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Frage von Sylvia S. •

Frage an Lothar Bisky von Sylvia S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Bisky,

im Wahlkampf sollte ein jeder Bürger die Partei wählen, mit der er sich am meisten identifizieren kann. Bislang dachte ich immer die Linkspartei ist für die Einführung der Mindeststandards, wie den Mindestlohn. Daher war ich doch mehr als irritiert, wie widersprüchlich die Aussage eines einzelnen z. B. zum Thema MIndestlohn sein kann. Im letzten Jahr wurde vom Linkspartei Senator Harald Wolf noch der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn gefordert. In einer Pressemitteilung vor wenigen Tagen las ich einen Bericht, indem sich Herr Wolf für die Rekutierung von Mitarbeitern in Berlin im Bereich Call Center einsetzt und zwar zu Dumping Löhnen. Welche "Zuwendung" hat seine Meinung so stark verändert?
Ich komme selbst aus dem Niedriglohnsektor und weiß aus eigener Erfahrung wie es ist, wenn die Mitarbeiter noch zusätzlich Hartz IV beantragen müssen, weil sie von dem was sie verdienen nicht leben können.
Damit stellt sich für mich die Frage, wie viel verschiedene Ansichten gibt es dazu in Ihrer Partei? Ich glaube, dass durch solch unterschiedliche Aussagen, die Wähler stark verunsichert werden und dies dem Wahlkampf defenitiv stimmen kostet.

Mit freundlichem Gruß
Sylvia Steinke

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Steinke,

DIE LINKE fordert die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes, ohne Wenn und Aber. Wir wollen einen gesetzlichen Mindestlohn europaweit. Darauf hat sich die Europäische Linke, ein Zusammenschluss von 30 linken Parteien in Europa, verständigt. Derzeit verfügen 21 von 27 EU-Mitgliedstaaten über flächendeckende Mindestlöhne. DIE LINKE und ich selbst unterstützen die Forderung des Europäischen Parlaments, dass die EU eine Zielvorgabe zum Niveau von Mindestlöhnen in Höhe von mindestens 60 Prozent des nationalen Durchschnittslohns vereinbart, um Armut trotz Erwerbsarbeit zu verhindern.
DIE LINKE tritt darüber hinaus für eine Lohnpolitik ein, die den Produktivitätszuwachs, einen Inflationsausgleich sowie eine Umverteilungskomponente beinhaltet. Europäische Lohnleitlinien zur Begrenzung des Lohnzuwachses lehnen wir ab. Wir wollen, dass Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich verkürzt und Überstunden drastisch abgebaut werden, um die Massenerwerbslosigkeit zu überwinden und den Reichtum umzuverteilen. Ausnahmeregelungen und Lücken in der EU-Arbeitszeitrichtlinie müssen nach meiner und unserer Meinung beseitigt und eine allgemein verbindliche wöchentliche Höchstarbeitszeit eingeführt werden.
Wir streiten für eine soziale Fortschrittsklausel im EU-Recht. Sie muss gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit am gleichen Ort sichern. Mitgliedstaaten und Tarifparteien dürfen nach Ansicht der LINKEN nicht daran gehindert werden, höhere Standards als in der Entsenderichtlinie vorgesehen durchzusetzen. Sie - die Entsenderichtlinie - muss in der nächsten Wahlperiode des Europäischen Parlaments entsprechend geändert werden. Zusätzlich muss in Deutschland endlich ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden. Das sieht auch der Berliner Wirtschaftssenator der LINKEN, Harald Wolf, so, er hat sich wiederholt entsprechend geäußert, darauf haben Sie ja auch hingewiesen. Harald Wolf kämpft ebenso gegen Dumpinglöhne, wie die gesamte LINKE. Dies zeigt sich daran, dass er ein Tariftreue- bzw. Vergabegesetz für das Land Berlin vorlegte, das einen Mindestlohn beinhaltete. Dieses Gesetz wurde vergangenes Jahr drei Tage nach seinem Inkrafttreten vom Europäischen Gerichtshof verunmöglicht. Harald Wolf arbeitet derzeit an einem neuen Vergabegesetz. Wenn es gelänge, auch im Land Berlin, Löhne von 4, 5, 6 oder 7 Euro im Rahmen von Aufträgen Berlins endlich Geschichte werden zu lassen, wären wir alle dem Ziel, Existenz sichernder Löhne schon ein gehöriges Stück näher. DIE LINKE fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro in der Stunde, weil wir für Existenz sichernde Löhne streiten. Senator Wolf ist Mitglied einer Koalitionsregierung und muss für einen Gesetzentwurf die Zustimmung des Koaltionspartners erhalten. Sie können sicher sein, dass er auch bei der Höhe des Mindestlohnes für Aufträge der öffentlichen Hand hier im Interesse der betroffenen Beschäftigten herausholt, was herauszuholen ist. Auch 7,50 Euro in der Stunde wären für die, die bis dato für fünf Euro oder weniger schuften müssen, bereits ein deutlicher Fortschritt.
Fazit: DIE LINKE ist in der Frage des gesetzlichen Mindestlohnes einheitlich.
Arbeit darf nicht arm machen, von Arbeit muss man leben können!

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Bisky