Portrait von Marcus Weinberg
Marcus Weinberg
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Marcus Weinberg zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Frank L. •

Frage an Marcus Weinberg von Frank L. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Herr Weinberg,

das Thema ESM treibt mich um, und die wenig inhaltliche Auseinandersetzung in den Medien (dort geht es auch in den sog. Qualitätsmedien eher um Koppelgeschäfte wie Transaktionssteuer etc.) erzeugen eher mein Misstrauen, welches beim Lesen des Vertragsentwurfes in teilweises Entsetzen überging.

Auch wenn div. Passagen als "formal und ggf. technokratisch" vergleichbar mit anderen internationalen Vereinbarungen zu bewerten sind und einiges vermutl. sogar juristisch notwendig ist, so habe ich doch ein abweichendes Demokratie-Verständnis und fühle mich "übergangen".

Zu meinem Verständnis zum Artikel 21 möchte ich Sie um konkrete Stellungnahme bitten:
Ich verstehe es so, - wenn ein Teilnehmer aus welchen Gründen und über welches Regelwerk auch immer - ausscheidet, entfällt sein Stimmrecht und die notwendigen Beiträge werden auf die verbleibenden Mitglieder umgelegt. (Automatismus)
Bedeutet dieses nicht auch, dass damit automatisch die Haftung/das Risiko über den bestehenden Anteil von 27,1 % hinauswächst und "rein theoretisch" (den letzten beissen die Hunde) bei 100% (700 Mrd.) enden könnte und alles ohne BuTa oder Regierungseinfluss?

Ergänzungsfrage:
Falls dem so ist (auch wenn Sie dieses Szenario für unwahrscheinlich halten),
entsteht doch neben dem deutlich höheren finanziellen Risiko (als landläufig kommuniziert) auch ein Erpressungspotential im Gov.-Rat (z.B. Zustimmung zu Maßnahme X oder Y, da ansonsten Partner A oder B ausscheiden muss und dann der Schaden eh durch die verbleibenden Staat getragen werden muss / durch oben genannten Automatismus)?.

PS: Von ähnlicher Problematik sind m.E. noch div. Vertragsartikel.
Es würde mich freuen, wenn Sie nochmals über ihre Zustimmungsentscheidung nachdenken würden und ich hoffe/erwarte, dass Sie eine pers. - und keine Regierungs-/Fraktionsentscheidung - in dieser Sache treffen.

MfG

Portrait von Marcus Weinberg
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Lehmbeck,

vielen Dank für Ihre Frage vom 18. Juni 2012 zum ESM.

Es ist in keiner Weise so, dass wir mit dem ESM unsere Verpflichtung für einen verantwortungsvollen Umgang mit deutschen Steuergeldern aus der Hand geben. Der Deutsche Bundestag wird seine Haushaltsverantwortung im Zusammenhang mit dem ESM in vollem Umfang wahrnehmen. Etwas anderes würde auch das Bundesverfassungsgericht nicht zulassen. Der Deutsche Bundestag muss nicht nur den ESM-Vertrag durch ein Zustimmungsgesetz ratifizieren und den deutschen Beitrag zum Stammkapital des ESM genehmigen. Der Deutsche Bundestag oder seine Gremien werden auch danach bei allen Entscheidungen einbezogen, wenn dies die Haushaltsverantwortung des Deutschen Bundestages erfordert. Dies gilt insbesondere für die Entscheidungen, einem in Not geratenen Euro-Mitgliedstaat eine Finanzhilfe zu gewähren. Die konkreten Beteiligungsrechte werden in einem Gesetz zur Umsetzung des ESM-Vertrags geregelt, das derzeit vorbereitet wird.

Der von Ihnen angesprochene Artikel 21 des Vertrages ist in der aktuellen und gültigen Fassung des Vertrages zum Artikel 25 geworden - wahrscheinlich beziehen Sie sich noch auf eine ältere Version. Die aktuelle Version finden Sie beispielsweise im Internet unter http://www.bundesfinanzministerium.de . Die noch im EFSF vorgesehene Möglichkeit des "stepping out" gibt es im ESM nicht mehr, Länder, die ein Hilfspaket bekommen, müssen also weiterhin in den Fonds einzahlen. Somit finanziert jedes Mitgliedsland des Euro-Raumes seine eigene Rettung mit. Einen Automatismus der Beitragsverteilung gibt es übrigens auch nur bedingt und auch nur begrenzt - diese werden ggf. auf die anderen Mitgliedsstaaten verteilt, allerdings ändert dies nichts an der maximalen Beteiligung der Bundesrepublik mit ihrem Anteil von 27,1 % der Gesamtbeiträge. Damit kann ich ihre zweite Frage nach der Erpressbarkeit unseres Landes verneinen.

Die Bundesregierung hat, gemeinsam mit ihren internationalen Partner, für einen möglichen – und aus ihrer Sicht guten und nachhaltigen – Weg entschieden. Ich unterstütze diese Entscheidung und den jetzt bereits eingeschlagenen Kurs des Handelns nach bestem Wissen und Gewissen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Marcus Weinberg