Portrait von Leo Dautzenberg
Leo Dautzenberg
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Leo Dautzenberg zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Bjoern S. •

Frage an Leo Dautzenberg von Bjoern S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dautzenberg,

nachdem Sie im letzten Jahr fuer die Novelle des BKA-Gesetzes, das von Kritikern in vielen Punkten fuer verfassungswidrig gehalten wird und gegen das deswegen eine Verfassungsbeschwerde laeuft, gestimmt haben, gestatten Sie mir bitte einige Fragen zur den "Internet-Sperren", die ja auch in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung eingreifen.

Vorweg: Den Kritikern der Internet-Sperren, wie z.B. den fast 90.000 Unterzeichnern der ePetition "Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" vom 22.04.2009, liegt nichts an der Verteidigung von Kinder- und Jugend-Pornographie, sondern ausschliesslich an der freien Kommunikation, die nun noch weiter gefaehrdet ist. Kinderpornographie ist ein Verbrechen; und genau wie bei der Vergewaltigung eines Jugendlichen oder Erwachsenen halte ich die verhaengten Strafen fuer zu gering. Trotzdem finde ich, dass Internet-Sperren der falsche Weg sind - die Ermittlungsbehoerden muessen dringend personell aufgestockt und besser ausgebildet werden. Das Ziel der Ermittlungen sollten naemlich nicht diejenigen sein, die sich die Bilder und Filme ansehen, sondern die, die die Opfer misshandeln und die Medien produzieren und vertreiben.

1. Wie wird gewaehrleistet, dass das BKA nicht auch legale Seiten auf die geheimen Sperrlisten setzt? (Zumal schon die Lobbyisten der Urheberrechts-Verwerter bereits solche Sperren fordern.)

2. Die meisten der bemaengelten Seiten liegen in den USA oder in der EU (und somit auch in Deutschland). Warum wird da nicht der Hoster informiert, dass er die Seite abschaltet?

3. Soll der Internetnutzer von morgen, also auch die jetzigen Kinder, wirklich mit einer "Schere im Kopf" leben, also der Angst, dass bei jedem Mausklick auf einen Link ein Stop-Schild erscheint und Hausdurchsuchung und Strafverfolgung in greifbare Naehe ruecken? Ist das dann noch das Grundrecht auf "ungehinderte Unterrichtung aus allgemein zugaenglichen Quellen" (GG Art.5)?

Mit freundlichen Gruessen

B.Schumacher

Portrait von Leo Dautzenberg
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schumacher,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 20.05.2009, in der Sie mir einige Fragen zum Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet stellen.

Auf Ihre Fragen möchte ich wie folgt eingehen:

Zu 1)

In der öffentlichen Diskussion ist leider bisher nicht ausreichend verdeutlicht worden, dass die Einschränkungen des Zugangs und die Strafverfolgung sich nur auf die besondere Struktur des § 184b des Strafgesetzbuches beziehen, d. h. auf die Verschaffung der Kinderpornographie.

Gemäß § 184b des Strafgesetzbuches gilt grundsätzlich, dass sich strafbar macht, wer es unternimmt, sich kinderpornographische Schriften – dazu gehören auch Dateien und das Betrachten von Bildern im Netz – zu verschaffen. Der Bundesgerichtshof hat dies folgendermaßen präzisiert: „Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC-Systems erlangt dessen Benutzer Besitz, weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden" (BGH 1 StR 430/06 - Beschluss vom 10.10.2006). Entsprechend ist die Sperrung einer derartigen Seite als die Verhinderung einer Straftat zu qualifizieren. Dies unterscheidet diesen Fall z.B. von dem der Sperrung einer Seite, die vielleicht einen strafwürdigen Inhalt hat, wo es aber nicht strafbar ist, sie sich zu verschaffen.

Um den vorgebrachten Bedenken hinsichtlich einer Zensur des Internets Rechnung zu tragen, umfasst das nun beschlossene Gesetz ein ausdrückliches Verbot, die Sperrtechnik für andere Zwecke einzusetzen. Darüber hinaus wird ein beim Bundesdatenschutzbeauftragten eingerichtetes, unabhängiges Expertengremium die vom Bundeskriminalamt erstellen Sperrlisten kontrollieren.

Zu 2)

Ich stimme Ihnen zu, dass oftmals ein Hinweis an die Betreiber der Server genügt, um kinderpornographische Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Doch leider führt dies nicht immer zum Erfolg.

Gerade wenn die Server, auf denen sich Kinderpornographie befindet, im Ausland - insbesondere außerhalb der Europäischen Union - liegen, sind die Einwirkungsmöglichkeiten der deutschen Behörden, um die Entfernung kinderpornographischer Inhalte von diesen Servern zu erreichen, häufig sehr begrenzt. Gerade für diese Fälle ist es sinnvoll, wenn die deutschen Internet-Zugangsanbieter (Provider) zur Sperrung des Zugriffs auf solche Internetseiten verpflichtet werden. Im Übrigen ist es nach deutschem Recht schon heute so - und wird auch in der Praxis schon umgesetzt - dass, wenn derartiges Material auf Servern in Deutschland festgestellt wird, die sofortige Entfernung des Materials durchgesetzt wird.

Zu 3)

Wie bereits oben erwähnt, ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen auch bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen, bei denen z.B. das Betrachten der Seite straflos ist und eine weitere Handlung – möglicherweise ein Download einer Datei – hinzutreten muss, um ein Rechtsgut zu verletzen.

Insofern bin ich fest davon überzeugt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Grundrechte der Bürger nicht tangieren wird.

Ich hoffe, Ihnen meine Position verdeutlicht zu haben, bedanke mich für Ihr Interesse und stehe Ihnen gerne für Rückfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Leo Dautzenberg MdB**