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Katrin Göring-Eckardt
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Frage von Ulrich B. •

Frage an Katrin Göring-Eckardt von Ulrich B. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Göring-Eckardt,

In dem noch nicht letztendlich verabschiedeten Parteiprogramm der Grünen zur BTW 2017 steht unter Punkt 14:
"Deshalb wollen wir die Polizei und auch die Justiz stärken. Der Radikalisierung von Jugendlichen wollen wir vorbeugen und rechten und rechtspopulistischen Kräften in unserer Gesellschaft den Kampf ansagen".
Meine Frage: Wie sagen Sie den linkspopulistischen Kräften den Kampf an? Besonders solchen Menschen, die Äußerungen, wie der Piratenpolitiker Thomas Goede von sich geben? Die Aussage von T. Goede ist nachzulesen in der Berliner Zeitung vom 14.06.2017.

MfG
Ulrich Bednarz

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bednarz,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne auf Bitte von Frau Göring-Eckardt beantworten möchte.

Grundsätzlich kämpfen wir Grüne gegen jede Form des Radikalismus und Populismus, die sich gegen unsere freiheitlich demokratische Grundordnung wendet oder bekämpft. Entscheidend ist die Differenzierung: Was ist freie Meinungsäußerung auf dem Boden von Recht und Gesetz, was ist strafbare Handlung. Wenn Menschen durch Straßen gejagt werden oder ihnen aufgelauert wird, um sie zu verprügeln, wenn Polizeibeamte aufgrund ihres Berufs angegriffen und Polizeistationen oder Ausländerbehörden zerstört werden, um ein Exempel gegen das staatliche Gewaltmonopol zu statuieren oder staatliche Behörden einzuschüchtern, dann sind das Umstände, die wir als DemokratInnen aufs Schärfste verurteilen und denen unser Rechtsstaat offensiv begegnen muss.

Wenn sich Bürgerinnen und Bürger aber versammeln und friedlich ihren Protest kundtun, dann ist das Ausdruck einer lebendigen Demokratie. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit sind Grundrechte für jedermann. Und genauso ist es Grundrecht, zu widersprechen, zu diskutieren, den Austausch zu suchen. Auf der Straße, oder im Netz. In diesem Sinne teilen wir auch die Aussage von Herrn Goede nicht. Das ist in höchstem Maße befremdlich und eines Politikers in einer Demokratie unwürdig. Da es sich dabei aber um ein Mitglied er Piratenpartei handelt, scheint ihre Frage dort weitaus besser aufgehoben.

Fakt ist aber auch: Rechtsmotivierte Gewalttaten haben eklatant zugenommen. Die meisten politisch motivierten Straftaten kamen im letzten Jahr von Rechts, die Gewalt von Linksextremisten hingegen ist zurückgegangen. (http://www.tagesspiegel.de/politik/viel-mehr-rechte-als-linke-straftaten-kriminalitaet-von-extremisten-auf-dem-hoechsten-stand-seit-15-jahren/19709672.html) Davor können wir als Gesellschaft nicht die Augen verschließen. Die Zahl von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte steigt immer weiter an. Und es sind in den letzten Monaten und Jahren vor allem rechtspopulistische und-nationalchauvinistische oder rechtterroristische Kräfte, Stichwort NSU, gewesen, die in Europa, aber auch in Deutschland lauter geworden sind. Deshalb stehen wir entschieden für die konsequente Bekämpfung rechter Gewalt mit allen rechtsstaatlichen Mitteln. Wir fordern die rückhaltlose Aufklärung der Verbrechen des NSU und die konsequente Verfolgung rechter Straftäter.

Unabhängig von der Couleur gleichen sich Radikalismen jedoch in einer gemeinsamen Wirkung: Sie sorgen für Verunsicherung in der Bevölkerung und untergraben das Vertrauen in die staatliche Sicherheitsstruktur. Als grüne Bundestagsfraktion setzen wir daher auf einen starken demokratischen Rechtsstaat, wozu insbesondere eine gute und solide Polizeiarbeit gestärkt werden muss - für die Analyse von Bedrohungslagen, für die Gefahrenabwehr und die Verfolgung von Straftaten. Sicherheitspolitik heißt für uns Grüne auch, das Augenmerk auf effektive und nachhaltige Maßnahmen zu legen, sowie vor allem auf eine wirkungsvolle Prävention von Radikalisierung, statt auf reine Symbolpolitik. Prävention ist ein wesentliches Instrument, um Gefahren für ein friedliches Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft und Bedrohungen für die innere Sicherheit entgegenzuwirken. Wie alle Instrumente werden präventive Maßnahmen nicht in jedem Fall greifen. Aber erfolgreiche Prävention kann, was keine Technik, keine Kamera dieser Welt vermag: Demokratie stärken und Straftaten im Vorfeld verhindern.

Neben der Stärkung zivilgesellschaftlicher Ansätze fordern wir Grüne daher eine übergreifende Präventionsstrategie für Deutschland. Als koordinierende Einheit möchten wir ein bundesweites Präventionszentrum etablieren und dafür das derzeit nur als Arbeitsstelle bestehende „Nationale Zentrum für Kriminalprävention“ ausbauen. Erfahrungen und Erkenntnisse aus den Präventionsmaßnahmen der verschiedenen Ressorts müssen hier zusammenfließen und staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure gemeinsam an der (Weiter-) Entwicklung und Umsetzung von Präventions- und Deradikalisierungskonzepten arbeiten.

Für einen genaueren Einblick in unser grünes Präventionskonzept: https://www.gruene-bundestag.de/themen/jugend/radikalisierung-verhindern-03-11-2016.html

Mit freundlichen Grüßen
Team Göring-Eckardt

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