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Michael Hennrich
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Frage von Gerda M. •

Frage an Michael Hennrich von Gerda M. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Hennrich,

im Jahr 2008 wurden über 32000 Kinder ihren Eltern entzogen. http://www.systemagazin.de/nachrichten/090701_in_obhutnahmen_2008.php
Die Inobhutnahme von Kindern durch die Jugendämter soll lt. Gesetzestext nur vorläufig oder vorübergehend sein.
Tatsächlich ist die Theorie der Gesetzesvorgaben und die Praxis der Inobhutnahme oder Herausnahme Minderjähriger aus ihrer Familie selten deckungsgleich. Vorurteile genügen (auch vor dem Familiengericht) um Kinder über Jahre ihren Familien vorzuenthalten, wenn sie denn überhaupt zurück gegeben werden. Eltern haben oft genug Null Chance vor Gericht überhaupt gehört zu werden.
http://www.kindesraub.de/index.php?menuid=1

Warum unterstehen die Jugendämter mit ihrer Machtfülle keiner unabhängigen und wirksamen Rechts- und Fachaufsicht durch ein unabhängiges Fachgremium?
http://www.problemamt.de/attachments/135_EUParlamentPetAus.pdf
Welche Rehabilitationsmassnahmen werden vom Kindesentzug betroffenen Familien angeboten?
Familiengerichte halten sich in ihren Entscheiden meistens an die Vorgaben der Jugendämter. Frage: Zum Wesensmerkmal einer Demokratie gehört die Gewaltentrennung.
Wo bleibt diese, wenn die Exekutive (Verwaltung) der Judikative (Rechtssprechung) die Richtung vorgibt?
Mit freundlichen Grüssen und bestem Dank für Ihre Beantwortung meiner Fragen
Gerda Munz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Munz,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Familie.
Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass die Zahlen zum Sorgerechtsentzug bzw. der Inobhutnahme von Kindern alarmierend sind. "Fehltritte" des Jugendamtes oder Gerichts belasten das betroffene Kind nachhaltig und dauerhaft - wir müssen also bereits im Vorfeld versuchen, diese nach Kräften auszuschließen.

Dass in Deutschland die Jugendämter mit Eltern und Gerichten Hand in Hand arbeiten, halte ich dabei für ein gutes und bewährtes System, das die Rechte der Kinder und Eltern umfassend wahrt.

Sorgerecht bedeutet das Recht und die Pflicht der Eltern, für das persönliche Wohl ihres Kindes und sein Vermögen zu sorgen und es gesetzlich zu vertreten. Das Sorgerecht kann den Eltern dann entzogen werden, wenn sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Da sich ein Kind regelmäßig nicht wie ein Erwachsener artikulieren oder zu wehren vermag, steht ihm das Jugendamt in solchen Situationen zur Seite und handelt sozusagen als dessen Vertreter. Das Jugendamt darf bzw. muss sogar unter bestimmten Voraussetzungen die sogenannte Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen durchführen. Beispielsweise, wenn das Kind oder der Jugendliche selbst darum bittet, in Obhut genommen zu werden oder wenn eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen dies erfordert.
Die Entscheidung des Amtes bestimmt sich jedoch - entgegen Ihrer Befürchtung - nach strengen gesetzlichen Regelungen, die sich unter anderem im 8. Sozialgesetzbuch finden. Bereits hier wird wirksam versucht, keinen Spielraum für Willkür zu lassen.

Dabei unterliegt das Jugendamt als kommunale Behörde auch durchaus der Aufsicht durch andere Behörden. Neben der gerichtlichen Überprüfung, denen die Entscheidungen des Jugendamtes grundsätzlich und immer unterliegen, übt in Baden-Württemberg das Innenministerium die Rechtsaufsicht aus.
Darüber hinaus unterliegt jede Entscheidung der Mitarbeiter der Dienstaufsicht, also der fachliche Kontrolle der Handlungen und Art und Weise der Ausübung des Dienstes.
Durch diese Kontrollelemente können wir sicherstellen, dass pure Willkür, wie Sie sie befürchten, und damit ein Verhalten zulasten des Kindes ausgeschlossen sind.

Ich möchte noch kurz auf Ihr Argument zur fehlenden Gewaltenteilung eingehen.
Hierzu sollten Sie wissen, dass das Jugendamt das Vormundschaftsgericht und das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die das Sorgerecht und das Umgangsrecht für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen, unterstützt. So verlangt es das Gesetz. Hintergrund dieses Beteiligungsrechtes ist, dass der Gesetzgeber - und ich finde, dass ist ein sehr guter Ansatz - dem Gericht jemanden zur Seite stellen wollte, der weder als Familienmitglied direkt emotional involviert, noch als Dritter völlig "außen vor" ist. Denn wenn es um das Kindeswohl geht halte ich es für essentiell, dass jemand ohne familiäre Bindung, aber in guter Kenntnis des Kindes und dessen Lebensumständen, das Wohlergehen des Kindes begutachtet.
Und dass kann ein Richter, dem das Kind regelmäßig nur aus der Akte bekannt ist, nicht.

Trotzdem ist das Gericht ist in seiner Entscheidung völlig unabhängig und muss allein zum Wohl des Kindes entscheiden.
Ich vermag nicht beurteilen, wie oft ein Richter von der Empfehlung des Jugendamtmitarbeiters abweicht bzw. ihr folgt. Jedoch sehe ich keine Schwierigkeit darin, sich auf einen sachkundigen Sozialarbeiter zu verlassen. Auf Gutachter ist das Gericht nämlich immer angewiesen - sei es im Familien-, im Bau- oder im Kaufrecht. Denn bei der Vielzahl von Fällen, die ein Richter tagtäglich vor Gericht entscheidet, kann er unmöglich in allen Lebensbereichen als Experte fungieren - er muss sich daher denknotwendig Hilfe holen.

Liebe Frau Munz, ich verstehe Ihre Sorge. Und dass bei einer Vielzahl von Fällen trotz bester Intention zulasten des Kindes entschieden wird, kann ich - leider - nicht ausschließen.
Trotzdem möchte ich Ihnen zu bedenken geben, dass die Jugendämter vor einer schweren Aufgabe stehen und es kaum jemanden Recht machen können. Denn einerseits wird der Anspruch an das Jugendamt herangetragen, dass es Ausfallbürge für Versorgungsdefizite der Gesellschaft sein soll, andererseits wird es aber gerne als Projektionsfläche genau dafür genutzt. Denken Sie bitte auch daran, wie oft unsere Jugendämter kritisch in der Öffentlichkeit standen, weil sie zu spät eingeschritten sind. Hier möchte ich exemplarisch die Fälle Kevin aus Bremen und Lea-Sophie aus Schwerin erinnern. Das richtige Maß zu finden, ist hier sehr schwierig.

Ich denke, dass unsere Jugendämter, aber auch Gerichte, ihre Aufgabe nach besten Kräften meistern. Zweifelsohne haben Sie Recht, dass unser System nicht fehlerfrei ist. Anstatt hier aber beispielsweise eine verschärfte Hierarchie oder weitere bürokratische Schritte für Sozialarbeiter einzuführen, sollte unsere Gesellschaft an sich arbeiten und wieder lernen, auf den Mitbürger - und dazu gehören gerade auch Kinder, Ältere und Kranke - zu achten.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Hennrich