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Marco Bülow
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Frage von Wolfgang H. •

Frage an Marco Bülow von Wolfgang H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Herr Bülow,

Sie wissen vielleicht, daß die Mehrheit der Bewölkerung in Deutschland gegen den Einsatz unserer Truppen in Afghanistan ist.
Wie ist es möglich, daß die gewählten Volksvertreter nicht mehr den Willen des Volkes
respektieren.
Mir ist bekannt, dass Sie gegen den AWACS Einsatz gestimmt haben. Aber das genügt
doch nicht. Was unternehmen Sie derzeit in dieser Frage, um Mehrheiten für einen Abzug der Soldaten zu werben? Global gesprochen, habe ich den Eindruck, das Politik
nicht für den Bürger gemacht wird, sondern mehr im Sinne von bestimmten Interessengruppen.
Das ist m.E.der Grund für das Desinteresse an Wahlen und die geringe Wahlberteiligung.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang B.Hollmann

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Antwort von
Die PARTEI

Sehr geehrter Herr Hollmann,

zunächst vielen Dank für Ihre Frage vom 4. August 2009 zum Thema „Afghanistan“. Entschuldigen Sie bitte, dass Sie jetzt erst eine Antwort erhalten.

Genau wie Sie, habe auch ich den Eindruck, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan mittlerweile ablehnend gegenübersteht. Ich persönlich habe meine grundsätzlich kritische Haltung gegenüber Einsätzen der Bundeswehr in Afghanistan und anderen Ländern immer wieder deutlich gemacht und dies auch in meinen Abstimmungen und in den Diskussionen innerhalb meiner Fraktion zum Ausdruck gebracht.

Die Bundeswehr ist heute weltweit im Einsatz und neben die ursprüngliche Aufgabe der Landesverteidigung sind Krisenreaktion und Krisenbewältigung gerückt. Die damalige rot-grüne Bundesregierung hat vereinbart, dass militärische Einsätze im Ausland grundsätzlich ein Instrument von Friedens- und Sicherheitspolitik darstellen sollen. Militär allein kann nie einen Konflikt lösen, sondern bedarf immer flankierender Maßnahmen. Militärische Auslandseinsätze müssen meiner Meinung nach stets in ein politisches Gesamtkonzept eingebettet sein, das militärische Mittel mit politischen Instrumenten - insbesondere aus der Entwicklungspolitik - verschränkt. Dennoch dürfen sie nur das letzte Mittel darstellen. Offensichtlich ist für mich, dass bei Einsätzen die möglichen Mittel zur nichtmilitärischen Krisenbewältigung nur selten ausgeschöpft werden. Durch eine Überschätzung militärischer Einsätze als Mittel der Konfliktaustragung wird der Suche nach politischen Lösungen leider oft kein Vorrang eingeräumt. Zu Beginn eines Einsatzes fehlte es in der Vergangenheit oft an einer ehrlichen Formulierung eines klaren Auftrags und der realen Erfolgsaussichten in der konkreten Konfliktkonstellation. Bei dem deutschen Afghanistan-Engagement gab es, neben den zwar zahlreichen Fortschritten im Rahmen des ISAF-Mandats, in vielen Bereichen nur unzureichende positive Ergebnisse und auch negative Auswirkungen zu vermelden. Die Sicherheitslage ist äußerst angespannt. Insbesondere im Süden und Osten kommt es vermehrt zu politisch motivierten Anschlägen. Auch im Norden und Westen wird es, wie die jüngsten Anschläge mit deutschen Todesopfern zeigen, zunehmend gefährlicher für die stationierten Truppen. Eine Vielzahl der deutschen Soldatinnen und Soldaten ist nicht ausreichend für Kriseneinsätze wie in Afghanistan ausgebildet. Klar ist für mich, dass unsere Aufgabe in Afghanistan nicht erfüllt wurde. Unsicherheit und Gewalt behindern den Fortschritt. Die militärische Terrorbekämpfung, so wie sie in Afghanistan unter dem Schirm der OEF (Operation Enduring Freedom) vollzogen wird, ist meiner Meinung nach nicht erfolgreich. Ich glaube nicht, dass die OEF als Operation der sogenannten Koalition der Willigen unter Führung der USA noch ein tragfähiges Modell für ein Engagement in Afghanistan und darüber hinaus sein kann.

Egal welche Einstellung man zu Auslandseinsätzen auch hat, insgesamt wird man feststellen müssen, dass die deutschen Streitkräfte in der letzten Zeit an ihre Grenzen stoßen und eine Gesamtdiskussion über Verhandlungslösungen und zivile Hilfen überfällig ist. Ich werde mich in der nächsten Legislaturperiode im Rahmen meiner Möglichkeiten dafür einsetzen, dass wir eine solche Diskussion endlich offen führen und uns Gedanken über eine Rückzugsstrategie machen.

Ich möchte Ihnen noch sagen, dass ich Ihren Unmut über eine zu stark von Interessengruppen beeinflusste Politik gut verstehen kann. Auch ich bin in der Vergangenheit schon oft davon enttäuscht worden, wie stark bestimmte Entscheidungen durch Lobbyisten beeinflusst und wie wenig sie aus sachlichen Beweggründen oder politischer Überzeugung getroffen wurden. Ich setzte mich genau aus diesem Grund dafür ein, dass Politiker ihre Nebeneinkünfte vollständig offenlegen und begrenzen. Einem von Lobbyinteressen geleiteten Verhalten einiger Abgeordneter dürfen wir nicht einfach tatenlos zusehen. Wir brauchen auch ein Lobbyregister, indem öffentlich wird, welche Lobbys wo ihre Politik betreiben. Nichtsdestotrotz plädiere ich auch immer dafür „die Politiker“ nicht alle über einen Kamm zu scheren. Die meisten Abgeordneten nehmen ihren Job sehr ernst und sind sich der Erwartungen, die an sie gestellt werden, bewusst. Leider weiß aber kaum jemand, was Politiker leisten und vor allem was sie überhaupt beeinflussen können. Natürlich machen die Parlamentarier, die stetig mit dem Strom schwimmen, es sich jedoch zu leicht.

Ich lade Sie ein sich auf meiner Homepage http://www.marco-buelow.de ein Bild über meine Arbeit und meine Positionen zu machen.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen und wünsche Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Marco Bülow