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Frage von Andreas G. •

Frage an Lothar Binding von Andreas G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Binding,
vor einigen Wochen wurde in verschiedenen Medien über ein neues Phänomen bei Betriebsprüfungen durch verschiedenen bayerischen Finanzämtern, insbesondere aus dem Münchener Raum berichtet. Hiernach wurden Werbetreibenden Unternehmen, welche Google, Facebook etc. für Onlinewerbung nutzen, Haftungsbescheide aufgrund eines nicht erfolgten Quellensteuerabzugs nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG angedroht. In eigen Fällen ergeben sich hier nachzuzahlende Beträge in Millionenbereich (siehe https://www.wiwo.de/unternehmen/mittelstand/sondersteuer-fuer-online-werbung-findige-finanzbeamte-schrecken-online-haendler-auf/24018288.html). Dies hat existenzbedrohende Folgen für die betroffenen Unternehmen. Diese sind plötzlich mit einem bisher nie diskutierten Quellensteuerabzug konfrontiert. Grundlage für diesen Quellensteuerabzug ist ein juristischer Kniff der erstmals von einem Sachgebietsleiter eines Münchner Finanzamts in „nicht dienstlicher Eigenschaft“ Anfang 2019 in einem steuerlichen Fachmagazin veröffentlicht wurde. Danach soll die Werbung auf Google und Facebook eine „Überlassung von Rechten“ darstellen. Nur durch diesen Kniff wird Onlinewerbung zu einem Tatbestand der unter den Quellsteuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG führt. Ob hier tatsächlich eine „Überlassung von Rechten“ vorliegt, darf getrost bezweifelt werden. Tatsächlich bleiben alle Rechte insbesondere auch Algorithmen, Kow How etc. bei Facebook und Google. Obwohl daher erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Haftungsbescheiden besteht, werden diese wohl derzeit zumindest angedroht und Unternehmen damit einer erheblichen Unsicherheit ausgesetzt. Sind Sie der Meinung, dass Werbetreibende auf Onlineplattformen auf der Grundlage einer nicht nachvollziehbaren Auslegung des § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG als „Steuereintreiber“ des Staates fungieren soll, oder wollen Sie sich dafür einsetzten das diesem Spuk schnellstmöglich ein Ende gesetzt wird?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr G.,

Sie befürchten, dass Werbetreibende künftig als Steuereintreiber des Staates fungieren sollen. Ihre Sorge steht im Zusammenhang mit einem Bericht in der Wirtschaftswoche, nach dem Betriebsprüfer der bayerischen Finanzverwaltung Vergütungen an ausländische Internetunternehmen für Onlinewerbung einem Quellensteuerabzug unterwerfen wollen. Es geht dabei insbesondere um Vergütungen für digitale Werbeanzeigen an die in Irland ansässige Google Ltd.

Zwischen den obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern wurde mittlerweile die steuerliche Behandlung von Vergütungen für Onlinewerbung geklärt. Im Gegensatz zur Auffassung der bayerischen Betriebsprüfer handelt es sich bei den Vergütungen um keine Lizenzzahlungen für Rechteüberlassungen, sondern um Zahlungen für eine Dienstleistung. Für einen Quellensteuerabzug gibt es somit keine Grundlage.

Ein Quellensteuerabzug wäre auch nach den Regelungen im internationalen Steuerrecht ins Leere gelaufen. Nach dem OECD-Musterabkommen sind Einkünfte aus der Bereitstellung von Online-Werbung als Unternehmensgewinne und nicht als Lizenzgebühren einzuordnen. Dies bedeutet, dass die Entgelte für von einem im Ausland ansässigen Unternehmen erbrachte Online-Werbeleistungen nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden können. Im Fall einer Vergütung an Google Ltd. steht somit Irland das alleinige Besteuerungsrecht zu. Deutschland müsste eine einbehaltene Quellensteuer wieder erstatten.

Hoffentlich hilft Ihnen meine Antwort einen Schritt weiter.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding