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Frage von Daniel B. •

Frage an Matthias Heider von Daniel B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Doktor Heider !

Ist es richtig, daß sich in dem für die laufende Legislaturperiode durch CDU/CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag folgender Passus befindet ?

„Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“

Sollte dies so sein, läge hier möglicherweise ein Verstoß gegen das Grundgesetz vor, welches in Artikel 38 klar vorgibt :

„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Ich möchte Sie bitte, mir den o.a. Passus des Koalitionsvertrags zu erläutern !

Vielen Dank vorab !

Mit freundlichem Gruß

D. B.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 05. März, in der Sie auf die Freiheit des Mandates eingehen.

Der von Ihnen genannte Passus befindet sich im Koalitionsvertrag in Zeile 8297-8299 bei dem Unterpunkt „Kooperation der Fraktionen“. Ich kann verstehen, dass Sie sich die Frage stellen, ob eine solche Vereinbarung zum gemeinsam Abstimmen der Koalitionspartner verfassungsgemäß sein kann.
Richtigerweise führen Sie Art. 38 I 2 des Grundgesetzes an, der die Freiheit des Abgeordnetenmandates gewährleistet. Demnach ist jeder Abgeordneter in seiner Entscheidung frei – nicht nur, wie häufig behauptet, in Gewissensfragen.
Eine ebenso wichtige Bedeutung hat auch die Funktionsfähigkeit des Bundestages. Damit ist vor allem die Gewährleistung der Entscheidungsfähigkeit des Bundestages als Gesetzgebungsorgan gemeint.
Diese beiden Interessen bedingen sich jedoch gegenseitig und können schnell miteinander kollidieren. So z.B., wenn bei jeder Abstimmung innerhalb der Fraktionen willkürlich abgestimmt wird, also keine mehrheitliche Meinung erkennbar ist. Da beide Interessen eine hohe Bedeutung haben, ist eine Abstimmung notwendig, um beide aufrechterhalten zu können.
Die Geschlossenheit der Fraktionen trägt dazu bei, die Funktionsfähigkeit des Parlamentes zu gewährleisten. Ob der einzelne Abgeordnete sich dem Ergebnis dem Meinungsbildungsprozess innerhalb seiner Fraktion anschließt, ist ihm durch die Freiheit seines Mandates selbst überlassen.
Auch ich selbst habe mich bisher nicht immer der mehrheitlichen Meinung meiner Fraktion angeschlossen. So habe ich z.B. im Jahr 2015 gegen das dritte Hilfspaket für Griechenland gestimmt, während die Mehrheit in der Fraktion dem zugestimmt hat.
Die Arbeitsfähigkeit einer Koalition würde jedoch erheblich leiden, würde bei der Mehrheitsbildung im Parlament keine Koordinierung erfolgen. Im Übrigen gebieten es schon die Grundregeln für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb einer Koalition, dass eine Fraktion keine Initiative startet, die den Interessen des Koalitionspartners widerspricht.
Die Vereinbarung zum gemeinsamen Abstimmen hat also zum Ziel, die Zusammenarbeit innerhalb der Koalition zu erleichtern und gemeinsam beschlossene Projekte umsetzen zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Heider