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Frage von Matthias D. •

Frage an Lothar Bisky von Matthias D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bisky

Im März dieses Jahres wurde der „Euro Plus- Pakt“ beschlossen. In diesen wird weiterhin von der „Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit vom Wachstum der Wirtschaft. geschrieben.
. Die jeweiligen nationalen Wettbewerbs Schritte sollen unter ständiger Kontrolle der EU Kommission stehen .Hinzu sollen Haushaltspläne der nationalen Parlamente einer Genehmigung der Kommission unterliegen.
Heute vereinbarten Herr Sarkozy und Frau Merkel sich stark zu machen für eine einheitliche EU Wirtschafsregierung Die soziale Lage verschärft sich immer mehr.
Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach nötig um die wirtschaftliche,finanzelle und soziale Situation wieder zu Stabilisieren?
Hebelt eine einheitliche EU Wirtschaftregierungsowie das "Euro Plus Pakt" nicht die Rechte des Bundestages und des EU Parlament aus und die Verfassung auch?

Mit freundlichen Grüssen

Matthias Dörr

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Dörr,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich teile Ihre Befürchtung, dass die zunehmend zu beobachtende "Intergouvernementalisierung" der Entscheidungsfindung in der EU, also Vereinbarungen zwischen Regierungen ohne parlamentarische Legitimierung und Kontrolle, ein ernsthaftes Problem für die demokratische Entwicklung des europäischen Integrationsprozesses darstellen. Im Plenum des Europäischen Parlaments habe ich mich dahingehend mehrfach kritisch geäußert.

Vor allem jedoch bin ich, ist meine Partei und Fraktion, der Auffassung, dass die Wirtschaftspolitiken der EU und ihrer Mitgliedstaaten seit Jahren in eine falsche Richtung laufen und so letztlich in die Krise geführt haben. Leider sind aus der Krise nicht die richtigen Lehren gezogen worden, sondern diese Politiken - Liberalisierung der Finanzmärkte, Privatisierungen öffentlicher Dienstleistungen und sozialer Risiken, ´Flexibilisierung´ der Arbeitsmärkte - werden zum Teil sogar noch stärker weiterverfolgt, siehe u. a. die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Es gibt einige wenige Bemühungen zur gesetzlichen Re-Regulierung der Finanzmärkte auf EU-Ebene, sie kommen jedoch leider nur sehr schleppend voran und sind unzureichend.

DIE LINKE forderte bereits 2009 in ihrem Europawahlprogramm eine europäische Wirtschaftsregierung statt einer Wirtschaft, die Europa regiert. Diese soll die Geld-, Finanz- und Wirtschaftspolitik koordinieren, wirtschaftlichen Nationalismus überwinden, soziale und ökologische Belange vor Profitinteressen stellen. Eine gemeinsame Währung kann nicht ohne wirtschafts-, finanz-, steuer- und sozialpolitische Kooperation und Solidarität funktionieren. Es ist also auch notwendig, dass sich die EU auf verbindliche und hohe Standards in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik verständigt.

Zu den konkreten Maßnahmen, die die LINKE in Deutschland und Europa unterstützt gehören u. a. Eurobonds, die Finanztransaktionssteuer, eine echte Beteiligung der Finanzmarktspekulanten an den Kosten der Krise, die Schaffung öffentlicher Einrichtungen als Gegengewicht zu privaten Rating Agenturen. Hochrisikobehaftete Finanzinstrumente (z. B. Hedgefonds) gehören verboten.
Gesetzliche Schuldenbremsen, massive und umfassende Sparauflagen und ähnliche Vorschriften, die de facto Parlamente und zukünftige Regierungen auf Jahre in ihrer Handlungsfähigkeit einschränken, halten wir für falsch.
Vielmehr wären gerade jetzt Investitionen notwendig, die die Binnennachfrage stärken, dauerhafte Arbeitsplätze zu guten Löhnen schaffen und neue, umweltfreundlich Technologien und Wirtschaftsweisen fördern.

Ich lade Sie herzlich ein, sich auf den Internetseiten der Delegation der LINKEN im Europäischen Parlament http://www.dielinke-europa.eu umfassender und regelmäßig über unsere Positionen und Aktivitäten in den genannten und vielen anderen Politikbereichen zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Lothar Bisky"