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Nicolette Kressl
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Frage von Henrik E. •

Frage an Nicolette Kressl von Henrik E. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Kressel,

zuersteinmal freue ich mich, dass Sie - im Gegensatz zu Ihrem Wahlkreiskollegen - den Mut haben, auch über diese Plattform kritische Fragen zu beantworten und somit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Meine Frage betrifft ACTA. Wie Sie sicher wissen, gilt das europäische ACTA Abkommen als schlimmere Version des amerikanischen SOPA/PIPA Gesetzes, wobei weit mehr Bürger- und Nutzerrechte eingeschränkt werden. Als Beispiel darf ich hier die Gängelung der Netzprovider durch die Rechteverwerter, umgangssprachlich "Content-Mafia" genannt, anführen.

Gemäß den Vorgaben von ACTA sollen zukünftig Zugangsprovider für die Inhalte der durch sie transportierten Datenpakete haften. Sollten Nutzer also illegale Inhalte wie "raubmordkopierte" Kinofilme oder Musikdownloads per E-Mail versenden oder auf einer Seite hoch- bzw. runterladen, sollen die Provider proaktiv in den Vorgang eingreifen. Dies ist durch die sogenannte Deep-Packet-Inspection technisch möglich. Verglichen mit der Offline-Welt würde dies folgendes Bild ergeben:
Sie zitieren in einem Brief ein Gedicht oder nehmen Bezug auf einen Presseartikel. Die Post ist nun verpflichtet, jeden einzelnen Brief und jedes Paket zu öffnen und den Inhalt zu überprüfen, ob denn evtl. Urheberrechtsverletzungen - die sie ja mit Ihrem Zitat begangen hätten - vorliegen. In dem Fall würde der Brief nicht zugestellt und der Rechteverwerter informiert, um Ihnen eine Abmahnung senden zu können. Dies ist nur ein Beispiel, zeigt aber, welche Folgen es haben könnte.

Das ACTA Abkommen beinhaltet jedoch noch weitere Regelungen, unter anderem auch zu Medikamenten-Generika. Selbst die angesehene NGO "Ärzte ohne Grenzen" stellt sich gegen ACTA.

Daher meine Frage an Sie:
Wie schätzen Sie persönlich ACTA ein, welche Stellung nehmen Sie zu den Vorwürfen gegen ACTA und wie werden Sie ggf. abstimmen?

Schon jetzt vielen Dank für die Antwort!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Eisele,

das ACTA-Abkommen gegen Produkt- und Markenpiraterie (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) wurde am 26. Januar durch Vertreter von 22 EU-Staaten und der Europäischen Kommission unterzeichnet. Erst wenn es - in einem nächsten Schritt - vom Europäischen Parlament ratifiziert wurde, werden die nationalen Parlamente über das Abkommen beraten, beschließen und gegebenenfalls entsprechende Umsetzungsgesetze auf den Weg bringen.

Richtig ist, dass es vermehrt kritische Stimmen gibt, die Sicherung der Gewinnerwartungen einzelner Unternehmen stünden nicht in einem ausgewogenen Verhältnis zu den durch das Abkommen grundsätzlich denkbaren und ermöglichten Verletzungen kommunikativer Grundfreiheiten der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger. Auch deshalb gibt es im Europäischen Parlament die Überlegung, das Abkommen durch den Europäischen Gerichtshof auf seine Vereinbarkeit mit der EU-Grundrechtcharta prüfen zu lassen.

Auf EU-Ebene stehen wir Sozialdemokraten unter anderem für folgende
zentrale Forderungen, auf die das Abkommen überprüft werden muss:
· Beibehaltung von geltendem EU-Recht und europäischen Standards
des Datenschutzes,
· Garantie des Rechts auf informelle Selbstbestimmung,
· transparente Arbeit des geplanten ACTA-Komitees,
· parlamentarische Kontrolle des geplanten Komitees und
· das Vermeiden von Interpretationsspielräumen.

Es ist an den Kolleginnen und Kollegen im Europäischen Parlament, den Text des Abkommens unter diesen Voraussetzungen zu untersuchen. Was mein eigenes Abstimmungsverhalten anbelangt, so kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage machen. Denn: Entscheidungen bedürfen stets einer konkreten Grundlage. Diese ist für mich erst gegeben, wenn das Abkommen im Europäischen Parlament ratifiziert wurde.

Da mir Offenheit und Transparenz sehr wichtig sind, können interessierte Bürgerinnen und Bürger auf meiner Homepage unter http://kressl.de/berlin/abstimmungen.php zu jeder Zeit nachlesen, wie ich im Deutschen Bundestag über Gesetzentwürfe oder Anträge abgestimmt habe.

Mit freundlichen Grüßen
Nicolette Kressl, MdB