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Marie-Luise Dött
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Frage von Josef T. •

Frage an Marie-Luise Dött von Josef T.

Sehr geehrte Frau Dött,

ich freue mich, wenn Sie mir als Mitglied des Umweltausschusses im Deutschen Bundestag einige Fragen zum aktuellen Fracking-Gesetzgebungsprozess beantworten können:

1) Der Gesetztesentwurf sieht die Einberufung einer Expertenkommission zur Begleitung von Probevorhaben vor. Diese könnte letztlich aber auch kommerzielle Fracking-Maßnahmen oberhalb von 3000 Metern Tiefe ermöglichen. Sind Sie für die Einführung einer solchen Expertenkommission? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?
2) Der Gesetzesentwurf sieht vor, Fracking in Kohleflöz- und Schiefergestein bis zu einer Tiefe von 3000 Metern zu verbieten. Ist Fracking unterlhab von 3000 Metern Tiefe tatsächlich weniger gefährlich als oberhalb dieser Grenze?
3) Kann die Einführung eines wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatzes als Zulassungsvoraussetzung für Fracking-Maßnahmen Ihrer Meinung nach den Schutz des Grundwassers sicher machen? Und wenn ja oder nein, warum (nicht)?
4) Was soll mit dem anfallenden Lagerstättenwasser bei der Gewinnung von Erdöl und Erdgas geschehen?
5) Lassen sich aus Ihrer Sicht Erkenntnisse aus der Erprobung von Fracking-Vorhaben gewinnen und wenn ja welche sind dies? Wo sollten solche Vorhaben in Deutschland Ihres Erachtens durchgeführt werden und wie viele Bohrungen sind dazu erforderlich?

Herzlichen Dank für Ihre Antworten und freundliche Grüße

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Tumbrinck,

wegen technischer Probleme hat uns Ihre Anfrage vom 12. Mai 2015 an abgeordnetenwatch erst jetzt erreicht. Ich bitte, die verspätete Antwort zu entschuldigen.

Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gilt, dass es beim Schutz der Gesundheit der Menschen, der Umwelt und des Trinkwassers keine Kompromisse geben darf. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD stellt daher zum Einsatz der Fracking-Technologie klar, dass der Schutz von Trinkwasser und Gesundheit absoluten Vorrang hat. Zudem haben wir dort vereinbart, dass umwelttoxische Substanzen bei der Anwendung der Fracking-Technologie zur Aufsuchung und Gewinnung unkonventioneller Erdgaslagerstätten nicht zum Einsatz kommen dürfen.

Zur Umsetzung dieser Vorgaben haben das Bundesumweltministerium (BMUB) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) ein Regelungspaket vorgelegt, das am 1. April 2015 vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Es sieht umfassende Änderungen unter anderem am Wasserhaushaltsgesetz, dem Bundesnaturschutzgesetz und dem Bundesberggesetz vor. Diese führen bereits zu einer massiven Verschärfung der Anforderungen für den Einsatz der Fracking-Technologie. Sie betreffen u. a. folgende Punkte:
• Fracking jeglicher Art soll in sensiblen Gebieten wie Wasserschutz- und Heilquellenschutzgebieten sowie an Seen und Talsperren zur Trinkwassergewinnung vollständig verboten werden.
• Die Länder sollen darüber hinaus an weiteren sensiblen Trinkwasserentnahmestellen Verbote erlassen können, zum Beispiel zum Schutz von privaten Mineral- und Brauereibrunnen.
• In Nationalparks und Naturschutzgebieten soll die Errichtung von Anlagen zum Einsatz der Fracking-Technologie untersagt werden.
• Für jede Form von Fracking soll künftig eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung mit umfassender Bürgerbeteiligung verpflichtend eingeführt werden.
• Die Wasserbehörden sollen künftig ein Vetorecht bei den Genehmigungen haben.
• Fracking-Gemische müssen künftig beim konventionellen Fracking „nicht wassergefährdend“ oder allenfalls „schwach wassergefährdend“ sein.
• Die eingesetzten Stoffe sollen zudem umfassend offengelegt werden.
• Beim Umgang mit Rückfluss und Lagerstättenwasser sollen strenge Vorgaben gelten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung soll auch hier Pflicht sein.
• Das Verpressen von Lagerstättenwasser soll künftig grundsätzlich verboten sein. Ausnahmen sollen nur in den Fällen möglich sein, bei denen der sichere Einschluss in druckabgesenkte kohlenwasserstoffhaltige Gesteinsformationen gewährleistet ist.
• Verschärft werden soll auch das Bergschadensrecht. So soll die Beweislast für mögliche Bergschäden auch bei der Erdgas- und Erdölförderung sowie bei Kavernenspeichern den Unternehmen auferlegt werden.

