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Frage von Peter S. •

Frage an Monika Herz von Peter S. bezüglich Finanzen

Sehr verehrte Frau Herz,

mir ist immer noch nicht klar, wo die vielen Milliarden Euro herkommen, mit denen Wirtschaft und das Bankwesen unterstützt wird. Von den Banken selbst kann es ja wohl nicht kommen.
Kennen Sie eine plausible Antwort?

mit freundlichen Grüssen
Peter Scholz

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Lieber Herr Scholz,

vielen herzlichen Dank für diese tiefgehende Frage. Sie rühren damit an ein Tabuthema. Es ist 10 h morgens und die Schuldenuhr vom Bund der Steuerzahler zeigt 1.612 944 204 526 Euro
( http://www.steuerzahler.de/webcom/show_softlink.php/_c-33/i.html ).

Wenn der Staat Schulden machen muss, weil er die erforderlichen Maßnahmen nicht aus dem normalen Staatshaushalt abdecken kann, dann kann er nicht einfach Geld drucken. Dieses Privileg ist der Notenbank vorbehalten. Lt. ZDF leiht der Staat zu 97 % Geld bei Banken und Investmentfonds und zu 3 % bei uns Bürgern über Bundesschatzbriefe.

Demnach leiht sich der Staat das Geld, das er zur Rettung der Banken verwendet, bei den Banken selbst und zahlt es dann mit Zinsen zurück. Das heißt nach den Gesetzen der Logik, die Banken verdienen gut daran, dass sie gerettet werden müssen. Ist das nicht eine clevere Geschäftsidee!

Wie geht das?
Ich hab das mal vom Prinzip her so gelernt: Jemand stellt eine Kreditanfrage an die Bank. Die Bank sagt: Ja, du bist vertrauenswürdig. Ich möchte dir gerne einen Kredit geben. Die Bank schaut nach und sieht: Oh verdammt, ich bin ja selber pleite. Daraufhin geht sie zur Landesbank und sagt: Ich bräuchte da einen Kredit. Die Landesbank sagt: Ja gerne. Schaut nach und sieht: Huch, ich hab ja selber gar kein Geld mehr! Daraufhin geht sie zur Bundesbank und hält die Hand auf. Die Bundesbank lässt von der Europäischen Zentralbank Geld drucken und gibt es der Landesbank. Diese reicht es weiter an die Hausbank. Und die reicht es weiter an den ursprünglichen Kreditanfrager.

Im Prinzip läuft es mit den Staatsschulden ähnlich, nur dass der Staat wohl nicht in den unteren Banketagen das Geld leihen wird, sondern eher auf einer höheren Etage. Wie genau die Geldschöpfung vonstatten geht, darüber werden wir allerdings nicht informiert.

Der Staat, also wir, gilt natürlich als absolut vertrauenswürdiger Kreditnehmer. Es gibt ja die ca. 80 Millionen Bürger, die als Bürgen für die Zinszahlungen geradestehen.

Es heißt, dass der Staat noch nie Schulden zurückgezahlt hat. Wenn Rückzahlungen fällig werden, springt gerne immer eine Bank ein, um die Schulden zu „kaufen“. Wir zahlen „nur“ die Zinsen. Diese betrugen im Jahr 2007 40 Milliarden 500 Millionen. Allein die Verwaltungskosten für diesen Zinsetat betrugen 68 Millionen. (Quelle: http://www.bundesfinanzministerium.de/bundeshaushalt2007/html/vsp2i-e.html ). Das ist der zweitgrößte Posten im Staatshaushalt.

Wenn Sie sich tiefer mit dem Thema Zinssystem, Geldschöpfung und Spekulation und tiefere Ursachen der Weltfinanzkrise informieren möchten, empfehle ich Ihnen hier ein Interview mit Bernd Senf. http://www.berndsenf.de/pdf/Interview%20Humanwirtschaft.pdf
Es ist nun 10.38. Wenn ich die Zahl aufschreiben will, die auf der Zinsenuhr steht, krieg ich ein Problem. Die Zahl bewegt sich so schnell, dass ich nicht recht mitkomme mit dem Schreiben. Pro Sekunde werden es 4.439 Euro mehr. Pro Sekunde! Aber nicht etwa, weil wir begonnen hätten, unsere Schulden zurückzuzahlen, sondern weil der Zins die Summe ständig in die Höhe treibt. In 10 Sekunden sind das 44. 390 Euro. In 20 Sekunden 88.780 Euro. Alle 20 Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Mangel. Wenn wir aufhören würden, Zinsen für die Staatsverschuldung zu bezahlen, könnten wir stattdessen alle 20 Sekunden jenen Kindern 88.780 Euro zur Behebung des Mangels zur Verfügung stellen. Wie finden Sie das?

Es ist 10.44. Die Zinsuhr sagt: 1.612.950.120. In der Zeit, in der ich Ihre Frage beantwortet habe, hätten wir mehr als 6 Millionen Euro für sinnvollere Aufgaben verwenden können! Nochmals vielen Dank für Ihre Frage!

Ihre Monika Herz