Kerstin Tack
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Frage von Elke B. •

Frage an Kerstin Tack von Elke B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Tack,

erfreut habe ich gelesen, dass auch im nächsten Jahr die Renten wieder um ca. 3 % steigen sollen. Es gibt jedoch ein kleines Problem. 3% sind bei 600 Euro nur 18 Euro, bei 1500 Euro jedoch 45 Euro. So werden immer mehr Rentner in die Grundsicherung getrieben. Der Unterschied zwischen Arm und Reich steigt weiter. Oder gibt es, in der Öffentlichkeit unbekannt, eine Untergrenze? Wenn nicht, warum nicht? Wenn soziale Gerechtigkeit politisch gewollt ist, lassen sich Wege finden und Gesetze ändern! Wie stehen Sie dazu?

Mit freundlichen Grüßen
E. B.

Kerstin Tack
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau B.,

vielen Dank für Ihre Zuschrift, die ich gerne beantworte.
Viele Menschen stellen so wie Sie die prozentualen Rentenanpassungen in Frage oder fragen zumindest nach den Gründen dafür. Ich möchte Ihnen die Gründe, die in Grundprinzipien der Rentenversicherung in Deutschland liegen, etwas ausführlicher darlegen.
Basis für die Anpassung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Entwicklung der Löhne und Gehälter. Daran hat auch die Anpassung der Rentenformel an die aktuellen wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen nichts geändert. Diese noch heute von allen gewollte lohnorientierte Anpassungsmethodik ist – seit sie im Jahr 1957 mit Zustimmung aller Parteien und der Sozialpartner eingeführt wurde – ein elementarer Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rentnerinnen und Rentner nehmen damit an der wirtschaftlichen Entwicklung teil, wie sie in der Lohnentwicklung zum Ausdruck kommt. Die SPD steht weiterhin für die umlagefinanzierte Rente und den Generationenvertrag. Damit wird gleichzeitig deutlich, dass die Entwicklung der Renten eben nicht von anderen Staatsausgaben abhängig ist, sondern einer Berechnung folgt, die auf der Basis der Nettolöhne und weiterer Einflussfaktoren – z.B. Nachhaltigkeitsfaktor - gesetzlich geregelt ist. Diese gesetzlich geregelte Rentenanpassung ist für die Rentner in Zeiten der wirtschaftlichen Krise dennoch eine große Sicherheit, da sie nicht von Sparzwängen abhängt.

Eine Anpassung z.B. in Höhe der Inflationsrate, wie sie oft gefordert wird, oder auch die stärkere Anpassung niedriger Renten durch andere Anpassungsmodelle würde allerdings die gesetzlich geregelte Berechnung von Rentenanpassungen (Abweichen von der Rentenformel) verletzen und insbesondere durch die damit verbundenen Kosten die Beitragszahler zusätzlich belasten, denn sie müsste durch Beitragserhöhungen finanziert werden. Es wäre außerdem eine soziale Ungerechtigkeit, denn auch die Beitragszahler sind von der Inflationsrate betroffen und nicht überall gab es Gehaltserhöhungen, die die gestiegenen Kosten oder Preise kompensieren könnten.

Eine Erhöhung in Form eines Festbetrages statt einer prozentualen Anpassung kann es in der deutschen Sozialversicherung nicht geben.

Denn das Rentensystem beruht auf dem Versicherungsprinzip – den Leistungen sind vorherige Beitragszahlungen vorausgegangen. Hohen Renten stehen also auch hohe Beitragszahlungen gegenüber (Äquivalenzprinzip). Würde vom Prinzip der prozentualen Anpassung abgewichen, wären die hohen Beitragszahlungen mit jeder Rentenanpassung weniger wert. Dies gilt gleichfalls für die stärkere Anpassung niedriger Renten. Dies würde vom Bundesverfassungsgericht eindeutig als Verstoß gegen die Eigentumsgarantie – zu der auch Beitragszahlungen zu Sozialversicherungen gehören – gewertet werden.

Aber auch aus grundsätzlichen sozialpolitischen Gründen wäre die Aufgabe des Äquivalenzprinzips gefährlich, da ansonsten die Gefahr bestünde, dass Rentenanpassungen (und die Rentenhöhe insgesamt) nur noch in Abhängigkeit von der “Kassenlage” erfolgten – die Konsequenz könnte die einheitliche Einheitsrente auf Sozialhilfeniveau sein. Für Umverteilungen, die zielgenau den unteren Einkommensgruppen zu Gute kommen sollen, eignet sich die Sozialversicherung nicht – hier sind direkte, steuerfinanzierte Zuschüsse sinnvoller. Deshalb haben wir als SPD durchgesetzt, dass es eine Grundrente für langjährig Versicherte geben wird.

Wer 35 Jahre Beitragszeiten oder Zeiten der Kindererziehung oder Pflege nachweisen kann, aber dennoch keine auskömmliche Alterssicherung hat, soll zukünftig eine Grundrente erhalten, die 10 Prozent über dem eigenen Grundsicherungsbedarf liegt. Damit zeigen wir Respekt für langjährige Arbeit und Lebensleistung und verhindern Altersarmut. Und zwar nicht nur für zukünftige Rentnerinnen und Rentner, sondern auch für alle, die sich jetzt bereits im Ruhestand befinden.

Wer Anspruch auf Grundrente hat, bekommt zukünftig nicht nur ein höheres Alterseinkommen, sondern er muss dafür auch nicht zum Sozialamt. Die Grundrente wird über die Rentenversicherung abgewickelt, die dafür mit den Grundsicherungsämtern zusammenarbeiten wird. Das war uns besonders wichtig und macht für die Menschen einen großen Unterschied.

Die Grundrente soll zielgenau jene unterstützen, die über keine umfangreichen eigenen Mittel verfügen. Deswegen wird eine Bedürftigkeitsprüfung durchgeführt. Wir werden aber gleichzeitig klarstellen, dass selbst genutztes Wohneigentum nicht unter diese eigenen Mittel fällt und folglich bei der Berechnung unberücksichtigt bleibt. Die Regelungen zur Vermögensverwertung und zum Schonvermögen werden entsprechend angepasst.

Wir werden Ihre Mail in unsere weitere Arbeit einbeziehen. Für Ihr Vertrauen in die SPD danke ich Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Tack