Portrait von Monika Hohlmeier
Monika Hohlmeier
CSU
0 %
/ 22 Fragen beantwortet
Frage von Alfred H. •

Frage an Monika Hohlmeier von Alfred H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Hohlmeier,

warum unterstützen Sie als Mitglied einer christlichen Partei die Sanktionen gegen syrische Christen?
Unter dem Link https://www.change.org/p/eu-parlament-aufhebung-der-sanktionen-gegen-syrische-christen ist eine Petition zu finden, die die Forderung der Aufhebung der Sanktionen gegen syrische Christen aufgreift.

"In diesen 5 Jahren haben die Sanktionen gegen Syrien dazu beigetragen, die syrische Gesellschaft zu zerstören: Sie lieferten sie dem Hunger, Epidemien und Elend aus und arbeiten somit den Milizen von Integralisten und Terroristen, die heute auch in Europa zuschlagen, in die Hand. Die Sanktionen vergrößern die Schäden durch den Krieg, der bereits zu 250.000 Toten, 6 Millionen Vertriebenen und 4 Millionen Flüchtlingen geführt hat. Die Situation im Syrien-Konflikt ist verzweifelt: Es fehlt an Lebensmitteln, es herrscht eine allgemeine Arbeitslosigkeit, medizinische Behandlungen sind unmöglich geworden, Trinkwasser und Strom sind rationiert. Dazu kommt, dass das Embargo die Syrer, die sich bereits vor dem Krieg im Ausland niedergelassen haben, daran hindert, ihren Verwandten und Familienangehörigen im Heimatland Geld zu überweisen. Selbst Nichtregierungsorganisationen, die Hilfsprogramme durchführen möchten, können ihren Mitarbeitern in Syrien kein Geld schicken. Firmen, Stromwerke, Wasserwerke, und Krankenhäuser sind gezwungen, zu schließen, weil sie keine Ersatzteile und kein Benzin bekommen können."

Unter den Unterzeichnern des Offenen Briefes an die EU sind Erzbischöfe und ein Patriarch, z.B. Georges Abou Khazen, Apostolischer Vikar von Aleppo .

Portrait von Monika Hohlmeier
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 26.01.2017.

Sie erwähnen in Ihrer Frage eine Online-Petition syrischer Würdenträger und zitieren vor allem einen Absatz aus dieser Petition, in welchem davon die Rede ist, dass die Sanktionen der internationalen Gemeinschaft in den letzten 5 Jahren die syrische Gesellschaft zerstört hätten. Dazu möchte ich eines noch einmal in Erinnerung rufen: Die derzeitige Situation in Syrien ist eine der komplexesten humanitären Krisen der Welt, die in einem Bürgerkrieg zwischen dem syrischen Machthaber Assad und oppositionellen Aufständischen ihren Anfang nahm und in dessen Verlauf Syrien irgendwann zu einem idealen Nährboden für die fanatischen Irren des Islamischen Staates wurde. Bei allem nötigen Respekt - die von Ihnen zitierte Aussage, nach welcher Sanktionen die syrische Gesellschaft zerstört haben, ist daher blanker Hohn gegenüber den Angehörigen und den vielen Opfern selbst, die der brutale Bürgerkrieg und die Schlächter des ISIS bis jetzt gefordert haben. Nicht den Sanktionen der internationalen Gemeinschaft, sondern diesen Parteien ist die Zerstörung der syrischen Staates zuzuschreiben. Erschwerend kommt hinzu, dass der syrische Bürgerkrieg sich mittlerweile zu einer Gemengelage verschiedener lokaler, regionaler und internationaler Interessen entwickelt hat und die direkte, zum Teil militärische, Einmischung zahlreicher Akteure ein geschlossenes internationales Vorgehen im Syrien-Konflikt erschwert.

