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Frage von Thomas S. •

Frage an Marina Schuster von Thomas S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Schuster,

Auf die am 30.11.2012 von H. N. gestellte Frage schreiben Sie am 1.02.2013
in Ihrer Antwort, Zitat Frau Schuster:

"Mit der weiteren Unterstützung Griechenlands bei seinen Reformbemühungen hat die schwarz-gelbe Koalition ein ganz wichtiges Ziel: nämlich die Sicherung unserer Gemeinschaftswährung und den konsequenten Umbau Europas zur Stabilitätsunion.
Das Fundament dieser neuen Stabilitätsarchitektur ist mit dem Fiskalvertrag, der im Gegensatz zu dem seinerzeit von SPD und Grünen aufgeweichten Stabilitätspakt verbindliche Defizitgrenzen aufzeigt, bereits erfolgreich gelegt worden."

http://www.abgeordnetenwatch.de/marina_schuster-575-37952--f363427.html#q363427

"Fundament dieser neuen Stabilitätsarchitektur", "verbindliche Defizitgrenzen" -
das alles hört sich vielleicht vertrauend erweckend an,
nur leider kann ich nicht an einen Erfolg glauben.

Griechenland muss sparen und zwar kräftig.
Zum sozialen Aspekt dieses Sparens möchte ich Sie fragen:

Frage 1:

Können Sie eine massive negative Auswirkungen dieser Sparbemühungen
auf die Lebensqualität vieler griechischer Menschen ausschließen?

Frage 2:

Können wir es verantworten, wenn Menschen mit geringer Einkommensbasis
durch dieses Sparen in ihrer jeweiligen Existenz bedroht sein sollten?

Frage 3:

Was sagen Sie zu diesem Zitat von zeit-online?

"Immer neue Hilfsgelder werden nach Griechenland überwiesen, aber in der Wirtschaft des Landes und bei seinen Bürgern kommt nur ein kleiner Teil davon an. Rund 70 Prozent der Hilfskredite dienen dazu, Zinsen zu finanzieren und fällige Kredite zu tilgen."

http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-10/Griechenland-Schulden

Sie schreiben in oben verlinkter Antwort:

"Jahrzehntelange Misswirtschaft, fehlende ordnungspolitische Rahmensetzung und mangelnde Haushaltsdisziplin haben Griechenland in diese schwierige Lage gebracht."

Frage 4:

Kann diese Kritik nicht 1:1 auf Deutschland übertragen werden?

Viele Grüße, Thomas Schüller

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schüller,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie haben völlig Recht, es handelt sich bei den derzeitigen Reformprozessen um eine große Aufgabe für Griechenland, die jedoch notwendig ist. Die griechi-sche Bevölkerung hat dafür Fairness verdient.

Ich muss als Abgeordnete des Deutschen Bundestags meiner verfassungsgemäßen Kontrollfunktion gerecht werden, und immer kritisch fragen: wofür werden Steuergelder ausgegeben? Deswegen ist es meines Erachtens auch durchaus berechtigt, zusammen mit den Griechen und der Troika feste Reformziele zu vereinbaren. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.

Sie dürfen nicht übersehen: Griechenland wurde bereits deutlich mehr Zeit gewährt wird für die Anpassungen, die die nationale Regierung und das Parlament auf den Weg gebracht haben für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Schuldenabbau.

Was ist die Alternative? Neue Schulden? Mehr Geld „drucken“? Eine Schuldenschnitt, wie er oftmals gefordert wird, halte ich für kaum durchschlagend. Ein solcher Schritt ist bislang mit dem bestehenden Haushaltsrecht in Deutschland nicht vereinbar, so wie es auch Bundesfinanzminister Schäuble erklärt hat. Auch in anderen EU-Ländern würde dies zu Rechtsverletzungen führen. Demnach wäre ein Schuldenschnitt ohnehin erst ab einer gewissen Gesundung des griechischen Staatsbudgets möglich. Ein Schuldenschnitt bringt zudem noch keine Wachstumseffekte mit sich.

Manche bringen – fälschlicherweise – als „Alternative“ einen Austritt der Griechen aus dem Euro ins Spiel. Meines Erachtens bringt das den Griechen nichts. Die einmalige Abwertung der Wertung macht weder Wirtschaft noch Verwaltung wettbewerbsfähig; sie hilft auch nicht gegen Klientelpolitik oder Korruption. Sie behebt keine strukturellen Defizite.

Selbstverständlich sehe auch ich die Demonstrationen in Griechenland in Fernsehbeiträgen. Gleichwohl sehe ich Berichte und lese Artikel, in denen auch griechische Bürger kritisieren, dass man im eigenen Land den Staatsapparat aufgebläht hat, und damit nicht genügend Arbeitsmöglichkeiten außerhalb des öffentlichen Sektors vorhanden sind. Griechenland hat mit ca. 25 Prozent den europaweit höchsten Anteil von Staatsbediensteten an der Gesamterwerbsbevölkerung. Sie gehen durchaus kritisch mit ihrem eigenen Land um. Die Vorgaben der Troika bedeuten auch nicht, dass ausgerechnet an der Minirente gespart werden soll, sondern dass Sparziele erreicht werden sollen. Wie diese vor Ort umgesetzt werden, entscheidet nicht der Deutsche Bundestag, sondern die Griechen selbst.

Auf Ihre Frage nach der Lebensqualität der Griechen kann ich schlecht antworten, da ich nicht weiß, wie Sie eine kollektive Lebensqualität messen oder definieren wollen. Lebensqualität ist etwas Subjektives – und sie hängt von vielen Faktoren ab.

Ihre Skepsis gegenüber der wirtschaftlichen Lage Deutschlands kann ich nicht teilen. Die deutsche Wirtschaft erweist sich als glücklicherweise robust und widerstandsfähig. Trotz eines schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds und rezessiver Tendenzen in der Eurozone wächst sie weiter, wenn auch mit spürbar gedämpfter Dynamik. Deshalb haben wir guten Grund, mit Geduld und Konsequenz diese Politik fortzusetzen. Wir haben im letzten Jahr weiter solide gewirtschaftet und das positive konjunkturelle Umfeld zur Konsolidierung des Haushaltes genutzt. Mit der schwarz-gelben Regierung hält der Bund die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse bereits vier Jahre früher ein als gesetzlich erforderlich. Und erstmals seit Jahrzehnten streben wir 2014 einen ausgeglichenen Haushalt an. Das schaffen viele europäische Nachbarn, z.B. Frankreich, nicht. Das ist zwar noch lange nichts, worauf wir uns ausruhen dürfen, aber angesichts der Rahmenbedingungen sollten wir dies vielleicht einen Moment auch einmal anerkennen. In Bayern werden unter Schwarz-Gelb bereits Schulden getilgt – diesem Beispiel wollen wir im Bund folgen.

Mit freundlichen Grüßen

Marina Schuster