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Matthias Heider
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Frage von Margit W. •

Frage an Matthias Heider von Margit W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Heider

bezueglich der in der BRD zur Zeit gefuehrten Debatte ueber religioes motivite Beschneidungen bei Babys und Kleinkinder wuerde mich Ihre Meinung dazu interessieren. Wie sehen Sie das Koelner Gerichtsurteil und wie werden Sie bei einer Abstimmung im Bundestag ueber ein Gesetz zur Legalisierung von Koerperverletzungen bei Schutzbefohlenen stimmen?

Mit freundlichen Grüssen

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Wellmann,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de und Ihre Stellungnahme zum Urteil des Kölner Landgerichts vom 7. Mai 2012 zum Thema Beschneidung.
Das Gericht hat die Beschneidung minderjähriger Jungen als rechtswidrige Körperverletzung gewertet. Die Entscheidung entfaltet zwar über den Einzelfall hinaus keine rechtliche Bindungswirkung, jedoch hat sie insbesondere bei jüdischen und muslimischen Gläubigen für große Verunsicherung gesorgt. Auch Ärzte, die Beschneidungen vornehmen, sind verunsichert.

Der Deutsche Bundestag hat am 19. Juli 2012 in einem fraktionsübergreifenden Beschluss die Bundesregierung mit breiter Mehrheit aufgefordert, bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Pflege und Erziehung miteinander in Einklang bringt. Bei Grundrechtsabwägungen geht es darum, die bestmögliche Regelung zur Verwirklichung jedes dieser Grundrechte zu finden. Zweifellos handelt es sich bei einer Beschneidung um einen irreversiblen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, der jedoch vergleichsweise gering ausfällt, da eine gesundheitliche Schädigung nicht die Folge ist. Demgegenüber steht der große Stellenwert, den die Beschneidung von Jungen in der jüdischen Religion und im islamischen Glauben hat.

Der Gesetzentwurf soll für alle Beteiligten Rechtssicherheit schaffen und sicherstellen, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich rechtlich zulässig ist. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht dabei stets das Wohl des Kindes. Dessen Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und die Grundrechte der Eltern auf Kindeserziehung und Religionsausübungsfreiheit sind im Sinne des Kindeswohls angemessen auszugleichen. Die Beschneidung von Jungen ist als Eingriff in die körperliche Integrität irreversibel und natürlich keine Bagatelle. Mit der Verstümmelung der Genitalien von Mädchen und Frauen, die zweifellos strafbar ist und mit strengen Sanktionen geahndet werden muss, ist die teilweise oder ganze Entfernung der Vorhaut bei Jungen aber nicht vergleichbar.

Ich bin der Auffassung, dass Eltern all dies berücksichtigen dürfen, wenn sie entscheiden, ob eine Beschneidung dem Wohl ihres Sohnes dient. Denn es sind die Eltern, die – in den Grenzen unserer Rechtsordnung – den Inhalt des Kindeswohls festlegen. Sie dürfen sich bei Entscheidungen zur Gesundheit ihres Kindes auch von religiösen Motiven leiten lassen, solange die Behandlung bzw. der Eingriff nach allgemeinen Maßstäben medizinisch vertretbar ist. Das Recht von Eltern, ihre Kinder religiös zu erziehen, ist grundgesetzlich geschützt. Und die Beschneidung von Jungen ist, gerade auch mit Blick auf die Situation über Deutschland hinaus, medizinisch vertretbar, wenn sie fachgerecht und ohne unnötige Schmerzen für das Kind durchgeführt wird. Die Beschneidung von Jungen mit Einwilligung ihrer Eltern soll daher auch künftig zulässig sein, wenn gewährleistet ist, dass dabei alle modernen medizinischen Standards eingehalten werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Heider MdB