Kerstin Tack
Kerstin Tack
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Kerstin Tack zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Henning D. •

Frage an Kerstin Tack von Henning D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Tack,

ich frage mal ganz plakativ, was ist mit meinen Daten? Sind die womöglich auf den Servern der amerikanischen, britischen (oder sonst welchen) Staaten?
Was bieten Sie nun an, um hier aufzukären? Gerade in Zeiten des Wahlkampfes, wie kann das unterbunden werden, was unter den Programmen "Prism" und "Tempora" gerade ans Lichte kommt.
Wie kann der Benutzer sicher sein, dass demokratische Staaten hier nicht kriminell waren?

Freue mich auf Ihre Antworten,

Kerstin Tack
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dick,

vielen Dank für Ihre Fragen und Hinweise. Das Bekanntwerden und insbesondere das Ausmaß des Überwachungsskandals durch amerikanische und britische Nachrichtendienste haben auch mich sehr erschüttert. Und auch ich kann Ihnen nicht mit letztendlicher Sicherheit sagen, wo sich Ihre Daten überall befinden. Deshalb muss die Bundesregierung offenlegen, was und wann sie von diesen Vorgängen wusste und was sie getan hat und zu tun gedenkt, den Grundrechtsschutz der Bundesbürger zu schützen. Sie muss darauf drängen, dass die Daten deutscher Staatsbürger – da wo kein Recht zur Speicherung besteht – unverzüglich gelöscht werden. Zudem muss die Bundesregierung endlich nicht nur in Sonntagsreden den Datenschutz hoch halten, sondern sich auf europäischer Ebene für ein wirksames europäisches Datenschutzrecht einsetzen. Im ursprünglichen Entwurf zur Datenschutz-Grundverordnung war eine sogenannte "Anti-FISA-Klausel" enthalten, die aber gestrichen wurde. FISA ist ein amerikanisches Gesetz zum Abhören in der Auslandsaufklärung. Dieses Gesetz erlaubt es den Ermittlern internationale Anrufe oder Emails einzusehen. Mit der Anti-FISA Klausel sollte die Anwendbarkeit ausgeschlossen werden. Eine solche Regelung könnte einer Überwachung deutscher und europäischer Bürger einen Riegel vorschieben. Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene für die Aufnahme einer entsprechenden Klausel in die Datenschutz-Grundverordnung einsetzen. Das gilt übrigens auch für eine dringend gebotene Überarbeitung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, um den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, von den Vorgaben der jetzigen Richtlinie abzuweichen und grundrechtsschonendere Maßnahmen vorzuziehen. Hier ist die schwarz-gelbe Bundesregierung vier Jahre lang untätig geblieben.

Was wir jetzt tun müssen:

• Zunächst müssen endlich alle Fakten auf den Tisch. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission müssen schnellstmöglich für Klarheit sorgen, inwieweit die Berichte so zutreffen und wo und in welchem Umfang eine Kommunikationsüberwachung erfolgt und wo die Verantwortlichkeiten hierfür liegen. Hierzu habe ich bereits zahlreiche Fragen an die Bundesregierung formuliert, deren Beantwortung jedoch mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.
• Wir drängen, unter anderem in dem für die Geheimdienste zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium, darauf, schnellst zu klären, wer von diesen Programmen wann Kenntnis hatte und die politische Verantwortung trägt, ob es hier eine Zusammenarbeit mit deutschen Behörden gab und wo und wie auf die Kommunikationsdaten zugegriffen wurde. Bislang stehen die meisten Antworten aber aus.
• Die Bundesregierung und die EU müssen darauf bestehen, dass diese Totalüberwachung sofort gestoppt wird. Die SPD drängt darauf, dass die Bundesregierung endlich die Grundrechte auch gegenüber den USA verteidigen muss.
• Auch die betroffenen Unternehmen müssen endlich glaubhaft darlegen, ob und in welchem Umfang sie amerikanischen, britischen oder auch anderen Behörden sie Zugang zu ihren Systemen gewähren bzw. die Ausleitung gestatten. Anders werden sie das Vertrauen ihrer deutschen und europäischen Nutzer nicht zurückgewinnen.
• Wir brauchen jetzt schnell die Novellierung des europäischen Datenschutzrechtes auf einem hohen Datenschutzniveau. Es muss klare und europaweit einheitliche Regelungen geben, unter welchen rechtlichen Vorgaben personenbezogene Daten verarbeitet und unter welchen Bedingungen amerikanische oder andere Unternehmen Daten im nichteuropäischen Ausland verarbeiten dürfen. Auch muss zwingend klargestellt sein, dass nichteuropäische Diensteanbieter in Europa, beispielsweise Google, Facebook oder Microsoft, zwingend an das europäische Datenschutzrecht gebunden sind.
• Wir brauchen auf EU-Ebene Verträge und auf internationaler Ebene völkerrechtliche Vereinbarungen, die klarstellen, dass das Ausspionieren von EU-Mitgliedsstaaten oder von Partnerländern tabu ist.
• Wir brauchen eine Debatte – und in der SPD führen wir diese sehr intensiv -, ob angesichts der technischen Entwicklung und angesichts der aktuellen Überwachungsskandale die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit noch hinreichend gewährleistet ist oder ob und wo wir diese ggfs. neu justieren müssen. Dazu zählt für mich auch, dass wir die Eingriffsbefugnisse der Ermittlungsbehörden – insbesondere die heimlichen Überwachungsbefugnisse – hinsichtlich ihrer tatsächlichen Notwendigkeit und Angemessenheit überprüfen müssen.
• Wir brauchen dringend eine grundlegende Überarbeitung der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, die es den Mitgliedsstaaten erlaubt, von den Vorgaben abzuweichen oder Abstand zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Tack