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Frage von Matthias L. •

Frage an Martin Dörmann von Matthias L. bezüglich Wirtschaft

Wie stehen Sie zur Reform des EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) 2016?

Ich lese an verschiedenen Stellen, dass darin der Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich begrenzt werden soll durch verschiedenste Maßnahmen und frage mich doch, inwiefern dies mit unseren Verpflichtungen gegenüber unserem Planeten (u.a. festgeschrieben in der UN Klimakonferenz 2015 in Paris) zusammenpassen soll - mit anderen Worten, es erscheint mir absurd.

Vielen Dank für Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Lange

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lange,

vielen Dank für Ihre Frage. Mit Ihnen bin ich der Meinung, dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen, um unserer klimapolitischen Verantwortung gerecht zu werden. Dies wird mit der Reform des EEG nicht in Frage gestellt.

Die Erfolgsgeschichte der erneuerbaren Energien wird von der Koalition fortgesetzt. Dabei wird ihre Weiterentwicklung für alle Akteure verlässlich gestaltet. Ziel der Novellierung ist es, die Kostendynamik zu durchbrechen, den Ausbau der erneuerbaren Energien planvoll voranzutreiben und sie weiter an den Markt heranzuführen. Nur so lässt sich eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung aufrechterhalten und die Energiewende erfolgreich fortführen.

Um den Klimaschutzzielen zu entsprechen, werden sukzessive Kraftwerke aus dem Markt genommen. Erste Grundlagen haben wir bereits im verabschiedeten Strommarktgesetz gelegt. Hinzu kommt die abnehmende Anzahl der Volllaststunden der fossilen Kraftwerke, die noch am Markt sind.

Um die Klimaschutzziele erreichen zu können, haben wir zudem die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr im EEG 2017 angelegt, zunächst im Norden Deutschlands, um den abgeregelten Strom durch zuschaltbare Lasten unter Einbeziehung des Wärme- und Verkehrsbereichs zu nutzen.

Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und unter Einsatz von Energieeffizienztechnologien ist eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch gelungen. Dies wollen wir fortführen und dabei beispielgebend für andere Länder sein.

Allerdings misst sich der Erfolg der Energiewende nicht an der Schnelligkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien, sondern daran, ob der Transformationsprozess ohne Einschränkung der Versorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit gelingt. Das EEG 2017 schafft hierfür im Zusammenspiel mit den anderen bereits verabschiedeten energiepolitischen Gesetzen die Grundlage.

Bereits im EEG 2014 wurden Ausbaupfade für die erneuerbaren Energien festgelegt, um den Ausbau für alle Marktakteure berechenbar zu machen. Vor allem muss der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Ausbau der Stromnetze synchronisiert werden. Denn Strom zu produzieren, der aufgrund von Netzengpässen nicht beim Kunden ankommen kann, verursacht Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher, die nicht zu rechtfertigen sind. Die Kosten entstehen aus zwei Gründen: zum einen, weil die Betreiber von Windkrafträdern auch für abgeregelten Strom eine Einspeisevergütung erhalten und zum anderen, weil Kraftwerksbetreiber ein Entgelt für den Einsatz von fossilen Kraftwerken erhalten, die hinter dem Netzengpass hochgefahren werden, um die im Norden verkaufte Strommenge zum Kunden zu liefern.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, haben wir mit dem Vorrang der Erdverkabelung im Dezember 2015 die Grundlage dafür geschaffen, dass der notwendige Ausbau der Gleichstromtrassen auf mehr Akzeptanz bei der Bevölkerung stößt. Diese Trassen werden dabei dringend benötigt, um den Strom von Offshore-Windparks zu transportieren, denn ausschließlich mit dezentraler Stromerzeugung durch Onshore-Wind und Photovoltaik sind die großen Industriezentren im Westen und im Süden der Bundesrepublik nicht zu versorgen.

Trotz der gebotenen Synchronisierung mit dem Netzausbau wird der Ausbau der erneuerbaren Energien fortgeführt. In 2015 hatten die Erneuerbaren einen Anteil von rund 33 Prozent am Stromverbrauch, in 2025 werden es 45 Prozent sein. In den letzten drei Jahren lag der Ausbau von Wind-Onshore allerdings weit über dem technologiespezifischen Korridor von 2.500 MW im Jahr. Hierdurch wurde der Netzengpass offensichtlich und in seiner Wirkung verstärkt. Eine Fortführung des Ausbaus von Wind onshore von bis zu 4000 MW im Jahr hätte den Gesamtausbaupfad von 45 Prozent weit überschritten, was hinsichtlich des Netzengpasses unverantwortlich gewesen wäre. Ein Zurückführen auf den geplanten Ausbaupfad ist daher unerlässlich.