Anders als bei der o. g. konventionellen Gasförderung gibt es in Deutschland noch keine Erfahrungen mit der Gasförderung in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten, also in Schiefer- und Kohleflözgestein. Deshalb ist in den Regierungsentwürfen geregelt, dass zum jetzigen Zeitpunkt und mit dem derzeitigen Wissensstand kein kommerzielles unkonventionelles Fracking in Deutschland möglich ist. Für Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein oberhalb 3000-Metern Tiefe wurde ein generelles und unbefristetes Frackingverbot vorgesehen. Lediglich eine eng begrenzte Zahl von wissenschaftlich begleiteten und überwachten Probebohrungen ist unter strengsten Umweltanforderungen möglich.

Nach 2018 sollen in absoluten Ausnahmefällen Fördergenehmigungen erteilt werden können. Die Voraussetzungen hierfür sind jedoch äußerst streng gefasst:
• eine unabhängige Expertenkommission aus sechs Mitgliedern (davon drei Umweltinstitute) muss den beantragten Einsatz der Fracking-Technologie in der jeweiligen geologischen Formation mehrheitlich als grundsätzlich unbedenklich einstufen,
• die Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe beim Umweltbundesamt muss die verwendeten Fracking-Gemische als nicht wassergefährdend einstufen und
• alle sonstigen umfassenden öffentlich-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen (d. h. insbesondere zum Wasser-, Boden- und Umweltschutz) müssen vorliegen.
Die endgültige Entscheidung über die Genehmigung liegt ausschließlich bei den zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder. Diese sind also an das Votum der o. g. unabhängigen Expertenkommission nicht gebunden. Dies hat auch der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in einem Gutachten bestätigt. Sollte eine Fracking-Maßnahme unter all diesen Voraussetzungen genehmigt werden, so gelten hier die im Bereich der konventionellen Erdgasförderung neu eingeführten strengen Auflagen ebenfalls vollumfänglich. Insgesamt sind die vorgesehenen Umwelt- und Trinkwasserschutzmaßnahmen also bereits im Regierungsentwurf sehr weitreichend.

In den letzten Wochen haben die Koalitionspartner diese Vorschläge der Bundesregierung ausführlich im Parlament beraten. Die CDU/CSU-Fraktion konnte in den Gesprächen weitere Schutzvorkehrungen für Umwelt und Wasser durchsetzen. So wurden folgende weitere Verschärfungen der Anforderungen an den Einsatz der Fracking-Technologie gegenüber den Regierungsentwürfen vereinbart:
• Klarstellung, dass auch Brunnen, aus denen Wasser zur Verwendung in Lebensmitteln gewonnen wird, ebenfalls in die Ausschlussgebiete für Fracking einbezogen werden sollen.
• Einschränkung des Bestandsschutzes für die bestehenden Genehmigungen zur Verpressung von Lagerstättenwasser, um zu erreichen, dass die Verpressung aufgrund bestehender Genehmigungen schneller beendet wird.
• Konkretisierung des Standes der Technik (also die beste zum Zeitpunkt verfügbare Technik) bei der Verpressung von Lagerstättenwasser,
• Aufhebung der bisherigen Unterscheidung zwischen Fracking zur Erdgas- oder Erdölförderung. Es sollen jeweils die gleichen strengen Anforderungen gelten.
• Streichen der aus unserer Sicht willkürlichen 3000-Meter-Grenze, unter der Fracking unter strengen Auflagen möglich wäre. Damit wird Fracking in unkonventionellen Lagerstätten auch unterhalb von 3000 Metern verboten.
• Einführung einer zusätzlichen Regelung, nach der Vorranggebiete für die künftige Gewinnung von Trinkwasser über die Raumordnung durch die Länder als Ausschlussgebiete gesichert werden können.
• Begrenzung der wissenschaftlichen Erprobungsmaßnahmen auf die für den Erkenntniszuwachs unbedingt notwendige Anzahl.
• Nochmalige Ausweitung der Bergschadenshaftung nun auch auf Schäden durch Erderschütterungen.

Für die CDU/CSU bleibt der Schutz von Gesundheit, Umwelt und Trinkwasser oberstes Gebot. Gleichzeitig muss der gesetzliche Rahmen für die Erdgasförderung schon aus verfassungsrechtlichen Gründen einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn offen halten sowie die seit Jahrzehnten praktizierte konventionelle Erdgasförderung in Deutschland auch weiterhin ermöglichen.

Bedauerlich ist, dass in der SPD-Fraktion derzeit noch Vorbehalte gegenüber den Gesetzentwürfen der eigenen Minister bestehen. Damit ist die Chance vertan, die für den Umweltschutz unbefriedigende bestehende Rechtslage noch vor der Sommerpause durch anspruchsvolle Vorgaben zum Schutz von Menschen und Umwelt zu verbessern. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Gesetzgebungsverfahren nach der Sommerpause zügig abgeschlossen wird. So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart.

Mit freundlichen Grüßen

Marie-Luise Dött