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Frage von Fabian H. •

Frage an Niema Movassat von Fabian H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Movassat,

ich wähle dieses Jahr zum ersten Mal und bin dazu geneigt, meine Erststimme Ihnen zu geben. Bevor ich das tue, möchte ich aber ihre Meinung zum Thema "Drogenprohibition und Prävention" hören.
Meiner Meinung nach betrifft dieses Thema jeden Bürger in Deutschland und hat dadurch einen hohen Stellenwert für mich.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
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Lieber Fabian Handke,

es freut mich, dass Sie so konkret nachfragen. In der Tat ist das Thema Drogenpolitik weitreichender, als die meisten Menschen annehmen.
Es geht nicht nur um den Umgang mit Süchtigen in unserer Gesellschaft. Der so genannte Krieg gegen die Drogen tobt seit Mitte der siebziger Jahre überall auf der Welt, er hat Hundertausende Tote verursacht- und ist völlig gescheitert.

Dennoch möchte ich mit Ihrer Frage nach der Prävention beginnen:

Das Verbot von Pflanzen und Wirkstoffen führt nicht dazu, Menschen vor Gesundheitsschäden zu schützen. Im Gegenteil: der Schwarzmarkt ist am schlechtesten dazu geeignet, Verbraucherschutz zu realisieren. Es ist in der Realität doch so: Wer sich dazu entschlossen hat, etwa Marihuana oder Haschisch konsumieren zu wollen, wird ohne größere Probleme diese Substanzen erwerben können. Er wird sich auch durch ein bloßes Verbot, das noch nicht einmal plausibel begründet ist, nicht abhalten lassen. Auf dem Schwarzmarkt gibt es aber stark verunreinigte, teilweise mit extrem gesundheitsschädigenden Stoffen gestreckte Rauchwaren, deren Qualität niemand kontrollieren kann.

Das ist in den Niederlanden ja nun bekanntermaßen sehr anders geregelt. Hier kann man Cannabisprodukte ohne staatliche Repressionen und ohne mafiöse Strukturen finanzieren zu müssen in Coffeeshops erwerben und sowohl der Jungendschutz als auch die Qualitätskontrolle ist gegeben. (Trotz der legalen Abgabe gibt es dort übrigens nicht mehr Kiffer als bei uns.)

Aber auch bei anderen Drogen wirkt die Prohibition kontraproduktiv. Häufig sind die Zusatzstoffe in illegalisierten Drogen schädlicher, als die eigentliche Substanz selbst. Drugchecking-Angebote leisten z.B. in Österreich oder der Schweiz diesbezüglich gute Dienste. Hier können Partygäste bei mobilen Labors im Nachtleben ihre Drogen analysieren lassen- gekoppelt an Informationsangebote und Aufklärung über die Gefahren ihres Drogenkonsums.

So werden Menschen erreicht, die um solche Angebote normalerweise einen weiten Bogen machen und gefährliche Verunreinigungen in Partydrogen können rechtzeitig entdeckt werden. Man darf dabei nicht vergessen: Die Drogen werden auch ohne diese Angebote konsumiert - nur dass die negativen Konsequenzen für die Gesellschaft wesentlich größer sind.

Würde man nur einen Bruchteil der Kosten, die die Bundesrepublik in sinnlose Repressionsmaßnahmen gegen KonsumentInnen investiert, in Präventionsmaßnamen stecken, hätten wir gesamtgesellschaftlich einen wesentlich höheren Nutzen. Denn für Präventionsmaßnahmen fehlt es immer an Geld.
Besonders im Bereich des Alkoholmissbrauchs wäre hierzulande noch viel zu verbessern. Keine andere Drogen zerstört so viele Existenzen in unserer Gesellschaft und sorgt für so großes Elend. Jährlich sterben über 70.000 Menschen durch Alkoholkonsum!

Was die internationale Dimension des Krieges gegen die Drogen angeht:

Es gibt keine andere politische Strategie die so vollständig, offensichtlich und absolut gescheitert ist wie der völlig irrsinnige Plan, Drogenkonsum mit Krieg bekämpfen zu wollen. Die Auswirkungen haben ganze Gesellschaften an den Abgrund getrieben: Kolumbien in den Neunzigern, Mexiko und Mittelamerika heute, Afghanistan, Teile Westafrikas... immer wieder geraten ganze Staaten unter die Kontrolle der Drogenmafia. Nach Schätzungen der UN sind illegalisierte Drogen nach Erdöl und Waffen der drittgrößte Wirtschaftszweig der Welt!

Ein umfassendes Ende der Prohibition könnte diesen Wahnsinn beenden helfen. Und es gibt Hoffnung: Zahlreiche lateinamerikanische Staaten verweigern sich zunehmend dem Dogma, das ihren Ländern seit Jahrzehnten Mord und Totschlag gebracht hat. Uruguay etwa hat Cannabis als erster Staat weltweit vollständig legalisiert. Und erst vor wenigen Wochen hat die Obama-Regierung es den Bundestaaten überlassen, selbständig über eine Legalisierung von Cannabis zu entscheiden. D.h. es wird wohl bald sogar in einigen Bundesstaaten der USA zu einer Aufhebung des Verbots kommen!

Bedauerlicherweise sind die etablierten Parteien in Deutschland noch nicht so weit. DIE LINKE fordert aber eine umfassendes Ende der Prohibitionslogik.
Sie können es in unserem Wahlprogramm nachlesen:

http://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm/wahlprogramm/vdemokratischeteilhabefuereinedemokratieindereswaszuentscheidengibt/fuereinemodernedrogenpolitikkriminalisierungundausgrenzungentgegenwirken/

Ich hoffe, Sie für DIE LINKE. gewonnen zu haben und kann Ihnen garantieren, dass ich mich immer im Sinne meiner Ausführungen für eine andere Drogenpolitik einsetzen werde. Noch mehr hoffe ich, dass sich auch bei den VertreterInnen der anderen Parteien in der Drogenpolitik schnellstmöglich die Vernunft durchsetzen wird.

Beste Grüße

Niema Movassat