Für Wind-Offshore haben wir aufgrund des Netzengpasses im Norden einen stufenweisen Ausbaupfad vorgesehen, um wie geplant in 2030 unsere Zielgröße von 15 GW zu erreichen. Da ein stetiger weiterer Ausbau der erneuerbaren Energien stattfindet, bewahren wir den wichtigen Heimatmarkt für die erneuerbare Industrie, der als Garant für den weltweiten Export gilt.

Mit den Ausschreibungen soll zum einen die Förderhöhe für erneuerbare Energieanlagen auf der Grundlage von Marktpreisen ermittelt werden, zum anderen erfolgt eine Mengensteuerung. Beide Aspekte halten wir für unabdingbar für die weitere Marktintegration der erneuerbaren Energien.

Grundlage hierfür sind die europäischen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien, die Ausschreibungen ab 2017 vorsehen sowie das EEG 2014.

Bei einigen besteht die Befürchtung, dass durch Ausschreibungen die Akteursvielfalt eingeschränkt werden könnte. Es war stets ein besonderes Anliegen der SPD, dass Bürgerenergiegesellschaften eine faire Chance erhalten, bei Ausschreibungen zum Zuge zu kommen.

Schon auf dem Weg zum Kabinettsentwurf haben wir dafür gesorgt, dass Bürgerenergiegesellschaften an den Ausschreibungen unter erleichterten Bedingungen teilnehmen können. So müssen Bürgerenergiegesellschaften beispielsweise nicht, wie etwa große Wettbewerber, zu Beginn des Ausschreibungsverfahrens eine Bundesimmissionsschutz-Genehmigung vorlegen, die mit erheblichen Kosten verbunden ist.

Zusätzlich zu dieser Regelung orientiert sich die Vergütung von Bürgerenergiegesellschaften, die erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen haben, an dem höchsten bezuschlagten Gebot. Denn große Bieter können den Markt häufig besser abschätzen als Bürgerenergiegesellschaften. Unser Modell sichert auch den kleineren Akteuren eine Vergütung zu marktüblichen Preisen und gleicht damit den Nachteil der geringen Erfahrungswerte der Bürgerenergiegesellschaften aus.

Darüber hinaus ist uns eine stärkere Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger über die Kommunen wichtig. Daher haben wir die Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften so angepasst, dass sie zehn Prozent ihrer Anteile der Kommune vor Ort anbieten müssen. Nicht zuletzt können Bundesländer ihrerseits Maßnahmen ergreifen, um die Akteursvielfalt im Interesse der Bürgerenergie weiter zu stärken – wie es zum Beispiel die SPD-geführte Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern bereits getan hat.

Außerdem wird vor allem im Photovoltaik-Bereich die Akteursvielfalt im EEG 2017 über die Bagatellgrenze von 750 kW gewährleistet.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich seit vielen Jahren dafür eingesetzt, dass auch im Bereich der erneuerbaren Energien sogenannte „Mieterstrom-Modelle“ möglich werden. Bereits im letzten Jahr haben wir im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung gezielte Anreize für Quartierslösungen gesetzt. Nun haben wir endlich auch bei den erneuerbaren Energien den Weg für Mieterstrom eröffnet: Über eine Verordnungsermächtigung ermöglichen wir, dass zukünftig – wie vom Bundesrat gefordert – auch Mieter vom Ausbau der Erneuerbaren profitieren können. Die weitere Ausarbeitung wird hier zeitnahe erfolgen. Dabei muss klar sein, dass es der SPD um Modelle geht, von denen vor allem der Mieter profitiert. Mieterstrom-Modelle, die dann jedoch hauptsächlich der Vermieter dienen, lehnen wir ab.

Die Verringerung der EEG-Umlage für Unternehmen mit hohem Energieverbrauch und hohem Exportanteil erfolgte vor dem Hintergrund von Wettbewerbsnachteilen im internationalen Handel. Hier lag bislang eine Ungleichbehandlung der Unternehmen vor, da die vorhandene Härtefallregelung nur für einen Teil Geltung hatte. Durch die Korrektur im Rahmen des EEG 2017 stellen wir sicher, dass vor allem bei jenen Unternehmen, die besonders energieintensiv sind, nun die gleichen Regelungen Anwendung finden.

Wir werden jedoch weiter darauf hinwirken, dass der Energieeffizienz bei der Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen eine größere Bedeutung zukommt als es derzeit der Fall ist. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass ambitionierte Ziele für die energieintensive Industrie in Deutschland dem Klimaschutz mehr dienen, als der Import zum Beispiel von Stahl und Kupfer aus Ländern, die in der Regel weniger strenge Umweltschutzauflagen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB