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Frage von David S. •

Frage an Marco Bülow von David S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Bülow,

der Klimawandel ist ein Thema, welches eine globale Herausforderung für die gesamte Welt ist, jedoch in der Politik von vielen als unwichtig angesehen oder gar ins lächerliche gezogen wird. Aufgrund ihrer Antwort an Herr von Lüttwitz und ihrer Stimme für ein Tempolimit auf Autobahnen habe ich folgende Fragen an Sie.

1. Das Elektroauto ist zwar umweltfreundlicher als der typische Verbrennungsmotor, jedoch wird der Auspuff zum Kohlekraftwerk verschoben. Wie zieht die Zukunft der Mobilität und des Verkehrs in Deutschland aus?
2. Was ist benötigt, um die Politiker aller Parteien und die Bevölkerung wachzurütteln und den Ernst der Lage und die Klimaexperten wahrzunehmen?

Mit herzlichen Grüßen
D. S.

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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre spannenden Fragen, die ich gerne beantworte.

Bei der Berechnung der Klimafreundlichkeit von Elektroautos ist es zum einen wichtig, die Lebenszyklusanalyse zu betrachten. Das bedeutet, dass sowohl die Herstellung, die Nutzung als auch die Entsorgung der Motoren betrachtet werden. Die Einwände, dass wenn Motoren mit Kohleenergie hergestellt würden, sie nicht mehr so umweltfreundlich seien, sind natürlich berechtigt. Zum anderen ist entscheidend, woher der Strom an den Ladestationen stammt. Ist er erneuerbar oder fossil?
Für eine gelingende Verkehrswende sind in meinen Augen mehrere Schritte notwendig. Eine Energiewende in Deutschland führt dazu, dass auch beim Verkehr die CO2 Bilanz besser wird. Ein weiterer Schritt ist, dass die Herstellung in Regionen verlagert wird, in denen eine Energiewende vollzogen wird. Hierdurch kann garantiert werden, dass die Herstellung mit erneuerbaren Energien geschieht.

Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich in der Elektromobilität die Zukunft. Notwendig dafür sind nicht nur eine Energiewende und ein entsprechender Herstellungsstandort, sondern auch Investitionen in die Infrastruktur. Lademöglichkeiten, vor allem in ländlichen Gebieten müssen gewährleistet werden. Gleichzeitig muss das Ganze sozial gerecht gestaltet werden. Das bedeutet für mich, dass es zum einen Subventionen für einkommensschwache Haushalte für den Kauf von Elektroautos geben muss. Zum anderen müssen die Abbaubedingungen von Lithium und Kobalt eine größere Rolle im politischen Diskurs spielen. Zurzeit sind die Arbeitsbedingungen oft menschenunwürdig.

Grundsätzlich benötigen wir eine Mobilitätswende. Für städtische Regionen sind ein massiver Ausbau und eine Vergünstigung des Nahverkehrs notwendig. Die Ermöglichung von kostenlosem ÖPNV wäre ideal. Es macht keinen Sinn, dass jede*r in der Stadt ein Auto besitzt und fährt. Der Ausbau von Fahrradwegen und –Abstellmöglichkeiten kombiniert mit einem verkehrlichen Vorrang von Fahrrädern muss deutlich beschleunigt werden.
Nicht zu vergessen ist natürlich auch die Mobilität über weitere Distanzen. Wichtig hier ist, dass Bahnpreise günstiger und Flugpreise teurer werden. Mit progressiven Bahnpreisen bzw. Bahntickets, die sich am Einkommen der Menschen orientieren, kann hier mehr sozialer Ausgleich stattfinden.

Nun zu Ihrer zweiten Frage. Die ist schwer zu beantworten. Ich selbst bin seit 17 Jahren im Bundestag und war immer in der Klimapolitik aktiv. Bis letztes Jahr war das Thema Klimawandel politisch aber vor allem medial lange Zeit fast in der Versenkung verschwunden. Die mittlerweile sehr aktiven Klimabewegungen, vor allem Fridays For Future, tragen einen großen Teil dazu bei, dass das Thema jetzt stärker auf der Agenda steht. Für mich sind ein enger Kontakt und eine Vernetzung mit den Klimabewegungen sehr wichtig. Ein Beispiel hierfür ist die Veranstaltung „Reclaim the house! Jetzt kommt die Bewegung im Parlament zu Wort“, die ich jetzt schon zweimal organisiert habe. Nach inhaltlichen Inputs, haben Vertreter*innen aller relevanten Gruppen der Klimabewegung und vieler bekannter Umweltverbände die Möglichkeit bekommen, die anwesenden Abgeordneten zu befragen und dadurch ihre Kritik und ihre Ansichten direkt ins Parlament zu bringen.

Für mich ist außerdem wichtig, dass das Soziale nicht vergessen wird. Klimagerechtigkeit ist entscheidend, denn nur so kann gewährleistet werden, dass unsere Gesellschaft nicht noch ungleicher wird. Sowohl international als auch national gesehen, sind Menschen mit einem geringeren Einkommen von der Klimakatastrophe mehr betroffen, während Menschen mit einem hohen Einkommen sehr viel stärker hierfür verantwortlich sind. Wenn beispielsweise teure Klimaschutzmaßnahmen steuerlich anrechenbar sind, dann profitieren von dieser Entlastungsmöglichkeit hauptsächlich Menschen mit hohem Einkommen. Wenn man z.B. für hohe CO2-Steuern jedoch Klimaschecks für alle ausstellt, dann kommen auch Menschen mit niedrigen Einkommen einen Ausgleich für ihre Mehrkosten. Das Soziale muss also immer mitgedacht werden. Deswegen habe ich das ZukunftsForum Dortmund geschaffen, in dem ich Menschen aus den Bereichen Klima/Umwelt und Soziales zusammenbringe, um gemeinsam eine positive, sowohl soziale wie auch ökologische Vision für die Stadt Dortmund zu entwickeln.

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass in unserem jetzigen Parteiensystem Machterhalt oft eine größere Rolle spielt als Inhalte. Ein Beispiel hierfür ist das Klimapaket. Es ist ein von fast allen Seiten kritisierter Kompromiss, der zwar dazu beiträgt, dass die Große Koalition weiter bestehen kann, führt aber nicht zu wirklichem Klimaschutz. Der Selbsterhaltungstrieb einiger Abgeordneter war wichtiger als die Menschheitsaufgabe des Klimawandels in den Griff zu bekommen. Das zeigt, dass der Druck von außen noch weiter steigen muss. Die Abgeordneten müssen zu spüren kriegen, dass ihre persönliche Karriere davon abhängt, ob sie sich effektiv für Klimaschutz einsetzen oder nicht.

Es ist also wichtig, dass Klimabewegungen und soziale Kräfte gebündelt werden und an politischer Macht gewinnen. Ich selbst werde mich weiterhin mit Bewegungen/Organisationen treffen um eine Einheit beider Themen herzustellen. Für die Zukunft wäre es wichtig, dass sowohl mehr Politiker*innen diese Themen und die gesellschaftlichen Bewegungen ernst nehmen, als auch, dass die Menschen, die die Kapazitäten dafür haben, weiter Druck aufbauen.

Mit freundlichen Grüßen
Marco Bülow