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Michael Frieser
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Frage von Sami A. •

Frage an Michael Frieser von Sami A. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Frieser,

ich mußte in den vergangenen Jahren leidliche Erfahrungen an bayerischen Gerichten (OLG Nürnberg und FG Amberg) sammeln. Da Sie Abgeordneter eines bayerischen Wahlkreises sind, interessiert mich Ihre Haltung zu zwei familienrechtlichen Themen besonders.

1. Strafbarkeit von Umgangsboykott
In Frankreich wird Umgangsboykott strafrechtlich verfolgt (Code Pénal Article 227-5). In Deutschland hingegen, kann man mit § 1684 (2) BGB als Grundlage nur zivilrechtlich dagegen angehen. Im Unterschied zu einem strafrechtlichen Paragraphen ist also eine Verurteilung bei Verstoß unwahrscheinlicher, was die abschreckende Wirkung des Paragraphen erheblich abschwächt. Meiner Meinung nach ist dies ein Indikator dafür, daß in diesem Aspekt die Beziehung des Kindes zu seinen Eltern vom französischen Staat als schützenswerter angesehen wird, als es der deutsche Staat tut.
Wie stehen Sie zu einer Einführung eines solchen strafgesetzlichen Paragraphen? Würden Sie selber einen solchen Gesetzesantrag vorbringen?

2. Automatische geteilte Sorge ab Geburt für unverheiratete Paare
Die Sorgerechtsregelung bei unverheirateten Paaren ist für Männer sehr nachteilhaft. Männer sind in der Regel vom Wohlwollen der Mutter abhängig, ohne Einverständnis der Mutter ist die Erlangung der geteilten Sorge in der Realität nicht möglich. Ich sehe darin weder die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verwirklicht (Art. 3 (2) GG), noch sehe ich darin, daß andere Modelle des Zusammenlebens respektiert werden. Dabei ist es ausdrücklich im Koalitionsvertrag festgehalten, daß kein Familienmodell vorgeschrieben wird (siehe Seite 19 des Koalitionsvertrags).
Welch enorme Auswirkung diese gesetzliche Schieflage hat, wird durch den bekannten und skandalösen Fall Görgülü deutlich.
Darüberhinaus ist in Frankreich die gemeinsame Sorge ab Geburt bereits jetzt Realität.
Wie stehen Sie zur geteilten Sorge ab Geburt des Kindes bei unverheirateten Paaren?

Mit freundlichen Grüßen,

S. A.

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Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

In beiden Fragen ist für mich der Aspekt des Kindeswohls zentral.

Sowohl das Sorge- als auch das Umgangsrecht wurden 2013 reformiert und die Rechte der leiblichen Väter gestärkt.
Während Väter vor der Reform keine Möglichkeit hatten, gegen den Willen der Mutter das Sorgerecht zu erhalten, können Väter seither auch gegen den Willen der Mutter die Mitsorge erlangen. Nach dem Leitbild des Reformgesetzes sollen nämlich grundsätzlich beide Eltern die Sorge gemeinsam tragen, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht.

Im Streitfall ist der Weg über das Familiengericht zu wählen. Aufgrund der Neuregelung kann der Vater die gemeinsame Sorge in einem beschleunigten und ggf. vereinfachten Verfahren vor dem Familiengericht erlangen. Auch eine alleinige Übertragung auf den Vater ist möglich. Zentral bleibt dabei die Frage des Kindeswohls.
Unberührt davon ist dies meiner Meinung nach gleichzeitig ein Appel an alle nicht miteinander verheirateten Eltern, verstärkt über die einvernehmliche gemeinsame Sorge nachzudenken.

Auch im Falle des Umgangsrechts steht das Kindeswohl im Mittelpunkt.
Die Reform stellt eine deutliche Verbesserung dar und lässt eine einfache Verweigerung der rechtlichen Eltern gegenüber dem leiblichen Vater nicht mehr zu. Entscheidend ist nunmehr, ob der leibliche Vater ein ernsthaftes Interesse an seinem Kind gezeigt hat und ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Kindeswohl dient.
Sollte es dennoch zu Streitigkeiten kommen und der Umgang verwehrt werden, ist gleichwohl nach wie vor das Zivilrecht der richtige Ort zur Rechtsdurchsetzung.
Abgesehen davon, dass das entsprechende Rechtsgebiet weder Auskunft über die Wertzuschreibung seitens des Staates noch über den Verlauf des Prozesses gibt, könnte eine Beurteilung nach Strafrecht zu nicht intendierten und dem Kindeswohl diametral entgegenstehenden Folgen führen. Weder für die notwendige Sicherheit und Stabilität der sozialen Familie des Kindes noch für das Kindeswohl als solches kann eine etwaige Freiheitsstrafe sachgerecht oder zielführend sein. Sie erkennen bereits an der Formulierung des § 1684 Abs. 1 BGB, dass es dem Gesetzgeber primär um das Wohl des Kindes geht, denn das "Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt."

Ich hoffe, dass ich Ihnen meine Position verständlich machen konnte und wünsche Ihnen im Hinblick auf die von Ihnen geschilderten Verfahren, dass Sie im Einvernehmen mit der Kindesmutter zum Wohle des oder der Kinder eine Lösung finden können.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Frieser

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