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Markus Tressel
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Frage von Petra S. •

Frage an Markus Tressel von Petra S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sind die Grünen friedlich?

Es ist erschreckend, mit welcher Kriegsrhetorik sich unser aller Bundespräsident hervortut und damit versucht, die Bevölkerung auf weitere Militäreinsätze vorzubereiten.
Hat er aus der Geschichte nichts gelernt?
Ich glaube nicht!
Anders ergeben seine Reden keinen Sinn.

Aber: habe ich bislang ein deutliches Wort dazu von den friedensbewegten Grünen gehört? Ein Wort der Kritik vielleicht? Ein Wort zur konsequenten Friedenspolitik?
Sind auch Sie geschichtsvergessen?
Oder hat die Grünen die Gauck´sche Diffamierung von Pazifisten verschreckt?

Sie, Herr Tressel, sind "mein" Bundestagsabgeordneter.
Ich bitte Sie inständig, sich konsequent für den Frieden einzusetzen.
Bilden Sie im Bundestag eine Lobby FÜR DEN FRIEDEN!

Beste Grüße,
P. Sebastian

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Sebastian,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Friedenspolitik.

Bundespräsident Gauck, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen wollten mit ihren Reden auf der Münchner Sicherheitskonferenz laut eigener Aussage eine gesellschaftliche Debatte über die Zukunft der deutschen Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik anstoßen. Diese Debatte ist auch unserer Auffassung nach dringend nötig, denn die Krisen in vielen Teilen der Welt, sei es in der Ukraine, in Syrien oder in Mali, haben direkte Auswirkungen auf Deutschland. Welche Verantwortung für die Bewältigung dieser Krisen Deutschland übernehmen kann und will, muss diskutiert werden, um die gesellschaftliche Akzeptanz für das internationale Engagement Deutschlands sicherzustellen.

In ihren Reden verweisen Gauck, von der Leyen und Steinmeier zwar darauf, dass Verantwortung mehr bedeutet als nur militärisches Einmischen, viele Medien entdecken zwischen den Zeilen vor allem die Forderung nach einem stärkeren militärischen Engagement. Mit dieser Zielrichtung wären die Vorstöße abzulehnen. Das Militär mag eine Rolle in der Konfliktbearbeitung haben, es kann aber nie allein Konfliktursachen angehen oder politische Lösungen herbeischaffen, die für die dauerhafte Stabilisierung eines Landes wichtig sind.

Wichtig ist vor allem ein verstärktes Engagement in der zivilen Krisenprävention. Viele Regionen der Welt brauchen Hilfe bei der Schaffung von demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen und beim Aufbau einer Zivilgesellschaft. So könnten Krisen schon verhindert werden, bevor sie zu gewalttätigen Auseinandersetzungen eskalieren. Hier könnte Deutschland eine viel aktivere Rolle spielen, als es das bislang tut.
Das Handeln der Bundesregierung ist jedoch bis jetzt, entgegen den Worten von Gauck, Steinmeier und von der Leyen, vor allem von Aktionismus geprägt. Deutschland hat hier in den vergangenen Jahren keine Impulse für eine aktive europäische Friedenspolitik in globaler Verantwortung gesetzt. So war die Terrorgruppe ISIS schon lange im Irak und in Syrien aktiv, bevor die Situation dieses Jahr eskalierte.

Nur beim Rüstungsexport wurde die Bundesregierung aktiv. Doch Waffen zu liefern, ist kein Ersatz für Außen- und Sicherheitspolitik. Einmal aus der Hand gegeben, ist der Verbleib von Waffen nicht kontrollierbar. Rüstungsexporte etwa in undemokratische Staaten wie Saudi Arabien und Katar, die selbst Extremisten unterstützen, sind daher verantwortungslos und verstärkt Krisen noch zusätzlich.

Um auf Krisen wie aktuell im Irak und in Syrien zu reagieren, bedarf es einer international koordinierten Strategie, die alle politischen Akteure der Region einbindet. Hier sind vor allem die Vereinten Nationen gefragt. Sie sind weltweit der legitimste Akteur, um die verschiedenen Perspektiven zusammenzuführen und ein effektives, abgestimmtes internationales Vorgehen zu Schutz der Zivilbevölkerung zu ermöglichen.
Die Bundesregierung sollte daher die UN nicht abschreiben, wie es Außenminister Steinmeier vor kurzem Tat, sondern sich für einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats zu Syrien und dem Irak einsetzen und bei seiner Umsetzung helfen. Das heißt dann allerdings auch, dass Deutschland, wenn es ein UN-Mandat für einen militärischen Einsatz gibt, einen Beitrag zu diesem Einsatz leisten sollte. Wie dieser Beitrag konkret aussehen soll, muss dann im Detail besprochen werden.

Auch auf humanitärer Seite bleibt noch viel zu tun. Die Bürgerkriege in Syrien und dem Irak haben eine unvorstellbar große Zahl von Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Diesen Flüchtlingen droht im bevorstehenden Winter eine noch größere Katastrophe. Deshalb muss Deutschland auch über die bereits zugesagten 50 Millionen Euro hinaus Geld für die Flüchtlingshilfe bereitstellen. Die Bundesregierung muss sich mit ihren europäischen Partnern zusammensetzen und eine Strategie zur Aufnahme von syrischen und irakischen Flüchtlingen erarbeiten.

Die Bundesregierung darf es angesichts der vielen Krisen nicht bei ein wenig humanitärer Hilfe und fragwürdigen Waffenlieferungen belassen. Nur wer sich langfristig und durchdacht auf allen Ebenen engagiert und internationale Partner und regionale Akteure einbindet, kann einen Beitrag zum Frieden in den Krisenregionen leisten.

Herzliche Grüße
Ihr Markus Tressel