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Matthäus Strebl
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Frage von Konstantin K. •

Frage an Matthäus Strebl von Konstantin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Strebl ,

dadurch , das Sie Bundesvorsitzender des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) sind , haben Sie meiner Meinung nach daran mitgewirkt , das die CGZP "Hungerlöhne" für die Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche mit den Arbeitgebern ausgemacht hat . Was haben Sie sich oder ihre Partei überhaupt gedacht , als Sie diese Tarifverträge unterzeichnet haben ? Meiner Meinung nach verstößen die CGZP Tarifverträge ganz klar gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland : Art 1. " (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Art 3. "(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich ." Wie kann es also sein , das man für die gleiche Arbeit wie die Stammbelegschaft bis zu 40% von seinem Brutto Lohn an die Zeitarbeitsfirma abgeben muss , nur weil Sie solche Tarifverträge für gut befinden. Seit dem 01.04.2009 wurde die CGZP für Tarifunfähig erklärt und die Beschäftigten, die in der Zeitarbeitsbranche tätig sind , haben endlich ein Anspruch auf die gleiche Bezahlung , wie ein Stammarbeiter im Entleihunternehmen ....was meiner Meinung nach selbstverständlich war/ist. Außerdem stellt sich mir die Frage :
"Wie kann es sein, das die Mitgliedsgewerkschaften des CGZP für die eigenständige Branche der Arbeitnehmerüberlassung tarifzuständig sind, obwohl in deren Satzungen (Organisationsbereiche) die eigenständige Branche der Arbeitnehmerüberlassung überhaupt nicht aufgeführt ist (BAG-Urteil vom 24.03.2004, Rz. 26: Arbeitnehmerüberlassung ist ein eigener Wirtschaftszweig )?
Darum meine Frage ...Warum die Leiharbeitnehmer, die bei Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt sind und nach CGZP bezahlt werden....dementsprechend von der Politik
(z.B CSU/CDU) diskriminiert und als Mensch 2.Klasse seit Jahren behandelt/angesehen werden?!

Mit freundlichen Grüßen

Konstantin Kerbel

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kerbel,

Sie haben mich in meiner Eigenschaft als Bundesvorsitzender des Christlichen Gewerkschaftsbundes Deutschlands angeschrieben und haben Fragen an mich gerichtet, die sich mit der Zeitarbeit befassen. Vorab müssen wir uns mit der Frage beschäftigen, was gerechter Lohn für gerechte Arbeit ist. Diese Frage ist nur sehr schwer zu beantworten, denn der Lohn ist Ausdruck des Wertes der Arbeit, die ein Mensch erbringt. Wie kann aber Arbeit gerecht bewertet werden?

Also muss es eine zweite Komponente geben. Arbeit wird nur solange nachgefragt, so lange der Arbeitgeber gewillt oder in der Lage ist, sie zu bestimmten Löhnen zu bezahlen. Deshalb ist der Lohn in einem Tarifvertrag auch immer ein Kompromiss, der zwischen der Arbeitgeberseite und der Gewerkschaft ausgehandelt worden ist, er ist kein Diktat des Arbeitgebers und genauso wenig ein Diktat der Gewerkschaft. Und der Lohn in einem Tarifvertrag ist der Mindeststandard für die jeweilige Branche. Diese Grundsätze gelten für die Zeitarbeit genau so, wie für die Metall und Elektroindustrie oder den Einzelhandel.

Aus Ihren Zeilen lässt entnehmen, dass für Sie nicht die Tarifverträge in der Zeitarbeit das Problem sind, sondern die Zeitarbeit als solche. Aus unserer Sicht ist die Zeitarbeit ein wichtiges Instrument, damit Menschen die Möglichkeit gegeben wird in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukehren. Deshalb kann ich auch nicht erkennen, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Zeitarbeitnehmer diskriminieren würde, wie Sie es festgestellt haben wollen. Zeitarbeit wurde in der Vergangenheit in einigen, wenigen Ausnahmefällen missbräuchlich eingesetzt. Wenn dies geschieht, dann wird das von mir in meiner Eigenschaft als Bundestagsabgeordneter und als CGB-Bundesvorsitzender verurteilt. Aber das ist nicht die Regel. Und wenn gegen Arbeitsrecht und Tarifverträge verstoßen wird, dann muss für die Zeitarbeitnehmer genau so vor Arbeitsgerichten geklagt werden, wie das für jedes andere Beschäftigungsverhältnis auch gilt.

Sie nehmen an, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz grundsätzlich besser für Zeitarbeitnehmer wäre, als der Tarifvertrag in der Zeitarbeit. Diese Annahme ist falsch. Es existieren 670 Tarifverträge in Deutschland, die von DGB-Gewerkschaften abgeschlossen worden sind, die in der untersten Lohngruppe einen Stundenlohn von weniger als 7,50 Euro vorsehen. Ich berufe mich dabei auf eine Studie der DGB nahen Hans-Böckler Stiftung von 2008. Unser AMP Tarifvertrag sieht für die westdeutschen Bundesländer 7,35 Euro in der untersten Entgeltgruppe. Deshalb ist es offensichtlich, dass in viele DGB-Tarifverträgen schlechtere Entlohnungen vorgesehen sind, als in unseren Zeitarbeitstarifverträgen. Aber diese Feststellungen sind halt nicht populär. Das Arbeitsgericht Berlin hat am 01. April eine Entscheidung zur Tariffähigkeit der CGZP getroffen, das ist richtig. Aber diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die CGZP hat Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Hier wird nun über vieles zu diskutieren sein. Denn die Rechtsmaterie ist in diesem Falle äußerst kompliziert. Dazu gehört auch die Bewertung des von Ihnen aufgegriffenen Urteils des Bundesarbeitsgerichtes vom 24. März 2004. Aus unserer Sicht hat die erste Instanz dieses BAG Urteil völlig falsch interpretiert. Darin liegt unter anderem aus unserer Sicht ein Rechtsfehler in der erstinstanzlichen Entscheidung.

Genau diese Argumentation führte ja auch dazu, dass das Gericht am 01. April 2009 angenommen hat, dass die Gewerkschaft verdi und der DGB nicht tarifzuständig für die Zeitarbeit seien und deshalb ihre Anträge nicht zugelassen wurden. Das hätte aber zur Folge, dass es in Deutschland keine Gewerkschaft mehr geben würde, die Tarifverträge in der Zeitarbeit schließen könnte.
Allein darin wird deutlich, dass es sich bei diesem Verfahren um ein Verfahren handelt, in dem es nur vordergründig um die CGZP geht. Vielmehr geht es darum, ob man mit Hilfe der Arbeitsgerichtsbarkeit die Hartzgesetzgebung rückgängig machen kann. Ich hoffe auf Ihre Fragen und Anmerkungen ausreichend geantwortet zu haben. Mit freundlichen Grüßen

Matthäus Strebl MdB