Kerstin Tack
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Frage von Rainer W. •

Frage an Kerstin Tack von Rainer W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Tack,

mich interessiert nur, wie werden Sie abstimmen im Bundestag über die neue Griechenlandhilfe. Es werden dem Bundeshaushalt 730 Miilionen fehlen.

Ich gehe davon aus, dass Ihre Fraktion dafür stimmt. Wie wollen Sie bei der Landtags- sowie Bundestagswahl der Bevölkerung erklären, dass für vieles kein Geld vorhanden ist ?

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Wondzinski

Kerstin Tack
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wondzinski,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29.11.2012, mit der Sie mein Abstimmungsverhalten zur Abstimmung über die Finanzhilfen für Griechenland am 30.11.2012 abfragen.

Ich habe den Finanzhilfen zugestimmt, kann Ihnen aber mitteilen, dass die Entscheidung, abermals einem Hilfspaket für Griechenland zuzustimmen, uns als Fraktion nicht leicht gefallen ist. Denn die Kritik am Krisenmanagement der Bundesregierung ist mehr als berechtigt: Am Verfahren, am Anpassungsprogramm für Griechenland, am Umgang mit dem Parlament, an unrealistischen Annahmen. Aber wir entscheiden nicht wie beim Betreuungsgeld über eine Vorlage von Schwarz-Gelb, sondern über ein Maßnahmenpaket, das von 17 Euroländern getragen wird. Jenseits der technisch-ökonomischen Fragen zu den einzelnen Maßnahmen wie Rückkaufprogramm etc. möchten ich nachfolgend einige Punkte erläutern: Das klare Bekenntnis zum Verbleib Griechenlands in der Eurozone ist ein wichtiges Signal für die Menschen, aber auch für Investoren. In der Frage der Zukunft und Überlebensfähigkeit eines Staates ist Haltung wichtiger als innenpolitische Taktiererei. Die Stabilisierung der Eurozone liegt in unserem ureigensten Interesse und ist nicht nur ein Akt der Nächstenliebe. Wir profitieren nur so lange von unseren Exporten, wie es in unseren Nachbarländern soziale Stabilität und Wohlstand gibt. Fällt diese weg, rückt auch die Rezession in Deutschland näher. Mit der Abstimmung habe ich einem konkreten Hilfspaket zugestimmt, das Griechenland vor einer Staatspleite bewahrt. Damit werden eine ökonomische Kettenreaktion in Europa und fatale Auswirkungen auch auf den Wohlstand in Deutschland verhindert. Mit unserem Votum signalisieren wir KEINE Zustimmung zu einer Austeritätspolitik mit verheerenden Folgen, für unausgewogene Kürzungen bei Löhnen, Renten oder Sozialleistungen in Griechenland. Unser umfassendes Rettungskonzept sieht bekanntermaßen anders aus.

Griechenland braucht mehr Zeit. Schon vor Monaten haben wir angemahnt, dass Strukturreformen nicht über Nacht umzusetzen sind. Griechenland und die reformwilligen Kräfte brauchen Unterstützung und Anreize für die dringend benötigte Verwaltungsmodernisierung. Nur wenn Griechenland ausreichend Zeit zur Umsetzung dieser Strukturreformen erhält, wird das Land künftig wieder einen tragfähigen Haushalt entwickeln und auf eigenen Füßen stehen. Zeit und Erleichterung werden jedenfalls durch die heute beschlossenen Maßnahmen gegeben.

Ein Aufbauprogramm für Wachstum und Beschäftigung ist durch die schnellstmögliche Einführung der Finanztransaktionssteuer zu finanzieren. Das haben wir in den Verhandlungen zum Fiskalpakt gegenüber der Bundesregierung und im Schulterschluss mit den sozialdemokratischen Regierungen in der EU durchgesetzt! Weiterhin halten wir fest an unserer Forderung, einen europäischen Schuldentilgungsfonds für Altschulden gemäß den Vorschlägen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einzurichten, um den notleidenden Staaten eine realistische Entschuldungsperspektive zu bieten.
Die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland liegt mittlerweile bei über 50 %. Hier muss schnell auch mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds durch Maßnahmen für Berufseinstieg und Qualifizierungsprogramme Abhilfe geschaffen werden. Dringend benötigt Athen auch Hilfe bei der Verbesserung des Abrufs von EU-Geldern, beispielsweise durch Qualifizierungsmaßnahmen für Staatsbedienstete. Denn Strukturfonds können einen Teil des Wachstumsprogramms für Griechenland bilden, allerdings muss es auch administrative Kapazitäten geben, diese Mittel überhaupt in Anspruch zu nehmen.

Jenseits der wirtschaftlichen Auswirkungen, die eine Staatspleite für Griechenland und Europa hätte, ist mir besonders daran gelegen, dass das politische System und die Demokratie nicht weiter unter die Räder geraten. Besonders die jungen Griechinnen und Griechen brauchen Solidarität und Hoffnung. Dafür müssen wir ihnen einen Vertrauensvorschuss geben. Der kostet keinen Cent. Wir Deutsche haben ihn von unseren europäischen Partnern in einer historischen Situation auch erhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Tack