Sanktionen sind ein wichtiges Verhandlungsinstrument um auf internationaler Ebene gegen Gewalt und Menschenrechtsverletzungen vorzugehen. Neben der Europäischen Union (dessen Sanktionen immer auf Grundlage des Artikels 215 Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union fußen) haben auch die USA, die Arabische Liga sowie die Türkei Sanktionen gegen das syrische Regime erlassen. Europa kommt dabei jedoch eine besondere Rolle zu, da die Union vor Ausbruch des Bürgerkrieges mit etwa 30 Prozent Anteil am Außenhandelsvolumen einer der wichtigsten Handelspartner Syriens war. Erklärtes Ziel der europäischen Maßnahmen ist die Eindämmung der Gewalt gegen die syrische Bevölkerung. Die genaue Liste der verschiedenen embargorechtlichen Bestimmungen, die seit dem 9. Mai 2011 erlassen, über die Zeit mehrfach erweitert und angepasst wurden, können Sie unter folgendem Link ab Seite 60 abrufen: http://eeas.europa.eu/archives/docs/cfsp/sanctions/docs/measures_en.pdf . Hierbei handelt es sich beispielsweise um Importsperren für Waffen oder für andere Güter, die zur internen Repression benutzt werden können oder um die Beendigung jeglicher finanzieller Zusammenarbeit mit der syrischen Regierung, seien es gemeinsam finanzierte Projekte in der Region oder Kreditvergaben der Europäische Investitionsbank an die syrischen Regierung gewesen. Darüber hinaus wurde beispielsweise ein Bezahlungs- und Belieferungsverbot gegen bestimmte Personen verhängt, deren Bankkonten eingefroren wurden und es wurde eine verstärkte Frachtkontrolle eingeführt. Hier richten sich die Sanktionen allerdings lediglich gegen hohe syrische Amtsträger, wie beispielsweise Führungspersönlichkeiten des Geheimdienstes oder hochrangige Politiker, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, sowie gegen Unternehmen im Erdölbereich und Banken. Diese Maßnahmen sollen zum einen dazu beitragen, den islamischen Staat zu schwächen, der sich unter anderem durch den Verkauf von Erdöl sowie den illegalen Export von Kulturgütern finanziert. Ein weiteres Ziel ist die Begrenzung des finanziellen Handlungsspielraums des Assad-Regimes. Von „Sanktionen gegen syrische Christen“, wie Sie es beschreiben, kann daher keine Rede sein. Stattdessen handelt es sich um gezielte restriktive Maßnahmen, mit denen die Europäische Union versucht, zur Entspannung der humanitären Krise beizutragen.

Neben den Embargoverordnungen muss natürlich auch in humanitärer Hinsicht alles in unserer Macht Stehende getan werden, damit die Versorgung nicht nur der notleidenden Bevölkerung in Syrien, sondern auch der syrischen Flüchtlinge in den Anrainerstaaten sichergestellt werden kann. Die Europäische Union und die Mitgliedsstaaten haben daher seit Beginn des Konflikts im Jahr 2011 über neun Milliarden Euro für humanitäre Zwecke sowie für Stabilisierung und Entwicklung eingesetzt und sind damit in humanitärer Hinsicht die führenden Geldgeber. Von den neun Milliarden ging eine knappe Milliarde in direkte humanitäre Hilfe wie Essen, Trinkwasser oder Medizin direkt vor Ort. Eine genaue Aufstellung, wo diese Mittel herkommen, können Sie unter folgendem Link nachlesen: https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/neighbourhood/countries/syria_en . Die zweite Säule der EU-Hilfen umfassen Projekte für unter anderem Bildung und Wiederaufbau in Syrien. Eine Liste der Projekte, die von den Mitgliedsstaaten, aus dem Europäischen Nachbarschaftsinstrument und dem Instrument für Sicherheit und Frieden finanziert werden, finden Sie hier, zusammen mit einer genauen Beschreibung des Projekts, des finanziellen Beitrags plus der zivilgesellschaftlichen Organisation oder Nichtregierungsorganisation, die das Projekt vor Ort durchführt: https://eeas.europa.eu/delegations/syria/593/eu-funded-projects-syria_en . Zu guter Letzt gibt es dann noch die Hilfen für Flüchtlinge in den Anrainerstaaten wie der Türkei, Jordanien oder den Libanon. Der sogenannte MADAD-Fonds umfasst insgesamt ein Volumen von einer Milliarde Euro, die den Flüchtlingen in Form von Projekten zur eigenen Ausbildung, zur Integration oder zur Verbesserung der Infrastruktur in Flüchtlingslagern zugutekommen. Genauere Informationen zum MADAD-Fonds und eine genaue Beschreibung der einzelnen Projekte können Sie hier nachlesen: https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/neighbourhood/countries/syria/madad_en . Dazu kommen drei Milliarden Euro, die durch das EU und die Mitgliedsstaaten im Rahmen der Flüchtlingsfazilität für die Türkei den Flüchtlingen in Flüchtlingslagern in der Türkei zugutekommen und durch deren Hilfe ein bedeutender Beitrag vor Ort geleistet werden kann: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-3268_de.htm .

In der Hoffnung, Ihnen mit dieser Auskunft weitergeholfen zu haben,

verbleibe ich mit den besten Grüßen

Monika Hohlmeier

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Monika Hohlmeier
Monika Hohlmeier
CSU