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Frage von Rosario R. •

Frage an Katrin Kunert von Rosario R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kunert,

die Bundesregierung sieht unter Leitung von Familienministerin Ursula von der Leyen vor, über sogenannte DNS-Sperren den Zugang zu Seiten mit kinderpornografischen Inhalt im Internet zu sperren. ExpertInnen aus der IT-Branche sind sich einig, dass diese Sperren ineffizient sind.

Es wird gesagt, das Internet sei kein rechtsfreier Raum. Soweit ich informiert bin, ist dies nicht der Fall. Wer kinderpornografisches Material verbreitet und besitzt, macht sich strafbar.

Zudem werden internationale Vergleiche herangezogen. In anderen Länder Europas sei es längst gängige Praxis, den Zugang zu Webseiten im Internet zu sperren. Leider muss man jedoch feststellen, dass sich auf diesen Listen nicht nur Webseiten kinderpornografischen Inhalts finden. Gerne werden auch politische Inhalte gesperrt. Das BKA soll laut Gesetzesentwurf ohne richterliche Verfügung die zu sperrenden Seiten bestimmen. Ohne Kontrollinstanz gibt es für die Bürgerinnen und Bürger keinerlei Sicherheit, dass eben nicht auch solche Seiten gesperrt werden.

Aber selbst wenn nur der Zugang zu kinderpornografische Inhalten gesperrt wird, löscht das diese nicht. Die Webserver sind weiterhin online und nach Umgehung der Sperre erreichbar. Deshalb halte ich Abschalten doch für die deutlich effizientere Methode, vor allem vor dem Hintergrund, dass Kinderpornografie und dessen Verbreitung in fast allen Staaten der Welt ein schwer bestraftes Verbrechen darstellt.

Das Internet ist darüber hinaus nicht das Hauptverbreitungsmittel solcher Inhalte, wie Praxiserfahrungen von StrafverteidigerInnen zeigen. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass man die Herstellung von kinderpornografischen Materials am besten durch Prävention verhindert. Wenn die Inhalte bestehen, ist es zu spät. Ernsthafte Bemühungen in diese Richtung sind aber seitens der Bundesregierung nicht erkennbar.

Wie ist Ihre Haltung bezüglicher dieser geplanten Sperren?

Mit freundlichen Grüßen

Rosario Raulin

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Raulin,

der von der Bundesregierung mit großem wahlkämpferischem Getöse vorgestellte Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen leistet nicht das, was er zu erfüllen vorgibt. Die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass die Verbreitung von Kinderpornographie gerade nicht über digitale Marktplätze mit vermeintlichen Millionenumsätzen erfolgt, sondern zum ganz überwiegenden Teil auf unentgeltlichem Tausch von Einzeltätern und individuell begrenzten Gruppen basiert. Einschlägig mit der Materie befassten Fachleuten zufolge agieren pädosexuelle Täter in geschlossenen Räumen, gesichert durch passwortgeschützte Accounts, mittels Kryptographie und unter Nutzung von Anonymisierungsdiensten: Sie exponieren sich nicht im öffentlichen Teil des Netzes.

Fakt bleibt allerdings, dass Kinderpornographie im World Wide Web besteht. Fakt bleibt auch: Solche Angebote und Dateien müssen entfernt werden. Kinderpornographie im Netz gilt es effektiv zu bekämpfen. Gerade das leistet der Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht. Nach den Plänen der Familienministerin bleiben die Dokumentation und die visuelle Inszenierung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Netz dauerhaft bestehen. Ins Visier genommen werden weder sexueller Missbrauch noch Kinderpornographie, sondern das öffentliche Web. Etabliert werden generelle Internetsperren, die einer rechtsstaatlichen Kontrolle entzogen, jederzeit verschärft und auf weitere Deliktbereiche auszudehnen sind.

Angesichts der Vehemenz des öffentlichen Auftretens und der Dürftigkeit des mit Internetsperren zu Erreichenden ist die Frage erlaubt, welche wahren Motive Frau von der Leyen antreiben. Der Kampf gegen Kindesmissbrauch in jeder Form muss unserer Meinung nach zielgenau und wirksam geführt werden. Im Fall der Kinderpornographie bedeutet das, gegen die Täter und gegen die Produzenten solcher Bilder vorzugehen und die Strafverfolgungsbehörden entsprechend auszustatten. Das wäre nachhaltiger, als lediglich den Zugang zu Internetseiten mit kinderpornographischem Material zu erschweren.

Innerhalb der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag wird die Thematik von Jörn Wunderlich bearbeitet. Ich möchte daher auf seine gute Rede zur 1. Lesung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ( http://www.linksfraktion.de/rede.php?artikel=1343267402 ) hinweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Katrin Kunert