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Martin Dörmann
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Frage von Gio L. •

Frage an Martin Dörmann von Gio L. bezüglich Recht

Hallo Herr Dörmann

ich frage mich gerade, warum ich Sie mit Erststimme als Direktkandidaten für den Bundestag wählen soll. Daher habe ich ein paar Fragen an Sie, deren Beantwortung mir hier ggf. ein wenig mehr helfen könnte bei der Wahl Entscheidung.

Wie ist Ihre Meinung zum Thema NSA / Überwachung (immerhin hat die SPD da damals auch Gesetze beschlossen, von denen sie heute nichts mehr wissen will)?

Wie stehen Sie zum Thema Informantenschutz / Whistleblower und Pressefreiheit? Angenommen Sie wären aktuell Kanzler, würden Sie Snowden Asyl gewähren?

Wie stehen Sie zum Thema Datenschutz - in Bezug auf soziale Netzwerke (Facebook + Co.), Verbraucherdaten (Stichwort Patientendaten / Rezeptdaten)?

Wie stehen Sie zum Thema Steuerflucht / Ankauf von Bank-Daten aus dem Ausland und dem Datenschutz seitens des Bürgers ggü. dem Staat (Stichworte: Informationssaustausch, Bankdaten/Steuerbehörden, gläserner Bürger)?

Wie stehen Sie persönlich zu der kölschen Klüngelwirtschaft der SPD in Köln in der Vergangenheit? Was ist Ihr Anteil, um Skandale dieser Art in der SPD in Köln zukünftig zu verhindern?

Angenommen es gäbe ein Patt bei den Wahlen und es kämen entweder eine nur eine grosse Koalition CDU (Kanzler/in durch CDU)-SPD oder eine SPD-Grüne-Linke Koaltion in Frage. Wem würden Sie ihre Abgeordnetenstimme (sie sind ja nur sich selbst verpflichtet bei den Bundestagsabstimmungen) geben - grosse Koalition oder SPD-Grüne-Linke?

Abschliessende Frage: Verstehen Sie den Bürger als mündigen, eigenverantwortlichen Bürger, der immer dem Unschuldsverdacht unterliegt oder braucht es den starken Staat, da man dem Einzelnen (Bürger, Unternehmen) per se nicht vertrauen kann?

Besten Dank für Ihre Antwort

Freundliche Grüsse
Gio Lewro

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lewro,

vielen Dank für Ihre vielfältigen Fragen, die ich in der Reihenfolge Ihrer Stichworte beantworten möchte.

NSA/Überwachung:
Die flächendeckende, anlasslose und geheime Überwachung von Bürgern und Unternehmen durch befreundete Staaten ist völlig inakzeptabel und geht weit über das hinaus, was in Deutschland vor einigen Jahren unter dem Stichwort Vorratsdatenspeicherung zu Strafverfolgungszwecken diskutiert worden ist. Die Bundesregierung muss für einen besseren Schutz ihrer Bürger und Unternehmen vor ausländischer Spionage sorgen und ein wirksames Anti-Spionage-Abkommen auf höchster Ebene aushandeln. Unter Verbündeten sollte es genügen, wenn sich Strafverfolgungsbehörden bei begründetem Anlass gegenseitige Amtshilfe leisten. Wahllose Spionage unter Freunden zerstört Vertrauen und zerrüttet langfristig die internationalen Beziehungen. Dies kann nicht im Interesse gleich welchen Landes sein.

Whistleblower:
Die SPD hält die Offenlegung von Missständen – egal ob durch Journalisten oder Mitarbeiter – für einen wichtigen Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft. Gleichzeitig steht Geheimnisverrat mit gutem Grund unter Strafe. Unternehmen und Behörden müssen sich auf die Verschwiegenheit ihrer Mitarbeiter verlassen können. Dennoch ist es generell als Akt der Zivilcourage zu bewerten, wenn Einzelpersonen auf gravierendes Fehlverhalten hinweisen. Mit mehreren Initiativen hat sich die SPD-Bundestagsfraktion für die Pressefreiheit, für ein bundesgesetzliches Presseauskunftsrecht und für den Journalistenschutz im Sinne es Zeugnisverweigerungsrechts eingesetzt. Dieses Schutzbedürfnis gilt auch für „normale“ Arbeitnehmer, die in ihrem Unternehmen oder ihrer Behörde eklatante Missstände erkennen und nicht intern zu Gehör bringen können. Deshalb hat die SPD, dem Vorbild anderer Länder folgend, ein Hinweisgeber-Schutzgesetz vorgelegt, dem sich die Bundesregierung hartnäckig verweigert hat.
Ob Edward Snowden politisches Asyl bekommen könnte, obliegt nicht der willkürlichen Entscheidung des Bundeskanzlers. Es müssen hinreichende sachliche Gründe dafür vorliegen. Diese müssten im Falle einer Antragsstellung von der zuständigen Behörde sorgfältig geprüft werden.

