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Niels Annen
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Frage von Christian K. •

Frage an Niels Annen von Christian K. bezüglich Innere Sicherheit

Sehrt geehrter Herr Annen,

mich würde, aufgrund der momentan geführten Diskussion um die Verschärfung des Waffenrechtes, einmal Ihre Meinung zu diesem Thema interessieren.

-Haben Wir in Deutschland nicht eines der schärfsten Waffengesetze Europas und wieso setzt man dieses nicht erst mal vernünftig um bevor man, Wahlkampfgerecht, Verschärfungen fordert?

Wieso will man mit dem neuen Gesetz sogenannte „Jagdspiele“, wie Paintball und Laser-Dome, verbieten anstatt Großkalibrige Waffen aus Privathaushalten zu verbannen?

Für mich entsteht hier der Eindruck das die Anhänger sogenannter „Jagdspiele“ als Sündenbock herhalten müssen da es der Regierung nicht möglich ist oder Sie nicht willens ist gegen die Besitzer Großkalibriger Waffen vorzugehen.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Koritz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Koritz,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich möchte zu Beginn meiner Antwort uns allen noch einmal ins Gedächtnis rufen, warum wir zur Zeit wieder eine Debatte um Waffen, Waffensportarten, paramilitärisch anmutende Spiele und eine Verschärfung der waffenrechtlichen Vorschriften führen:

Am 11. März 2009 tötete ein 17-Jähriger in einer Schule im baden-württembergischen Winnenden mit einer halbautomatischen großkalibrigen Kurzwaffe fünfzehn Menschen und dann sich selbst. Er hatte – obwohl dies nicht so hätte sein dürfen – leichten Zugang zu der Waffe und war – was gegen kein Gesetz verstößt – trainierter Schießsportler, auch am Großkaliber.

Nun zu Ihren Fragen:

1. Verschärftes Waffenrecht

Ich bin überzeugt: Zur Verschärfung des Waffenrechtes gibt es keine Alternative. Der vorliegende Gesetzesentwurf setzt an vielen Stellen an. Es geht darum,

die Anzahl legaler und illegaler Waffen zu reduzieren,

den Umgang mit großkalibrigen Waffen einzuschränken,

die Verwahrung legaler Waffen besser zu sichern,

mit neuester Technik in Zukunft dafür zu sorgen, dass nur noch legale Besitzer die Waffe nutzen können,

die Recherche der Polizeibehörden nach Waffen und Waffenbesitzern wesentlich zu beschleunigen.

Gesetze können Gewalttaten nicht unbedingt verhindern. Aber verantwortliche Politik muss die Schwelle zum Verbrechen möglichst hoch setzen. Dies hat nichts mit einem „Generalverdacht“ gegen sämtliche legale Waffenbesitzer zu tun sondern damit, dass die Einhaltung bestimmter Vorgaben – beispielsweise zur Verwahrung der Waffen –

ohne behördliche Kontrolle im Einzelfall laxer ausfällt als unter dem Druck einer jederzeit möglichen Kontrolle. Kontrollen und Kontrolldruck können nicht jeden Regelverstoß verhindern, aber sie werden mit Sicherheit dazu beitragen, dass die Regeln besser eingehalten werden.

In diesem Zusammenhang haben wir intensiv ein Verbot großkalibriger Schusswaffen im Schießsport diskutiert. Aus meiner Sicht gibt es auch dazu keine Alternative. Hier hat der Bund Deutscher Kriminalbeamter hundertprozentig Recht: Waffen, die ausdrücklich für Kriegszwecke oder für Polizeiaufgaben entwickelt wurden, sind schlicht keine Sportwaffen. Immerhin kann man mit ihnen – laut Selbstbeschreibung einzelner Waffenhersteller – auch schon mal „wehrhaftes Großwild“ erlegen. Solche Waffen haben im Sportschießen und in Wohnzimmern schlicht nichts verloren. Wer es nicht glauben mag: Ein kurzer Blick auf die Eigenwerbung von z.B. Glock oder Beretta zu den Großkalibern ist hier sehr aufschlussreich. Regelmäßig gebrauchte Begriffe für die Einsatzmöglichkeiten von Großkaliberwaffen sind: Kriegseinsatz, Polizeieinsatz, Spezialeinheiten, Terrorabwehr.

Ich bin froh, dass nun wenigstens Jugendliche unter 18 Jahren vom Schießen mit großkalibrigen Waffen ausgeschlossen werden sollen. Damit wollen wir erreichen, dass Jugendlich sich nicht an den Umgang mit Waffen gewöhnen.

2. Spiel-Verbote

Das Verbot von Spielen wie Paintball ist ja nun erst einmal vom Tisch. Unabhängig von den rechtlichen Diskussionen muss ich Ihnen aber ehrlich sagen: Aus meiner Sicht geht es hier ganz klar um ein Spiel, das Töten oder Verletzen von Menschen simuliert. Die Schussvorrichtungen mögen Markierer heißen – im Aussehen ähneln sie fatal gängigen Gewehren. Und dass eigentlich fast jeder Paintball-Ausstatter Spielbekleidung in militärischer Tarnoptik im Angebot hat, kommt sicher auch nicht von ungefähr.

Die Art und Weise, wie sich die Mannschaften über das und auf dem Spielfeld bewegen, zeigt ebenfalls: Hier geht es um ein Szenario, bei dem die Tötung oder Verletzung von Mitspielern unter Einsatz von Schusswaffen oder diesen nachgebildeten Gegenständen simuliert wird. Der Selbstbeschreibung – z-B. auf der Homepage der Deutschen Paintball Liga – als „modernem, taktischem Mannschaftssport“ kann ich daher beim besten Willen nicht folgen.

Auch mit Indianer-und-Cowboyspielen vergangener Zeiten hat das nichts zu tun. Paintball kennzeichnet vielmehr das Bestreben, einer paramilitärischen Übung unter Einsatz von Tarnanzügen und realistisch anmutenden Schusswaffen möglichst nahezukommen. Auch hier gilt: Wer es nicht glauben mag, kann einfach mal ein Video der DPL im Netz. anklicken. Dass eines der Videos mit einem Schuss aus dem Off losgeht, beschwichtigt meine Bedenken nicht gerade.

Ich kann Ihnen heute keine abschließende Einschätzung mitteilen, ob ein Verbot hier die richtige Lösung ist. Aber ich finde es gelinde gesagt befremdlich, diese Diskussion unter einer Maßgabe führen zu sollen, die die quasimilitärischen Elemente dieser Sportart so gänzlich verleugnet. Dazu bin ich nicht bereit. Mich bestätigt diese Forderung vielmehr in der grundsätzlichen Überlegung: Wir brauchen dringend eine gesellschaftliche Auseinandersetzung rund um die Themen Gewalt und Gewaltdarstellung. Und über deren Folgen für unser Miteinander.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Standpunkt deutlich machen.

Mit freundlichen Grüßen,

Niels Annen

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