griechenlands erfolgte zu Zeiten der rotgrünen Bundesregierung. Die Oppositionsfraktionen von CDU/CSU und FDP haben damals, am 7. Juni 2000, im Bundestag gegen die Aufnahme Griechenlands in die Währungszone gestimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Olav Gutting, MdB

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