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Frage von Benjamin M. •

Frage an Lothar Mark von Benjamin M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Mark

Wie Sie der FAZ vom 19.03.2009 auf Seite 29 entnehmen können ist Google momentan dabei im großen Umfang Bücher weltweit zu digitalisieren.
Dabei werden auch Bücher digitalisiert die von europäischen und insbesondere deutschen Autoren und Verlagen stammen. Wie dem Artikel zu entnehmen ist geht damit auch eine massive Verletzung der Urheberrechte der Verlage und Autoren einher, die einer Enteignung gleichkommt.
Viele Autoren dürften sich in Zukunft überlegen ob Sie noch ein Buch schreiben, wenn Sie befürchten müssen das aufgrund der jetzigen Entwicklung Sie schon mit Erscheinen des Buches ihren Urheberechtsanspruch De-Facto verloren haben.

Da auf diese Weise auch deutsches Recht unterlaufen und somit für nichtig erklärt wird, was kann die Bundesregierung oder die EU konkret dagegen unternehmen?
Besteht die Möglichkeit einer Klage vor der WTO gegen dieses Unterfangen?
Ist dieses Thema in der Bundesregierung überhaupt bekannt?

Mit freundlichen Grüßen

Benjamin Moos

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Moos,

vielen Dank für Ihre Mail zum Thema "Google-Digitalisierung", die ich erst jetzt beantworte, da ich zunächst die weitere Diskussion abwarten wollte.

Tatsächlich sehen sich Fraktion und Regierung erst seit kurzem mit dieser neuen Problematik konfrontiert, zumal in dem Bereich auch Kenntnisse des US-amerikanischen Rechtssystems nötig waren. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir inzwischen für das Thema sensibilisiert sind. So hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries am 27. Mai ein europäisches Vorgehen gegen Google-Books gefordert, nachdem sie vorher dafür gesorgt hatte, das Thema auf die Tagesordnung des Wettbewerbsfähigkeitsrats der EU zu setzen. In ihrer Pressemitteilung heißt es zu den Ergebnissen:

"Das Vorgehen von Google bei der Digitalisierung von Büchern ist nicht akzeptabel. Es ist mit den Grundsätzen des europäischen Urheberrechts nicht zu vereinbaren. Bei uns in Europa ist die Zustimmung des Urhebers einzuholen, bevor ein Werk digitalisiert und im Internet zugänglich gemacht wird. Ich halte es für dringend erforderlich, dass der Rat ein klares politisches Signal sendet, um zu verhindern, dass Google die in den USA digitalisierten Werke ohne Einverständnis der Rechtsinhaber in Europa öffentlich zugänglich macht ...

Google hat in den USA ohne vorherige Zustimmung der Rechtsinhaber Bücher aus US-amerikanischen Bibliotheken eingescannt. Die digitalen Kopien nutzt Google für den Aufbau einer Datenbank, der sogenannten "Google Buchsuche". Mit Hilfe dieser Datenbank werden einem Internetnutzer eine Ansicht der Titelseite und in den meisten Fällen auch kurze Ausschnitte aus den Büchern angezeigt, sogenannte "snippets". Unter den gescannten Büchern befindet sich auch eine Vielzahl von Büchern europäischer Rechtsinhaber.

Amerikanische Autoren- und Verlegerverbände haben wegen der Verletzung von Urheberrechten gegen Google in den USA geklagt. Bei dieser Klage handelt es sich um eine sogenannte "class action", die das deutsche Recht nicht kennt. Die Entscheidung bei einer "class action" wirkt nicht nur für die Parteien des Rechtsstreits, sondern für alle Mitglieder einer "class", also für alle Autoren und Verlage, die von Googles Vorgehen betroffen sind. Der Rechtsstreit soll durch einen Vergleich - der allerdings noch am 7. Oktober 2009 vom Gericht abschließend gebilligt werden muss - beigelegt werden. Der angestrebte Vergleich würde auch europäische Autoren und Verlage betreffen.

Den Wirkungen des Vergleichs können sich die Urheber und Verlage nur dadurch entziehen, dass sie bis zum 4. September 2009 ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. Damit behalten sie auch das Recht, selbst Klage gegen Google zu erheben. Unabhängig vom Austritt können sie bis zum 4. September 2009 Einwände gegen den Inhalt des Vergleichs vorbringen und Änderungen beantragen."

Die Diskussion über Google Books soll in einer der nächsten Ratssitzungen fortgeführt werden. Die EU-Kommission wird sich zwischenzeitlich des Themas annehmen. "Sie sollte das Projekt "Google Books" und die Auswirkungen des in den USA geschlossenen Vergleichs überprüfen, sowohl unter urheberrechtlichen als auch unter kulturpolitischen und kartellrechtlichen Aspekten. Brüssel muss gegebenenfalls weitere Maßnahmen zum Schutz der Rechtsinhaber einleiten. Googles Vorgehen ist nämlich nicht nur urheberrechtlich bedenklich, sondern kann sich auch auf die Medienkonzentration und die kulturelle Vielfalt in Europa auswirken", so die Ministerin.

Bei uns hatten sich Autoren und Verlage im "Heidelberger Appell" zur Google-Digitalisierungspraxis geäußert und mit auf die Problematik aufmerksam gemacht. Weitere Informationen, insbesondere Empfehlungen der Wahrnehmungsgesellschaft VG Wort zur Wahrnehmung der Autorenrechte im Hinblick auf den in den USA zwischen Google und den amerikanischen Autoren- und Verlegerverbänden auf deren Klage ("class action") hin geschlossenen Vergleich finden sich unter folgendem Link: http://www.vgwort.de/aktuell.php

Das Verhalten von Google widerspricht eindeutig dem europäischen Urheberrechtsverständnis. Wenn Google seine eingescannten Bücher (oder Auszüge daraus) auch in Deutschland ohne Zustimmung der Rechtsinhaber öffentlich zugänglich machen will, ist die Rechtslage klar: Nach geltendem Urheberrecht bedarf es zur Digitalisierung und zum Online-Stellen von Büchern der Einwilligung der Rechtsinhaber. Die Digitalisierung ist eine Vervielfältigung i.S.v. § 16 UrhG und unterfällt dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers. Für das Online-Stellen - eine öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG - gilt dasselbe. Das Handeln von Google ist auch durch keine bestehende Schrankenregelung gedeckt. In Deutschland besteht damit umfassender Schutz, um entsprechende Handlungen von Google zu unterbinden. Dennoch ist es richtig, gegen den Mißbrauch des Urheberrechts eine europäische Regelung zu finden.

Ich hoffe sehr, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen kann.

Mit freundlichem Gruß

Ihr Lothar Mark