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Koray Yılmaz-Günay
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Frage von Benjamin K. •

Frage an Koray Yılmaz-Günay von Benjamin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sind sie eigentlich religiös?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Krüger,

die Moderation von Abgeordnetenwatch hat Ihre Frage nicht freigeschaltet, weil sie als «Frage zum Privatleben» klassifiziert wurde. Ich habe dennoch darum gebeten, sie freizugeben, weil ich denke, dass sie einen Kernbereich unserer Gesellschaftsordnung berührt.

Ich möchte Ihnen zunächst so «privat» antworten wie Sie gefragt haben: Ich bin in einem sehr laizistischen Elternhaus aufgewachsen und habe von Kindheit an gelernt, dass Religiosität etwas Persönliches ist. Als Kind meiner Eltern habe ich gelernt, dass Staat und Religionsgemeinschaften ihre Sektoren trennen und diese Trennung unter allen Umständen akzeptieren sollten. Dies ist auch meine Herangehensweise als Politiker.

Leider leben wir in einem Land, in dem die Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften nicht vollständig vollzogen ist. Deutschland ist sogar ein Land, in dem besonders starke Verquickungen zwischen dem Staat und - zumindest manchen - Religionsgemeinschaften existieren. Die christlichen Großkirchen sind nicht nur durch Personal und Symbole in allerlei Gremien und öffentlichen Gebäuden vertreten, in denen sie nichts zu suchen haben müssten (bis hin zu Jugendhilfeausschüssen in den Bezirken), die Finanzämter ziehen in Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern auch ihre Mitgliedsbeiträge ein. Die Liste ließe sich noch verlängern, hier nur eine Auswahl: Jenseits der Kirchensteuer-Problematik werden aus den Steuern der Allgemeinheit - also auch von denen, die nicht Kirchenmitglied sind - Militär-, Gefängnis- und Polizeiseelsorge bezahlt, bei Staatsakten predigen ihre Bischöfe wie selbstverständlich, ob nun ökumenisch oder nicht. Das Allgemeine (!!) Gleichbehandlungsgesetz stellt es den Großkirchen ausdrücklich frei, Menschen zu diskriminieren, die nicht in das Glaubenssystem passen (Frauen mit Kopftuch, Menschen mit Eingetragener Lebenspartnerschaft, Atheistinnen und Atheisten, Menschen, die eine «falsche» Religionszugehörigkeit haben etc.). Da die Kirchen mit ihren Seniorenheimen, Kindergärten, Schulen, Beratungsstellen usw. sehr, sehr große Arbeitgeberinnen sind, stellt sich mir die Frage: Warum?

Andere Religionsgemeinschaften genießen diese Privilegien nicht. Denken sie nur einige der - auch christlichen - «Freikirchen», manche jüdische Gemeinden und muslimische Moschee-Vereine. Zum Teil lehnen werden solche Vorrechte sogar aus dem «betroffenen» Lager abgelehnt.

Für mich als Laizisten ist klar: Der Staat hat nicht die Aufgabe, religiöse Angebote zu finanzieren. Krankenhäuser, Schwangerenberatungsstellen, Migrationserstberatungsstellen etc. müssen weltanschaulich neutral geführt werden. Alle müssen wählen können, ob sie einer Religionsgemeinschaft angehören wollen bzw. welcher. Gleiche Rechte für alle also - keine Religionsgemeinschaft darf gegenüber anderen privilegiert werden.

Ihr Koray Yilmaz-Günay