Portrait von Kersten Artus
Kersten Artus
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Kersten Artus zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Frank J. •

Frage an Kersten Artus von Frank J. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Artus ! Ich danke für Ihre Antwort, musste aber feststellen, dass die gestellten Fragen nicht vollständig beantwortet wurden. Hier also nochmals die Nachfrage : Die Frage war, ob wie bei der UDSSR und der DDR im Ergebnis ein sozialistischer Staat in der BRD von Ihnen angestrebt wird. Die Ursachen der Gründung wie z.B. die historische Situation war hierbei nicht gefragt, sondern das Ergebnis. Das es bei politischen Unruhen des öfteren zu verschiedenen, auch totalitären Machtverhältnissen kommt ist, denke ich zumindest, bekannt. Wenn wenige die Macht "kontrollieren", wer kontrolliert dann diese wenigen ? Das Wirtschaftsbetriebe nicht freiwillig oder im geringen Umpfang soziale Angelegenheiten wahrnehmen, ist, wirtschaftlich gesehen nicht verwunderlich. Einem Privatmann würden Sie doch nicht vorschlagen jedes Jahr 1/2 seines Jahresgehaltes für wohltätige Zwecke auszugeben und wären dann beleidigt, wenn er dies ablehnt. Ansonsten wäre der zitierte Neoliberalismus nie nötig geworden, welcher die Wirtschaft und auch das Volk zu Sozialleistungen in Form von Gesetzen zwingt. Zum Thema Konsumklima stelle ich folgende Frage : Wenn Sie auf die Rückseite Ihres DVD-Spielers gucken, steht dort "Made in Taiwan", oder ? Ich denke Nokia hat gezeigt, dass die Wirtschaft abwandert, wenn Sie einen für sich besseren Wirtschaftsstandort gefunden haben. Das Angebot & Nachfrage Prinzip hilft nur bei Produktvergleichen zueinander. Wenn alle Produkte (z.B. Lebensmittel) teurer werden, wird auch der günstigste Anbieter höhere Preise verlangen; wie wollen Sie dies verhindern ? Facharbeiter & Infrastruktur sind hilfreich, jedoch was tun, wenn es eben nicht reicht ? Gibt es auch Denkansätze, wie man Kapitalabwanderungen & Firmenschliessungen aktiv verhindert ? Gibt es auch Pläne, wie Vermögende und Entscheidungsträger(innen) gelockt werden um hier Steuern zu zahlen bzw. Arbeitsplätze zu schaffen oder ist es mehr eine Vermutung bzw. Hoffnung das diese an der BRD "festhalten"?

Portrait von Kersten Artus
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Jahncke,

insgesamt stellen Sie mir nunmehr sieben Fragen. Hier sind meine Antworten:

(1) Die Frage war, ob wie bei der UDSSR und der DDR im Ergebnis ein sozialistischer Staat in der BRD von Ihnen angestrebt wird.
Antwort: Wir streben einen demokratischen Sozialismus an. Dies wäre eine Gesellschaftsform, die nicht mehr kapitalistisch geprägt wäre, in der kein ruinöser Wettbewerb stattfindet und Massenarbeitslosigkeit vorherrscht. Dennoch gäbe es weiterhin Unternehmer/-innen, Parlamente, ein Grundgesetz, Volksentscheide, weitreichende Mitbestimmung in Betrieben und Verwaltung, in den Wohngebieten. Die Daseinsvorsorge wäre wieder in öffentlicher Hand. Es gäbe Mindeststandards in den Betrieben u.a. in Bezug auf Löhne, Arbeitszeiten, Gesundheit. Es gäbe eine Grundsicherung für Kinder, eigene Kinderrechte in der Verfassung, eine Schule für alle und eine menschenwürdige Pflege im Alter. Frauen wären den Männern in allen Bereichen der Gesellschaft gleichgestellt. Es gäbe keine Kriegseinsätze des Militärs.

(2) Wenn wenige die Macht "kontrollieren", wer kontrolliert dann diese wenigen?
Antwort: Entscheidend finde ich, dass Machtausübung transparent erfolgt, also jede/r nachvollziehen kann, warum Entscheidungen getroffen wurden. Entscheidungen sollten zudem beeinfluss- und verhinderbar sein. Unerträglich finde ich zum Beispiel, dass Herr Ole von Beust die Unterlagen für das geplante Steinkohlekraft nicht herausgibt, siehe die Hamburger Presseberichterstattung vom 6. Februar 2008.

(3) Wenn Sie auf die Rückseite Ihres DVD-Spielers gucken, steht dort "Made in Taiwan", oder ?
Antwort: Mein integriertes DVD/Video-Gerät wurde in China hergestellt.

(4) Wenn alle Produkte (z.B. Lebensmittel) teurer werden, wird auch der günstigste Anbieter höhere Preise verlangen; wie wollen Sie dies verhindern?
Antwort: Ihre Annahme trifft nicht zu. Gerade im Lebensmittelbereich ist es in den letzten Jahren zu erheblichen Preiskämpfen gekommen - die Discounter haben aufgrund der Monopolisierung vielen Kleingewerbetreibenden die Existenzgrundlage kaputt gemacht.

(5) Facharbeiter & Infrastruktur sind hilfreich, jedoch was tun, wenn es eben nicht reicht?
Antwort: Je nach Wirtschaftszweig und Branche gibt unterschiedliche Antworten dazu. In der Branche, in der ich mich gut auskenne, dem Zeitungs- und Zeitschriftenverarbeitenden Gewerbe, sind Facharbeiter/-innen und Infrastruktur entscheidende Kriterien.

(6) Gibt es auch Denkansätze, wie man Kapitalabwanderungen & Firmenschließungen aktiv verhindert ?
Antwort: Es gibt weitere Erfahrungswerte. Nach einer Studie des Fraunhofer Institutes für System- und Innovationsforschung hat zwischen 2004 und 2006 jedes vierte bis sechste Unternehmen, das sein Werk in den vergangenen Jahren ins Ausland verlagert hatte, seine Produktion wieder zurück nach Deutschland geholt. Als Hauptgründe gaben die Unternehmen Qualitätsprobleme, mangelnde Liefertreue und Probleme mit der Flexibilität an.

(7) Gibt es auch Pläne, wie Vermögende und Entscheidungsträger(innen) gelockt werden um hier Steuern zu zahlen bzw. Arbeitsplätze zu schaffen oder ist es mehr eine Vermutung bzw. Hoffnung das diese an der BRD "festhalten"?
Antwort: Je reicher die Menschen sind, desto weniger Steuern müssen sie in diesem Land zahlen. Dies widerspricht meiner Auffassung von Gerechtigkeit.. Unsere Pläne: Mehr Steuergerechtigkeit. Arbeitsplätze werden u.a. dadurch geschaffen, wenn zum Beispiel das Konsumklima stimmt. Das stimmt, wenn Menschen Geld haben, um es auszugeben. Dies haben sie, wenn sie Arbeit haben, die so bezahlt wird, dass man davon leben kann. Fachlich qualifizierte Arbeitskräfte gibt es, wenn sie gut ausgebildet sind, eine umfassende Bildung genossen haben und ihren Beruf nach Interessen und Neigungen wählen konnten. Kreative Arbeitskräfte gibt es, wenn sie gesundheitlich nicht belastet sind durch Angst vor Arbeitsplatzverlust, zu dünnen Personaldecken und (unbezahlten) Überstunden.

Mit freundlichen Grüßen

Kersten Artus