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Monika Hohlmeier
CSU
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Frage von Heinrich W. •

Frage an Monika Hohlmeier von Heinrich W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag,

Sie haben zu der Petition "Verpflichtet Supermärkte ihre unverkauften Lebensmittel zu spenden" leider keine Stellung genommen. Kümmert Sie das Thema nicht, oder was sonst hält Sie von einer Stellungnahme ab? Auf Ihre Antwort freut sich:

H. W.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr W.,

für Ihre Anfrage bezüglich einer EU-weiten gesetzlichen Verpflichtung zur Spende von noch verwendbaren Lebensmitteln von Supermärkten an gemeinnützige Initiativen bedanke ich mich herzlich und darf Ihnen gerne antworten.

Natürlich ist auch für mich und meine Kollegen das Thema sehr wichtig. Es darf nicht sein, dass viele Nahrungsmittel in der Mülltonne landen, obwohl sie noch gut für den Verzehr ge-eignet wären. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat eine Studie in Auftrag gegeben die ergab, dass allein in Deutschland jährlich ca. 11 Millionen Tonnen ei-gentlich noch verwendbarer Lebensmittel entsorgt werden. Pro Jahr wirft jeder von uns ca. 81,6 Kilogramm weg. Das ist ohne Frage eindeutig zu viel. Der Handlungsbedarf ist offen-sichtlich, aber dennoch spreche ich mich gegen eine EU-weite gesetzliche Pflicht für Super-märkte, ihre Lebensmittel zu spenden, aus. Die Europäische Union muss sich sorgfältig über-legen, im welchen Bereichen sie gesetzgeberisch tätig wird. Ich glaube, dass wir uns in die-sem Bereich zurückhalten sollten. Meine Gründe darf ich Ihnen im Folgenden nennen:

Der erste und wichtigste Grund für meine Position ist die Stellungnahme der Tafeln in Deutschland. Ebendiese gemeinnützigen Organisationen die von einem solchen Gesetz profi-tieren sollen und die sich schon seit Jahrzehnten gegen die Lebensmittelverschwendung en-gagieren, sprachen sich in Deutschland gegen eine gesetzliche Pflicht aus. Die Tafel teilt hingegen selbst mit, dass sie bereits seit Jahren eng mit den Supermärkten zusammenarbei-te und dass es in Deutschland längst Gang und Gäbe sei, überflüssige und qualitativ ein-wandfreie Lebensmittel an Bedürftige weiterzugeben. Das Prinzip basiert auf freiwilliger Zusammenarbeit und hat sich absolut bewährt hat.

Ein weiterer Grund für meine Ablehnung einer gesetzlichen Pflicht der Spende abgelaufener Lebensmittel ist rechtlichen Ursprungs. Laut § 10 Absatz 1 der Lebensmittelkennzeichnungs-verordnung (LMKV) macht sich nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch straf-bar, wer Lebensmittel gewerbsmäßig in den Verkehr bringt, deren Verbrauchsdatum abge-laufen ist oder, wer Kennzeichnungspflichten hinsichtlich Fertigwaren missachtet. Der Grund für die Strafbarkeit in diesen Fällen, ist ganz einfach der, dass der Verzehr gesundheits-schädlich sein kann. Als „gewerblich in den Verkehr bringen“ kann bereits das Verschenken von Ware durch einen Supermarkt interpretiert werden, für den diese Handlung mit Sicher-heit eine Werbe-Aktion darstellt. Das Verbrauchsdatum nach § 7 LMKV ist bei solchen Le-bensmitteln anstelle des Mindesthaltbarkeitsdatums anzugeben, die aus mikrobiologischer Sicht leicht verderblich sind (z.B. Fleisch, Fisch, Milch). Ordnungswidrig handelt, wer ent-sprechende Produkte fahrlässig in den Verkehr bringt (§ 10 Absatz 2 LMKV).

Im Gegenzug dazu ist es richtig, dass ein abgelaufenes Mindesthaltbarkeitsdatum nicht au-tomatisch dazu führt, dass die Ware nicht mehr genießbar ist. Das Mindesthaltbarkeitsda-tum dient lediglich einer „Garantieerklärung“ des Herstellers, dass die Produkteigenschaf-ten, wie z.B. Geschmack und Konsistenz des Lebensmittels, unter angemessenen Aufbewah-rungsbedingungen bis zum Datum vorliegen (§ 7 LMKV). Will der Händler die Ware jedoch weiterhin gewerblich zum Einsatz bringen, sprich verkaufen oder zu Promotions-Zwecken verschenken, ist er dazu verpflichtet, zu kontrollieren, ob die Ware noch einwandfrei ist. Zwar macht sich der Händler als Schenker, wenn er den Kunden beziehungsweise Beschenk-ten auf den Ablauf der Mindesthaltbarkeitsperiode aufmerksam macht, nach § 521 Bürger-liches Gesetzbuch (BGB) nur für vorsätzliches Handeln oder grobe Fahrlässigkeit haftbar, er begibt sich mit diesem Vorgehen jedoch auf rechtlich dünnes Eis. Wenn die Ware außerdem bei Schenkung des Händlers an die Tafel noch genießbar ist, so kann es bei der Weitergabe durch die Tafel schon wieder ganz anders aussehen. In diesem Fall ist unklar, wer die recht-liche Verantwortung für die ausdrücklich verbotene Weitergabe („in den Verkehr bringen“) verdorbener und gesundheitsschädlicher Ware trägt.

Ich persönlich jedenfalls vertraue in dieser Frage auf das Urteil derer, die tagtäglich mit der Materie zu tun haben und setze auf den freiwilligen und gut funktionierenden Ansatz der Supermärkte und der Tafel. Im Rahmen meiner Arbeit in der Marianne Strauß Stiftung durfte ich selbst viele enga-gierte Mitbürgerinnen und Mitbürger kennen lernen, die diese wichtige Arbeit leisten. Trotz meiner Zurückhaltung bei der Einführung einer EU-Pflicht zur Lebensmittelspende durch Su-permärkte bin ich fest der Meinung, dass wir gegen Lebensmittelverschwendung in Europa ankämpfen sollten. Der Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) im Europäischen Parlament beschäftigt sich derzeit mit einem Initiativbericht zu die-ser Frage. Mein Kollege und Sprecher der EVP-Fraktion im ENVI-Ausschuss, Dr. Peter Liese, hat mir versichert, dass er im Rahmen des Berichts an allen Stellen der Nahrungsmittelkette ansetzen wird, das heißt sowohl beim Endverbraucher als auch beim Hersteller und beim Lebensmitteleinzelhandel. Wir hoffen, dass aus der Initiative des Parlaments ein Gesetzes-vorschlag der Europäischen Kommission folgen kann, der tatsächlich positive Auswirkungen erzeugen und die Lebensmittelverschwendung in Europa verringern kann.

Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt nachvollziehbar darlegen konnte und danke Ihnen vielmals für Ihren Einsatz in dieser sehr wichtigen Frage.

Selbstverständlich stehe ich Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Monika Hohlmeier

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