Datenschutz:
Das Thema Datenschutz (in der digitalen Welt) ist äußerst komplex und kaum mit wenigen Sätzen für alle Unterbereiche von Patientenrechten bis sozialen Netzwerken zu beantworten. Die SPD lässt sich in allen Teilbereichen von den Grundsätzen der Datensparsamkeit und der persönlichen Datenhoheit leiten. Daten sollten nur dann gesammelt werden, wenn es unabwendbar ist, und dann auch nur für die unbedingt nötige Dauer gespeichert werden. Gleichzeitig soll jeder Mensch selbst über seine Daten bestimmen können. In unserem Wahlprogramm steht: „Wir brauchen […] wirksamen Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte. Wir wollen, dass digitale Chancen für die Gestaltung des täglichen Lebens, für Teilhabe und auch für soziale Dienste so genutzt werden, dass Bürgerinnen und Bürger auch künftig souverän über ihre persönlichen Daten bestimmen können.“ Dazu gehören auch ein wirksamer Rechtsschutz und starke Datenschutzbeauftragte auf allen Ebenen. Und natürlich muss eine Sensibilität für Daten schon früh an Schulen – und nicht nur mit Blick auf soziale Netzwerke – geweckt werden.

Steuerflucht:
Eine auf Steuergerechtigkeit fußende Solidargesellschaft kann nur dann funktionieren, wenn sich nicht Einzelne dem Steuersystem entziehen. Die Ankäufe von CDs mit den Daten von Steuerhinterziehern sind derzeit das wichtigste Instrument im Kampf gegen Steuerhinterziehung. Das Bundesverfassungsgericht hat Ende 2010 die Verwendung der Bankdaten zu Straf-verfolgungszwecken ausdrücklich gebilligt, selbst wenn die CDs illegal erworben sein sollten. Eine wirksame Verfolgung und nicht zuletzt Abschreckung von Steuerbetrügern kommt letztlich der ganzen Gesellschaft zugute.

Klüngelwirtschaft:
Repräsentanten der Kölner SPD haben in der Vergangenheit unbestritten Fehler gemacht. Diese Zeit ist aber inzwischen gründlich und transparent aufgearbeitet. Ich sehe uns nun auf einem guten Kurs und werbe dafür, dass sich noch mehr Bürgerinnen und Bürger politisch aktivieren, sei es in der SPD oder in anderen demokratischen Parteien.

Koalition:
Ich kämpfe aus Überzeugung für eine rot-grüne Koalition und beschäftige mich im Wahlkampf mit den wichtigen Sachthemen statt mit theoretischen Gedankenspielen über eventuelle Wahlausgänge. Ganz allgemein kann ich sagen, dass demokratische Parteien sich nicht gegenseitig und prinzipiell als mögliche Koalitionspartner ausschließen sollten. Für die Fraktion die Linke gilt die Besonderheit, dass sie sich im Bund so aufgestellt hat, das es - beispielsweise in außenpolitischen Fragen - an einer Regierungsfähigkeit mangelt. Aus diesem Grund hat sich die SPD gegen eine solche Konstellation ausgesprochen.

Mündiger Bürger:
Selbstverständlich ist jeder Bürger mündig und eigenverantwortlich. Dies garantieren nicht zuletzt auch die Grundrechte im Grundgesetz. Gleichzeitig bedarf es aber eines angemessen starken und vor allem funktionsfähigen Staates als einer Organisationsform, um Gemeinschaftsaufgaben zu organisieren, Grundversorgung zu gewährleisten und die Anliegen aller Bürgerinnen und Bürger im Interesse des Gemeinwohls zu strukturieren und umzusetzen. Auch wenn diese wichtige Frage nach dem Verhältnis von Bürger und Staat kaum mit einigen Zeilen zu beantworten ist, so bleibt doch der Grundsatz, dass eine Gesellschaft aus mündigen Bürgern nur gemeinsam und mit guten staatlichen Strukturen gelingen kann. Nicht umsonst hat die SPD den Slogan „Das WIR entscheidet“ für die Bundestagswahl 2013 gewählt.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Dörmann, MdB