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Markus Ferber
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Frage von Heribert K. •

Frage an Markus Ferber von Heribert K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Ferber,

ich richte mich mit folgenden Fragen an Sie:

1. Sind Sie für den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit den USA?

2. Sind Sie dafür, dass im Rahmen des Abkommens nicht ordentliche Gerichte mit Rechtstreitigkeiten befasst werden, sondern Schiedsgerichte der WTO?

3. Finden Sie es richtig, in Vertragsverhandlungen einzutreten, bei denen die Auswirkungen des Vertrages (Implications)beispielsweise im landwirtschaftlichen Bereich (Stichwort "Genfood") gutachtlich noch nicht bekannt sind und voraussichtlich erst im November 2014 - möglicherweise erst nach Vertragsabschluss - bekannt werden?

4. Finden Sie es richtig, dass die EU die Krümmung der Gurke, die Lagerung von Käse und ähnliche Dinge reglementiert und mit dem Freihandelsabkommen möglicherweise einen Scheunentor für den Import von Genprodukten öffnet?

5. Finden Sie es auch richtig, dass die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgen?

Da Sie sich sicherlich in anstrengenden Wahlkampfvorbereitungen befinden, würde mir ein einfaches Ja oder Nein zu den gestellten Fragen genügen. Die gleichen Fragen habe ich auch an Ihre bayerischen Kollegen und Kolleginnen gestellt. Ich darf mich für Ihre Antworten bedanken.

Mit freundlichen Grüßen

Heribert Karsch

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Karsch,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 20. März zu den Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP). Gern gehe ich auf Ihre Fragen näher ein.

1.) Die Volkswirtschaften der USA und Europas sind im internationalen Handel eng miteinander verflochten. Entsprechend groß ist das Potential für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand, das sich aus einer noch besseren Integration dieser beiden Wirtschaftsräume ergeben könnte. Ein solches Freihandelsabkommen könnte also ein wirksames und günstiges Konjunkturpaket sein und ist damit im Grundsatz erstrebenswert. Es kommt aber ganz entscheidend darauf an, wie ein solches Abkommen am Ende konkret aussieht. Für mich ist wichtig, dass unsere hohen Standards im Bereich Verbraucher- und Datenschutz und im Lebensmittelbereich keinesfalls abgesenkt werden dürfen. Nur wenn das der Fall ist, werde ich einem Freihandelsabkommen am Ende zustimmen.

2.) Sie sprechen mit Ihrer Frage den Bereich des Investitionsschutzes an, der in den vergangenen Wochen zurecht einige Aufmerksamkeit erfahren hat, da befürchtet wurde, dass europäisches Recht durch Schiedsgerichtsurteile ausgehebelt werden könnte. Dies wäre schlichtweg inakzeptabel. Stattdessen muss der Investitionsschutz einzig und allein über den Zugang zu ordentlichen Gerichten gewährleistet werden, sodass sichergestellt ist, dass die Rechtsprechung in Europa nach europäischem Recht erfolgt. Dafür werde ich mich einsetzen. Ein Freihandelsabkommen mit einer Schiedsgerichtsklausel werde ich ablehnen.

3.) Es kann nicht sein, dass wir uns in Europa mit allen Mitteln gegen die Einführung gentechnisch veränderter Produkte wehren und diese dann über die Hintertür eines Freihandelsabkommen einführen. Der europäische Verbraucherschutz ist vorsorgender Natur, d.h. dass ein Produkt nur dann für den Markt zugelassen wird, wenn es unbedenklich ist. In den USA gilt stattdessen die Devise, dass Produkte per se als unbedenklich gelten, bis das Gegenteil bewiesen ist. Für mich ist ganz klar, dass 500 Millionen Europäer nicht zu den Versuchskaninchen der US-Lebensmittelindustrie gemacht werden dürfen. In Europa dürfen Lebensmittel nur dann auf den Markt kommen, wenn Sie für die Gesundheit der Verbraucher unbedenklich sind. Dieses Prinzip darf auch durch das TTIP nicht angetastet werden.

4.) Zunächst darf ich vorausschicken, dass es auf europäischer Ebene keine Vorschriften über die Gurkenkrümmung mehr gibt. Diese wurden – übrigens gegen den Protest der deutschen Bundesregierung – schon vor einiger Zeit aufgehoben. Bei der Lagerung von Käse hingegen geht es um die Frage der Haltbarkeit. Die europäischen Regeln dienen einzig dazu, eine geschlossene Kühlkette sicherzustellen, um eine Haltbarmachung über Konservierungsstoffe zu vermeiden. Damit verhindern wir Entwicklungen wie in den USA, wo etwa Hühnchen mittels einer Chlorbehandlung haltbar gemacht werden – dazu darf es in Europa nicht kommen.

Was das Thema „Genfood“ angeht, ist für mich ganz klar: Das TTIP darf keinesfalls eine Hintertür dafür öffnen, gentechnisch veränderte Lebensmittel auf den europäischen Markt zu bringen.

5.) Ich bin mit dem Mangel an Transparenz in den Verhandlungen zum TTIP nach wie vor ausgesprochen unzufrieden. Dies gilt insbesondere für die unzureichende Einbindung des Europäischen Parlaments in die Verhandlungsprozesse. Ich will, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, und damit die Vertreter der Bürger, stärker eingebunden werden und nicht Lobbygruppen. Schließlich geht es um das Gemeinwohl und nicht um die Durchsetzung von Spezialinteressen. Aus diesem Grund werde ich mich auch weiterhin für mehr Transparenz im Verhandlungsprozess einsetzen.

Darüber hinaus darf ich Ihnen versichern, dass ich den weiteren Fortgang der Verhandlungen sehr aufmerksam verfolgen werde. Jedes Freihandelsabkommen, dass die Europäische Union mit einem Partnerland abschließt, benötigt am Ende die Zustimmung des Europäischen Parlaments. Bevor ich einem Freihandelsabkommen zustimmen kann, werde ich das Verhandlungsergebnis einer eingehenden und kritischen Prüfung unterziehen. Das einzige Kriterium wird dabei sein, ob ein solches Abkommen den europäischen Bürgern nutzt. Nur wenn dies der Fall ist und die hohen europäischen Daten- und Verbraucherschutzstandards nicht in Gefahr sind, werde ich einem transatlantischen Freihandelsabkommen zustimmen.

In der Hoffnung, Ihnen hiermit eine Hilfe gewesen zu sein, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Ihr
Markus Ferber, MdEP

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