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Klaus Ernst
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Frage von Stephan N. •

Frage an Klaus Ernst von Stephan N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Lieber Klaus Ernst,

ich habe zwei Fragen zu Mindestlöhnen allgemein. Es gibt verschiedene Auffassungen über einen Mindestlohn. Gewerkschaften und SPD fordern 7,50€, DIE LINKE im Verlaufe der nächsten vier Jahre 10€ und andere lehnen ihn komplett ab.

Nun wundert mich, das Schwaz-Gelb den Staat zulässt, wenn er Löhne aufstocken soll, hingegen den Mindestlohn nicht festlegen soll.

1) Argumentieren Sie auch immer volkswirtschaftlich, nämlich dass der Lohn nicht nur ein betriebswirtschafticher Produktionsfaktor, sondern ein volkswirtschaftlicher Konsumfaktor wäre?
2) Haben Sie einmal verglichen, wie hoch ein fiktiver Stundenlohn nach Aufstockung wäre im Vergleich zu den 7,50€- und den 10€-Forderungen? Daran ließe sich ggf. aufzeigen, dass eine Aufstockung ein Quasi-Mindestlohn wäre.

Ich hoffe, meine Fragen sind verständlich und beantwortbar. Für den Sonntag drücke ich Ihnen die Daumen. Meine Stimmen hat DIE LINKE!

Stephan Noack

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Noack,

Klaus Ernst hat mich gebeten, nachzusehen, ob es noch offene Fragen bei Abgeordnetenwatch gibt und diese gegebenenfalls zu beantworten. Dabei ist mir aufgefallen, dass Sie noch keine Antwort auf Ihre Fragen zum Mindestlohn bekommen haben. Das tut mir wirklich Leid und ich hoffe, dass Sie die ausführliche Antwort für die Verspätung entschädigen kann.

Ihre Frage, ob Klaus Ernst in Bezug auf den Mindestlohn volkswirtschaftlich argumentiert, also den Lohn auch als einen volkswirtschaftlichen Konsumfaktor betrachtet, kann ich ganz klar mit einem "Ja" beantworten. Als Diplom-Volkswirt weiß Herr Ernst, dass der volkswirtschaftliche Effekt eins der stärksten Argumente für den Mindestlohn ist.

Gerade in der aktuellen Krise der europäischen Volkswirtschaften ist ein gesetzlicher Mindestlohn unabdingbar, um die Realwirtschaft über eine gestärkte Binnennachfrage zu stabilisieren, vorhandene Arbeitsplätze zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Nach Berechnungen der PROGNOS AG würde ein Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde die Realeinkommen um 17,7 Milliarden Euro erhöhen. Der Untersuchung zufolge hätte das einen Beschäftigungseffekt 200.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen.

Entscheidend ist aber die Höhe des Mindestlohns! Ein Mindestlohn, der sich beispielsweise auf dem Niveau der geplanten Lohnuntergrenze in der Leiharbeit bewegt, verfehlt diese positiven Effekte. Vollzeitbeschäftigte müssen von ihrer Arbeit leben können! Außerdem hat das heutige Arbeitseinkommen eine auskömmliche Rente im Alter zu ermöglichen, die nach 45 Beitragsjahren oberhalb der Höhe der Grundsicherung im Alter liegt.

Das macht bei einer Vollzeitbeschäftigung selbst nach Berechnungen der Bundesregierung einen Mindestlohn in Höhe von etwa 10 Euro pro Stunde notwendig. Die Gewerkschaften fordern inzwischen, mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde einzusteigen und ihn zügig auf 10 Euro zu erhöhen. Und Sie haben Recht: DIE LINKE setzt sich für die Einführung eines flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohns von 10 Euro ein. In dieser Höhe entspricht er dem gesetzlichen Mindestlohn in vergleichbaren europäischen Volkswirtschaften wie Frankreich. Und nur in dieser Höhe wäre er ein Garant dafür, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich in der stärksten Volkswirtschaft Europas nicht immer weiter öffnet.

Ihre zweite Frage muss ich hingegen mit einem "Nein" beantworten. Es würde keinen Sinn machen zu vergleichen, "wie hoch ein fiktiver Stundenlohn nach Aufstockung wäre", denn Aufstockungen erfolgen unabhängig von der Zahl der gearbeiteten Stunden.

Ich hoffe sehr Ihnen mit dieser Antwort weiter geholfen zu haben.

Mit freundlichem Gruß

i.A. Björn Resener

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